Lebenslange
Haft beantragt
Im Prozess gegen die Soziologin
Pinar Selek und vier weitere Angeklagte wurde lebenslange Haft beantragt.
Sie sollen an einem Bombenanschlag im Jahr 1998 beteiligt gewesen sein.
Eines der damals erstellten Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass damals
auf dem ägyptischen Basar in Istanbul nicht eine Bombe sondern eine Gasflasche
explodiert sei. Dabei waren im Juni 1998 sieben Personen ums Leben gekommen,
150 wurden verletzt. Aufgrund des Gutachtens wurde Pinar Selek und eine
weitere aus der Haft entlassen, drei weitere Mitangeklagte verblieben
in Haft.
Der Prozess wurde fortgesetzt. Trotz gegenteiligen Gutachtens nahm die
Staatsanwalt jetzt das polizeiliche Gutachten zur Grundlage um jetzt,
sieben Jahre später, erneut lebenslange Haft gegen Pinar Selek und die
Mitangeklagten zufordern. Der Prozess soll am 17. Mai 2006 weitergeführt
werden.
Auch dauert der Prozess gegen den bekannten Sänger Ferhat Tunc an. Gegen
ihn war ein Verfahren wegen eines von ihm in der Tageszeitung Yeniden
Özgür Gündem veröffentlichten Artikels eröffnet worden. Auch sein Verfahren
fällt unter den umstrittenen Paragraf 301, der ein Strafmaß von sechs
Monaten bis zu drei Jahren vorsieht.
Mit selbem Paragrafen ist nicht nur ein Prozess gegen Ferhat Tunc und
Orhan Pamuk anhängig sondern auch eine Anzeige gegen den Co-Vorsitzenden
der gemischten Türkei-Kommission des Europaparlaments Joost Langendijk.
Seine Worte auf einer Versammlung der Grünen der Türkei in Istanbul am
19 Dezember dieses Jahres hatten viel Aufmerksamkeit erregt. Dort erklärte
er: "Es ist notwendig, die Auseinandersetzung endlich mit den Mitteln
des Dialogs fortzusetzen. Die Armee hat erneut mit Provokationen in der
Region begonnen. Denn die Armee hat Interesse an Gefechten mit der PKK.
Denn das macht sie wichtig und einflussreich." Diese Worte sind jetzt
Anlass einer Anzeige und eines Ermittlungsverfahrens gegen den Europaparlamentarier
nach Paragraph 301 unter dem Vorwurf der Beleidigung der türkischen Sicherheitskräfte
und Einflussnahme in einem laufenden Verfahren. Das Ermittlungsverfahren
löste breite Empörung aus. Langendijk selbst bezeichnete es als "Provokation".
Quelle: Özgür Gündem,
29.12.2005, ISKU
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