Bayık: Die Kobanê-Pläne der AKP sind ins Wasser gefallen (Teil 1) Im Interview mit dem Fernsehsender Sterk TV erklärt der Kovorsitzende des KCK-Exekutivrates Cemil Bayik wie der erfolgreich anhaltende Widerstand von Kobanê die Pläne der türkischen Regierung für die Region zunichte gemacht hat. Der Widerstand
von Kobanê ist bald zwei Monate alt. Die Tatsache, dass dem Ansturm des
Islamischen Staates IS solange erfolgreich standgehalten wird, hat neue
Entwicklungen für die gesamte Region mit sich gebracht. Was denken Sie,
welche Pläne und Berechnungen hinter dem Krieg gegen Kobanê stecken? Wir sind fest davon überzeugt, dass hinter dem Krieg gegen Kobanê der türkische Staat und die AKP-Regierung stecken. Mit diesem Krieg verfolgt die Türkei gewisse Ziele. Ihr erstes Ziel ist es, die Verwaltung des Kantons Kobanê zu vernichten. Denn sie wissen genau, dass wenn in Rojava die KurdInnen einen Status erlangen, dies zwangsläufig auch die Türkei zu einer Anerkennung der KurdInnen in Nordkurdistan drängen wird. Und genau das will die AKP-Regierung auf jeden Fall verhindern, was letztlich auch erklärt, weswegen sie so gegen die KurdInnen in Rojava agiert. Und hierfür benutzt sie den IS. Das zweite Ziel der AKP ist, an Einfluss in Syrien, dem Irak und im gesamten Mittleren Osten zu gewinnen. Denn ihr bisheriges Hegemoniebestreben in der Region ist mit ihrer gescheiterten Außenpolitik gegen die Wand gefahren. Nun versucht sie über den IS erneut an Einfluss zu gewinnen. Sie will über den IS an Verhandlungsmacht gewinnen, wenn es Diskussionen über die Region geht. Und um an diese Macht zu gelangen, will sie die KurdInnen und Kobanê opfern. Der Krieg in Kobanê ist also ein Krieg, an dem die Türkei maßgeblich beteiligt ist. Sie bezweckt eine ethnische Säuberung in Kobanê. Dort sollen alle Kurdinnen und Kurden vertrieben und eine arabische Bevölkerung angesiedelt werden. Und diese arabische Bevölkerung soll sich aus der Anhängerschaft des IS speisen. Wie bewerten
Sie vor diesem Hintergrund die Ankunft der Peshmerga-Einheiten in Kobanê? Aber wie ist
in diesem Kontext die Haltung der AKP zu verstehen? Sie hat ja die Peshmergakräfte
über türkisches Staatsgebiet nach Kobanê gelangen lassen. Und mit dem
Durchlassen der Peshmerga will er dieses Ziel verschleiern? Fakt ist auch, dass die AKP auf die Unterstützung der KurdInnen angewiesen ist. Denn ohne diese Unterstützung sieht es spätestens bei den kommenden Wahlen im Jahr 2015 für sie nicht gut aus. Das Bild der AKP hat sich allerdings auch unter ihrer kurdischen Wählerschaft durch ihre Politik gegenüber Kobanê nochmal deutlich verschlechtert. Das versucht sie nun aufzubessern. Außerdem gibt international einen großen Druck auf die AKP, damit sie ihrer Rolle in der Anti-IS-Koalition gerecht wird und in diesem Rahmen auch einen Korridor nach Kobanê aufmacht. Hiergegen hat sich die Türkei zunächst strikt gewehrt. Dann hat sie gemerkt, welchen Schaden sie durch ihr Widersetzen an sich selbst anrichtet und nun versucht sie irgendwie aus der Sackgasse, in die sie hineingefahren ist, wieder herauszukommen. Aus diesem Grund hat sie gefordert, dass die Peshmerga und die Freie Syrische Armee (FSA) für den Kampf gegen den IS nach Kobanê gelangen. Nur in diesem Falle könnte sie einen Korridor für Kobanê aufmachen. Dann als die Peshmerga vor den Toren von Kobanê angekommen sind, hat die AKP sie dort tagelang aufgehalten und dieses Mal erklärt, dass die Peshmerga nur reingelassen werden, wenn auch die FSA in Kobanê ankommt. Dabei kämpft ein Teil der FSA seit Wochen gemeinsam mit der YPG gegen den IS in Kobanê. Diejenigen Teile der FSA, die das nicht taten, waren die, die eher unter der Kontrolle der Türkei stehen. Wir wissen, dass es sowohl innerhalb der FSA als auch innerhalb des IS türkische Einheiten gibt, die dem „Amt für besondere Kriegsführung“ (trk. Özel Harp Dairesi; gegründet zu Zeiten des Kalten Kriegs für die türkische Sektion der Gladiostrukturen innerhalb der NATO; offiziell 1992 aufgelöst, soll aber faktisch angebunden an den türkischen Generalstab fortbestehen) unterstehen. Mit diesen Einheiten hat sie den IS in den Krieg gegen Kobanê geführt. Sie sieht, dass dieses Ziel nun wohl eher nicht mehr zu erreichen ist und ist deshalb in ihrer Strategie umgeschwenkt. Nun will sie durch die Einheiten der FSA, die ihr unterstehen, Kobanê von innen heraus unter ihre Kontrolle bringen. Und wird das
möglich sein? Teil II folgt ANF, 03.11.2014, ISKU |
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