YEK-KOM, Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.

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Düsseldorf, 12.01.2000

 

Kurden empört über Angriff auf ihre Zeitung

»Özgür Politika« in Frankfurt, Berlin und Düsseldorf durchsucht

Die Redaktions- und Geschäftsräume der in Deutschland erscheinenden pro-kurdischen Tageszeitung Özgür Politika in Neu-Isenburg, Berlin und Düsseldorf sowie die Privatwohnungen von drei bei der Zeitung beschäftigten Journalisten wurdenn den Morgenstunden des 12.01.2000 polizeilich durchsucht; der Durchsuchungsbefehl war bereits am 29.09.1999 von einem Ermittlungsrichter in Frankfurt/Main ausgestellt worden. Die »Özgür Politika« ist die einzige in Europa erscheinende Tageszeitung, die gezielt die Interessen der Kurden vertritt und ihnen eine Stimme gibt. Am heutigen Tag entscheidet die Regierungskoalition der Türkei in einer nur für diesen einzigen Punkt anberaumten Sitzung darüber, ob das Todesurteil gegen den Repräsentanten der Kurden, den PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan, zum jetzigen Zeitpunkt dem türkischen Parlament zur Entscheidung vorgelegt werden soll, oder ob zuvor der Spruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg abgewartet wird. (Der EGMR hatte die Türkei die Mitglied des Europarats ist, dazu aufgefordert, die Vollstreckung des Todesurteils bis zu seinem Urteil in dieser Sache auszusetzen.) Eine solche Durchsuchungsaktion der Redaktions- und Verlagsräume der Özgür Politika, die möglicherweise das morgige Erscheinen der Zeitung in Frage stellt, wird von der kurdishen Bevölkerung gerade an diesem Tag, an dem die Kurdinnen und Kurden voller Sorge nach Ankara blicken und auf Informationen warten, als besonders schwere Provokation empfunden. Die von Abdullah Öcalan gestartete Friedenslinie der kurdischen Seite wird von der überwältigenden Mehrheit der Kurdinnen und Kurden getragen. Selbst, wenn in Deutschland das »PKK-Verbot«, das für Tausende von Kurdinnen und Kurden Kriminalisierung und hohe Geld- und Gefängnisstrafen gebracht hat, seit mehr als sechs Jahren besteht - soll deshalb nicht über die Friedensanstrengungen, auch wenn sie von dieser "verbotenen³ Seite getragen werden, berichtet werden dürfen? Im Namen der Kurdinnen und Kurden in Deutschland, die über ihre Vereine in unserer Föderation organisiert sind, fordern wir die deutschen Behörden - insbesondere die Staatsanwaltschaften und Gerichte - auf, die Geduld der kurdischen Bevölkerung in Deutschland nicht zu sehr zu strapazieren und ihre Sensibilität nicht zu unterschätzen. Die Kurden möchten ihre Probleme in die Öffentlichkeit bringen - auch und gerade auf dem Weg "ihrer³ Zeitung und "ihres³ Fernsehsenders. Als Reaktion auf Maßnahmen von Behörden, durch die den Kurden die ihnen in der Türkei vorenthaltenen demokratischen Freiheiten auch in Deutschland immer wieder in Frage stellen, könnte es auch zu Kurzschlusshandlungen kommen - vor allem in terminlicher Nähe zu Ereignissen, die ohnehin eine große Anspannung erzeugen. WIr als Föderation der Kurdischen Vereine in Deutschland möchten, dass die Dialoge zwischen Kurdinnen und Kurden und deutschen Behörden weitergehen, und dass die Entspannungslinie sich im Jahr 2000 weiterhin entwickeln kann. Daher hoffen wir, dass unnötige Provokationen wie die heutige in Zukunft unterbleiben, anstatt möglicherweise einen Auftakt für eine weitere Welle von Kriminalisierungsversuchen zu bilden.

YEK-KOM,12.01.2000