Ein offener Brief an Salil Shetty – Generalsekräter von Amnesty International

Sehr geehrter Salil,

ich schreibe aus Protest gegen die Veröffentlichung des Berichtes ihrer Organisation mit dem Namen: „Wir konnten nirgendwo anders hin – Gewaltsame Vertreibung und Zerstörung in Nordsyrien“.

Als ein britischer Humanist, der fünfeinhalb Monate in den Reihen der [Volksverteidigungseinheiten] YPG in Rojava verbracht hat, bin ich von ihrem 32 Seitigen Bericht, der im Oktober 2015 veröffentlicht wurde, äußerst irritiert.

Ich fühle mich im Namen der hunderten Freiwilligen, die sich der YPG und der YPJ angeschlossen haben, verpflichtet diesen Brief zu schreiben. Sie kämpfen nicht nur an der Front, sonder arbeiten eben so hart mit den Kurd_innen in den Krankenhäusern und Flüchtlingslagern.

In der Zeit, in der ich dort war, hatte ich Zutritt zu allen Bereichen der gesamten Region, eingeschlossen der Frontlinie. Tatsache ist, das ich in vielen in ihrem Bericht genannten Orten und an Operationen beteiligt war. Ich habe zu keinem Moment gesehen, wie bewusst private Eigentümer zerstört oder Menschen gewaltsam vertrieben wurden, die ihre Behauptungen belegen würden.

Ich will kurz auf die zwei Hauptpunkte in ihrem Bericht eingehen:
• Es gab Momente in denen Bürger_innen gebeten wurde ein Gebiet in dem gekämpft wurde zu verlassen. Dies wurde für ihre Sicherheit getan und sobald die Bereiche wieder sicher waren, durften sie zurückkehren. Ich sah viele Dörfer die von allen Ethnien wegen der Kämpfe verlassen waren und sofort wiederbelebt wurden, nachdem die Kämpfe weiter zogen. Als ich in Til Tamir war (einem Gebiet, das in ihrem Bericht erwähnt wird) hat mein Kommandant oft unsere Rationen mit den Einheimischen der nahen arabischen Dörfer geteilt.

• Wenn wir ein Dorf befreiten, mussten wir manchmal privates Eigentum von Menschen nutzen. Dies schließt auch ein, sie mit Sandsäcken und Erde zu verstärken (Gräben zu nutzen). Das war eine Notwendigkeit des Krieges und der Gefahr von IS-Angriffen. Es gab jedoch nie eine absichtliche Strategie privates Eigentum zu zerstören.

Der Bericht verlässt sich auf unseriöse Aussagen. Im besten Fall könnten die Zvilist_innen wohl falsch verstanden haben, was um sie herum geschieht – verwirrt und verängstigt – nachdem sie gebeten wurden ein Gebiet zu verlassen und sehend, dass ihre Häuser mit Gräben verstärkt wurden. Im schlimmsten Fall sind solche Berichte ein Versuch die YPG/YPJ bewusst zu denunzieren.

Es ist für mich furchtbar diesen Bericht zu lesen, weil ich weiß, dass die YPG außerordentlich gute Beziehungen zu den arabischen Gemeinschaften in Rojava pflegt. In vielen Orten, die im Bericht erwähnt werden, waren arabische YPG-Mitglieder maßgeblich an der Befreiung der Gebiete beteiligt. Vor jeder größeren Operation wurden wir wiederholt über die Regeln unserer Verpflichtungen instruiert – wir waren uns bewusst, das Fehlverhalten (einschließlich der Beschuldigungen im Bericht) zu Haft führen können. Wenn sie bedenken, gegen wen die YPG angeht, dann sind die hohen Grundsätze, die sie von den Kämpfer_innen erwartet noch bemerkenswerter. Wir sind die einzige Gruppe in Syrien, die sich an die Genfer Konvention hält!

Abseits der ganzen Lügen, gibt es einen anderen Grund, warum dieser Bericht eine Beleidigung für die sind, die für Demokratie und Gleichberechtigung kämpfen. Der Bericht entstand erwiesenermaßen durch türkische Nationalist_innen und islamische Fundamentalist_innen, um Gewalt unter den Konfessionen zu provozieren und das Vertrauen, das sich die YPG so hart erkämpft hat zu zerstören.

Anstatt sich auf Aussagen Dritter zu verlassen, sollten sie selbst nach Rojava kommen und ein paar der Menschen kennenlernen, die an vorderster Front kämpfen. Die PYD hat öffentlich um die Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten, um die aufkommende Demokratie mit zu entwickeln. Die Kurd_innen sind offen und transparent für alle internationalen Organisationen und sind in dieser Hinsicht für ihre Bemühungen gelobt worden.

Ich wünsche mir, dass sie noch einmal ihren Bericht betrachten und auf eine weitere Verteilung verzichten. Ein Bestandteil ihrer Untersuchungen sollte es sein, nach Rojava zu gehen und selbst zu sehen, welch großartige Arbeit die Menschen für die Region leisten. Wie ich werden sie inspiriert zurück kommen.

Mit freundlichen Grüßen
Macer Gifford

14.10.2015

http://kurdishquestion.com/index.php/kurdistan/west-kurdistan/open-letter-to-amnesty-from-uk-ypg-volunteer/1173-open-letter-to-amnesty-from-uk-ypg-volunteer.html

ISKU | Informationsstelle Kurdistan