Versucht
die französische Staatsanwaltschaft uns einzuschläfern?
FERDA ÇETİN - Es
sind knapp zwei Monate seit den Morden an den drei kurdischen Frauen in
Paris vergangen. Nach der Tat ist vieles an die Öffentlichkeit gelangt.
Aber es gibt keine Hinweise darauf, dass die Untersuchungen sich vertieft
oder ernstzunehmende Ergebnisse gebracht haben.
Der Journalist Ali Özşerik von der Tageszeitung Yeni Özgür Politika hat
eine wichtige Nachricht veröffentlicht. Darin heißt es, dass der MIT Agent
Murat Şahin, der 2005 von der türkischen Botschaft in der Schweiz vom
türkischen Geheimdienst angeworben wurde, den dringend Tatverdächtigen
Güney kennt. Şahin zufolge ist Güney auch ein MIT Agent. Haben die französischen
Staatsanwälte sich mit diesem Hinweis beschäftigt, irgendwelche Untersuchungen
in diese Richtung eingeleitet? Haben sie beispielsweise mit Murat Şahin
gesprochen?
Der Mitbewohner von Ömer Güney hatte mitgeteilt, dass dieser neben seinem
Handy noch vier weitere Mobiltelefone verwendet habe. Das bedeutet doch,
dass Güney mit mindestens vier Personen persönliche Gespräche geführt
hat. Hat die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Untersuchungen eingeleitet,
in welche Länder oder mit welchen Personen Güney über diese Mobiltelefone
Gespräche geführt hat?
Ömer Güney hat gemeinsam mit kurdischen Jugendlichen in den Niederlanden
an einem Jugendcamp teilgenommen. Am 3. Dezember wurden die Teilnehmer
dieses Camps von der Polizei festgenommen. Nachdem ihre Aussagen von der
Polizei aufgenommen worden sind, hat man sie wieder auf freien Fuß gesetzt.
Diese Festnahme wurde auch der französischen Polizei mitgeteilt. Es stellt
sich die Frage, ob Güney daraufhin nicht zwischen dem 3. Dezember 2012
und dem 9. Januar 2013 von der französischen Polizei beschatte wurde?
Am 7. Januar war Güney zu einem Essen eingeladen worden. Der Tisch war
bereits gedeckt, doch bevor das Essen begonnen werden konnte, hat Güney
einen Anruf bekommen. Er soll daraufhin gesagt haben, dass der Anruf wichtig
sei und er nicht zum Essen bleiben könne. Diese Begebenheit, die zwei
Tage vor dem Mord stattgefunden hat, wurde der Polizei mitgeteilt. Hat
die Polizei sich hiermit beschäftigt? Woher kam dieser „wichtige“ Anruf
vom 7. Januar?
Kennen sich Adnan Gürbüz, der aus demselben Landkreis in der Türkei wie
Güney stammt, und Ömer Güney? Haben sie sich getroffen, als Gürbüz zwei
Tage vor dem Mord von London nach Paris gereist ist?
Wurden die acht Reisen innerhalb eines Jahres, die Güney in Richtung Ankara
gemacht hat, untersucht und rückverfolgt?
Der kurdische Mitbürger, der als erster nach dem Mord an den drei Frauen
das Büro aufgeschlossen, den Mord entdeckt und die Polizei gerufen hat,
erklärte, dass er aufgrund seines Schocks die Polizei gebeten habe, noch
vor seiner Aussage seine Hände und Gesicht waschen zu wollen. Die Polizei
habe ihm die Erlaubnis dazu gegeben. Im Nachhinein merkt er, dass er eigentlich
diese Erlaubnis der Polizei nicht hätte kriegen dürfen. Denn hätte die
Polizei nicht von ihm, der als erster nach dem Mord das Büro betreten
hat, zunächst Fingerabdrücke nehmen müssen? Hatte die Polizei wirklich
nicht daran gedacht?
Während die französische Staatsanwaltschaft bei der Untersuchung dieser
Morde sehr gelassen und geduldig ist, scheint sie es bei der Verfolgung
und Bestrafung kurdischer AktivistInnen sehr eilig zu haben. Gegen 18
kurdische PolitikerInnen, die im Jahr 2007 festgenommen wurden, forderte
die Staatsanwaltschaft Haftstrafen zwischen 3 und 5 Jahren. Dabei handelt
es sich um Menschen, die mit ihrer politischen Identität vor der Unterdrückung
und dem Staatsterror der Türkei nach Frankreich geflohen sind. Bei ihnen
handelt es sich um Menschen, die für die Freiheit des kurdischen Volkes
eingesetzt haben. Frankreich hat in dieser Hinsicht klar Position bezogen.
Ihre Parole lautet: „Wer gegen meinen Verbündeten ist, ist auch gegen
mich.“ Vor nicht allzu langer Zeit, in den 90er Jahren, war auf der ersten
Seite der Pässe, welche Frankreich Flüchtlingen in ihrem Land gab, zu
lesen, dass das französische Volk Menschen, die für ihre Freiheit kämpfen
und ihre Heimat deshalb verlassen mussten, das Recht auf Aufenthalt gibt.
Nun hat sich die Situation verkehrt. Statt des französischen Volks fällen
nun die französische Regierung, die französische Polizei und die französischen
Staatsanwälte die Entscheidungen: Wer für Freiheit kämpft wird verhaftet,
bestraft und eingesperrt.
Quelle: YÖP, 04.03.2013,
ISKU
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