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Details über die Vergangenheit des Tatverdächtigten Ömer Güney
Nach und nach scheint
sich die Vergangenheit von Ömer Güney in Deutschland aufzudecken. Der
ANF Deutschland Korrespondent Perwer Yaş konnte ausfindig machen, das
Güney zwischen 2003 und 2009 in einer Fabrik in Waakirchen/Marienstein
beschäftigt war. Ein ehemaliger Mitarbeiter gab zudem bekannt, dass Güney
nach 2009 im Verein von Türkspor als Kellner tätigt war.
Der Tatverdächtige Ömer Güney, der die drei kurdischen Politikerinnen
und Frauenaktivistinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez
am 9. Januar im Kurdistan Informationszentrum in Paris getötet haben soll,
hatte bis August 2012 noch im 50 Kilometer von München entfernten Schliersee
gelebt, wie sein ehemaliger Vermieter mitgeteilt hat.
Warum Ömer Ziya Güney 2003 nach Deutschland kam, konnte bisher nicht genau
ermittelt werden. Den Angaben türkischer Medien nach, kam Güney nach Deutschland,
um die Tochter seiner Tante zu heiraten.
Kurz nach seiner Ankunft in Bad Tölz im Jahre 2003 begann Ömer Güney in
einer elf Kilometer weit von Marienstein/Waakirchen entfernt gelegenen
Fabrik als Schweißer zu arbeiten. Zu dieser Zeit waren dort um die 40
aus der Türkei stammende Arbeiter beschäftigt.
Großes Interesse für Waffen
Ein ehemaliger Mitarbeiter von Ömer Güney, der aus Sicherheitsgründen
nicht genannt werden möchte, erklärte, dass er eine enge freundschaftliche
Beziehung zu ihm aufgebaut hatte: „Wie er an den Job gekommen ist, dazu
kann ich nicht viel sagen. Jedoch war es die Regel, dass sämtliche aus
der Türkei stammende Arbeiter über Empfehlungen von Beschäftigten an den
Job gekommen sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch er über einen
Freund an die Arbeitsstelle gelangt ist. Bei seinen engeren Freunden handelte
es sich um türkische Nationalisten, mit denen er die meiste Zeit verbrachte.
In seiner Tasche trug er immer ein teures Klappmesser. Er zeigte großes
Interesse für Waffen. Ich erinnere mich noch daran, wie er sein Auto in
den Wald gefahren hat und einem Kugelhagel unterzogen hatte. So hatte
er es uns erzählt. Aufgrund der Kugeleinschüsse wurden die Reparaturkosten
von der Versicherung nicht übernommen. Sein Wagen ließ er über andere
Umwege reparieren. Stets war er mit einem weißen Hemd, schwarzem Mantel
und schwarzen Handschuhen bekleidet.
Er verfolgte die Serie Kurtlar Vadisi (zu Deutsch: Tat der Wölfe) und
bestand darauf, am darauffolgenden Tag von der Folge, die er gesehen hatte,
zu berichten. Er war ein Fanatiker des Serienhelden Polat Alemdar. Über
eine politische Meinung verfügte er nicht. Er verfügte über so gut wie
kein politisches Wissen.
Auf die Frage, warum er denn immer mit den nationalistischen Mitarbeitern
der Fabrik verkehren würde, entgegnete Güney, dass sie ihm als Übersetzer
behilflich sind und sein Deutsch nicht ausreichend wäre. Der Mitarbeiter
erklärte, dass sein Deutsch nicht gut sei, und er deswegen nicht einschätzen
konnte, wie gut das Deutsch von Güney sei.
In dem Gespräch am Vortag mit dem ehemaligen Vermieter von Güney, gab
dieser bekannt, dass Güney fließend Deutsch sprach.
Von Zeit zu Zeit konnte es geschehen, dass er während der Arbeit in Gedanken
versinken konnte. In solchen Minuten war er dann teilweise minutenlang
bewegungslos.
Der ehemalige Mitarbeiter von Ömer Güney teilte mit, dass Güney ab 2008
regelmäßig einen Arzt konsultierte. Als Grund nannte er, dass in seinem
Kopf ein Tumor entdeckt worden sei.
Nach einer gewissen Zeit äußerte Güney seinen Arbeitskollegen gegenüber,
dass es sich um einen gutartigen Tumor bei ihm handeln würde. Von da ging
er nicht mehr um Arzt.
