Überlebende des Massakers an den Êzîden in Koço berichten von 600 Toten „Erst wollten sie, dass wir zum Islam übertreten. Wir lehnten das ab. Anschließend gaben sie uns eine Frist bis zum Sonntag. Als sie dann kamen, haben sie alle Dorfbewohner in einer Schule versammelt. Sie haben unser Geld, unsere Telefone, das Gold der Frauen und alles andere wertvolle von uns genommen. Die Männer haben sie in Gruppen in Autos gesetzt und sie dann direkt vor dem Dorf massakriert. Was sie mit unseren Frauen und Kindern gemacht haben, wissen wir nicht …“ Mit diesen Worten berichten drei Überlebende über das Massaker im Dorf Koço bei Şengal, die in die Şengalberge flohen konnten. Die drei Dorfbewohner konnten sich im verletzten Zustand auf die Berge retten, wo sie von Guerillakräften der HPG nach Rojava gebracht wurden, um dort medizinisch versorgt zu werden. Erst durch die Erzählungen von drei Überlebenden kam das ganze Ausmaß des Massakers von Koço an die Öffentlichkeit. Zunächst erreichte die Zahl von 80 ermordeten Männern die Öffentlichkeit. Diese Zahl beruhte auf den Erzählungen der Familien, die vor dem Verstreichen der Frist aus dem Dorf in die Şengalberge geflohen waren. Demnach wurden diese Männer vom IS dafür „bestraft“, weil sie sich dagegen wehrten, als die Islamisten einige Frauen aus dem Dorf mitnehmen wollten. Was die drei Männer berichten, die erst später auf die Berge flohen, zeigt, dass die Ermordung der 80 Männer nicht das letzte Massaker des IS an den Bewohnern von Koço war. Laut Angaben der drei Überlebenden hatten die Mitglieder des Islamischen Staates (IS) am 6. August im Dorf Koço alle Waffen der Einwohner eingesammelt. Sie legten dann den Dorfbewohnern bis zum Sonntag eine Frist auf, um zum Islam zu konvertieren. Als die Dorfbewohner das ablehnten, hieß es zunächst, dass ihre Entscheidung keine Konsequenzen für die Dorfbewohner mit sich bringen würde. Dann versammelten sie allerdings doch alle Menschen in der Schule des Dorfes und es geschah das, was die drei Überlebenden berichteten. Lediglich vier Überlebende
des Massakers erreichten im verletzten Zustand die Şengalberge. Ob es
weitere Überlebende gibt und wenn ja, wo sie sein könnten, weiß man nicht.
Die Leichname der ermordeten Menschen wurden nach der Exekution in Gruben
geschmissen. Insgesamt 600 Männer sollen auf diese Weise ermordet und
in die Massengräber verscharrt worden sein. Sobald sie nach den Kindern
und Frauen gefragt werden, kann keiner der drei Männer antworten. Sie
wissen es nicht und blicken ins Leere. Der zweite Überlebende ist Ilyas Salih Qasim. Er war der Arzt des Dorfes. Qasim wurde mit dem ersten Auto aus der Schule weggebracht. Als seine Gruppe exekutiert werden sollte, streifte ihn eine Kugel am Kopf und er überlebte. Was danach geschah beschreibt er wie folgt: „Nach zehn Minuten herrschte eine Stille. Ich versuchte mich zusammenzureißen, stand auf und flüchtete. Drei weitere Männer, die auch überlebt hatten, liefen mir hinterher. Wir versteckten uns nicht im ersten Dorf, weil wir dachten, dass das noch zu nah war und man uns hier wohlmöglich finden könnte. Das nächste Dorf war das arabische Dorf Biskê Cinubî. Als wir dort ankamen, wollten die Bewohner uns nicht aufnehmen. Sie hatten Angst um ihr eigenes Leben, falls man uns bei ihnen fände. Wir blieben bis 19 Uhr beim Dorf und flüchteten dann weiter. Erst am nächsten Tag kamen wir an den Hängen der Şengalberge an. Wir waren zu viert. Aber vielleicht haben es auch andere geschafft. Der Mann, den sie neben mir erschossen haben, war 85 Jahre alt. Und auch vom Dorf Til Qeseb weiß ich, dass sie sie ein ähnliches Massaker angerichtet haben.“ Xidir Hesen Ehmed ist der dritte Überlebende, der von dem Massaker berichtet. Er erklärt, dass er, wie vermutlich auch einige andere Menschen, nur dadurch überlebten, dass sie unter den Leichnam von einer anderen Person fielen. Ehmed berichtet von 200 bis 300 Frauen und Kindern aus dem Dorf, die er zuletzt in der Schule gesehen hat. Auch er weiß nicht, was mit ihnen geschehen sein könnte. ANF, 18.08.2014, ISKU |
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