Ein weiteres auffallendes Detail in den Äußerungen des ehemaligen Mitarbeiters
von Güney war, dass er einige Male zu ihm gesagt hatte, dass er ihn zum
alevitischen Kulturverein bringen soll. „Einige Male sagte er zu mir,
dass ich ihn in den alevitischen Kulturverein bringen soll. In dieser
Gegend gibt sehr viele alevitische Kulturvereine. Ich entgegnete ihm,
dass er es mir bitte nicht übelnehmen soll, er jedoch nichts über die
religiösen Riten des Alevitentums wissen würde und es deshalb von den
Menschen dort falsch verstanden werden könnte. Ich habe deshalb ablehnt
ihn dorthin zu bringen. Danach wurde diese Thematik auch nie wieder angesprochen.“
Ab Anfang 2009 Kellner im Sportverein
Türkspor
Weiter war den Äußerungen des ehemaligen Arbeitskollegen von Güney zu
entnehmen, dass er ab Anfang 2009 in dem Lokal des Sportverein Türkspor
in Hausham als Kellner zu arbeiten begann. Hausham liegt 23 Kilometer
von Bad Tölz entfernt, dem damaligen Wohnort von Güney. „Ich weiß, dass
er mindestens sechs Monate in dem Verein beschäftigt war“, so der ehemalige
Arbeitskollege weiter.
Unser Firmenchef
Am Donnerstag hatte Murat P. auf der Profilseite von Murat G. ein Foto
geteilt, auf dem Ömer Güney während der Arbeit in der Fabrik zu sehen
ist. Dem Profil von Murat G. ist zu entnehmen, dass es sich um einen in
Ankara wohnenden BBP-Sympathisanten handelt. Bei der BBP (Große Einheitspartei)
handelt es sich um eine ultranationalistische und religiös fundamentalistische
Splitterpartei der MHP (Nationalistische Bewegungspartei). Murat P. kommentierte
das Foto folgendermaßen: „Diese Fotos hat keiner. Das ist unser Firmenchef.“
Zehn Mal in die Türkei
gereist
Weiter wurde bekannt, das Güney im letzten Jahr etwa zehn Mal in die Türkei
ein- und ausgereist ist.
Einem Artikel der Tageszeitung Yeni Özgür Politka ist zu entnehmen, dass
Güney in Ankara-Gölbasi, was als Zentrum der türkischen Kontraguerilla
gilt, innerhalb von zwei Tagen seinen Reisepass verlängern konnte. Diese
Informationen wurden unter Angabe der Quelle des türkischen Geheimdienstes
und der Polizei von dem türkischen Nachrichtensender NTV und der türkischen
Tageszeitung Hürriyet veröffentlicht. So heißt es weiter, dass Güney dem
Dorf Polatpasa in Sivas/Sarkisla entstammt. Seine Familie wird als nationalistisch
und rassistische eingestuft. Güney soll im August 2012 in Istanbul eingereist
sein. Am 22. August ist Güney nach Ankara gereist, wo er am Folgetag vom
Polizeipräsidium einen Reisepass mit Chip beantragt hatte. Schon am 24.
August wurde sein alter Pass gegen einen neuen mit Chip eingetauscht.
Nach Angaben des türkischen Nachrichtendienstes MIT soll Güney in den
letzten Jahren mehr als zehn Mal in die Türkei gereist sein. Sowohl die
Polizei als auch der MIT geben an, dass er während seines Besuchs in Ankara
seinen Onkel Ahmet Güney nicht besucht haben soll. Wo und mit wem er verkehrte,
wird aktuell noch untersucht. Des Weiteren wird untersucht, warum Güney
extra nach Ankara gereist ist, um einen neuen Pass zu beantragen, obwohl
er dies auch im Ausland hätte tun können.
Der in Ankara lebende Onkel des Tatverdächtigten Güneys Ahmet Güney erklärte:
„Ömer ist wohl im vergangenen Sommer nach Ankara gekommen. Weder kam er
mich besuchen, noch hat er sich in irgendeiner Weise gemeldet. Auch mich
würde es interessieren mit wem er sich getroffen hat und warum er nach
Ankara gekommen ist.“
Es wurde festgestellt, dass Güney am 22. August nach Ankara gereist ist
und am 30. August Ankara wieder verlassen hat. Zudem gab die Fluggesellschaft
Turkish Airlines bekannt, dass Güney am selben Tag über Istanbul nach
Paris gereist ist. Was Güney in diesen 8 Tagen in Ankara getätigt hat,
konnte bisher noch nicht ermittelt werden.
Quelle: ANF, 25.01.2013,
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