YEK-KOM,
Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.
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Düsseldorf, 21.02.2000
Presseerklärung
Bürgermeister kurdischer Großstädte in der Türkei
verhaftet Wohnungen und Rathäuser durchsucht - Konstruierte Vorwürfe
- Empörung unter der kurdischen Bevölkerung, kurdischen Organisationen
und vielen HADEP-Freunden in Europa
Am 19.02.2000 wurden die der HADEP angehörenden Bürgermeister
der drei kurdischen Großstädte Diyarbakir (Amed), Siirt und
Bingöl in der Türkei verhaftet. Dies geschah nach einem Aufenthalt
in Deutschland, wo sie sich im Interesse ihrer Kommunen mit deutschen
Bürgermeistern und NGOs zwecks Partnerschaften und Zusammenarbeit
getroffen hatten, sowie im Fall von Herrn Celik unmittelbar nach einem
ausführlichen Treffen mit der schwedischen Außenministerin,
Frau Lindt.
Den Festgenommenen, Oberbürgermeister Feridum Celik (Diyarbakir)
sowie den Bürgermeistern Mehmet Selim Özalp (Siirt) und Feyzullah
Karaaslan (Bingöl), die trotz massiver staatlicher Repressionen
im vergangenen Jahr mit bis zu 65% aller Stimmen in ihren Städten
gewählt worden waren, wird Zusammenarbeit mit der PKK "im
In- und Ausland" vorgeworfen. Herr Celik wurde in Diyarbakir auf
offener Straße verhaftet, und in den betroffenen Städten
wurden die Wohnungen der Bürgermeister und die Rathäuser polizeilich
durchsucht. Die HADEP erklärte, dass dieses Vorgehen zu einer starken
Unruhe der Bevölkerung in den Städten geführt hätte,
die ihre Bürgermeister mit so überwältigenden Mehrheiten
gewählt hätten. Dabei darf nicht unbeachtet bleiben, dass
ein großer Teil der kurdischen Bevölkerung mit der PKK sympatisiert
und deren Friedenslinie unterstützt. Das gilt jedoch nicht nur
für Angehörige und Wähler der HADEP, sondern auch für
diejenigen aller übrigen Parteien in den kurdischen Gebieten. So
haben kürzlich mehrere kurdische Parlamentsabgeordnete der »Tugendpartei«
ihre Partei unter Protest verlassen, weil Mitglieder der Parteiführung
die Vollstreckung der Todesstrafe gegen den PKK-Vorsitzenden Abdullah
Öcalan propagiert hatten. Mit gleichem Recht wie der HADEP könnte
man dem Staatspräsidenten der Türkei Süleyman Demirel
den Vorwurf der "PKK-Nähe" machen, da von der Bevölkerung
bei seinem kürzlichen Besuch in Diyarbakir Slogans gegen die Todesstrafe
und für die Freiheit Öcalans gerufen worden waren.
Gegen diese erneuten massiven staatlichen Übergriffe gab es nicht
nur empörte Proteste von der HADEP-Parteiführung, von kurdischen
Organisationen bis hin zum Parteipräsidium der PKK, sondern auch
insbesondere der Gesprächspartner der HADEP-Bürgermeister,
die sich wie eine Anzahl ihrer Kollegen und Parteifreunde bereits mehrfach
zuvor zu Kontakten und Besuchen in europäischen Ländern, insbesondere
in Deutschland, aufgehalten hatten. Erinnert sei z.B. an eine von uns,
YEK-KOM, organisierte Kultur- und Informationsveranstaltung mit Redebeiträgen
des HADEP-Vorsitzenden A.Turan Demir und von kurdischen HADEP-Bürgermeistern
im vergangenen Monat in Leverkusen, die Tausende von Besuchern angezogen
und große Beachtung gefunden hatte. Der Appell von Hannover, der
Menschenrechtsverein Pro Humanitate, die Gesellschaft für Bedrohte
Völker - um nur einige zu nennen - schrieben empörte Erklärungen
und Briefe an die deutsche Regierung mit der Forderung von Maßnahmen
gegen diese neuen, spektakulären und undemokratischen Übergriffe
des türkischen Staates. Auch deutsche Tageszeitungen berichteten
ausführlich. Allgemein wird die zu beobachtende Zunahme von Repressionen
in der Türkei nach deren Erreichen des Aufnahmestatus für
die EU festgestellt; und es ist zu hoffen, dass die europäischen
Regierungen und die EU der Türkei deutlich klar machen, dass sie
solche willkürlichen Übergriffe nicht hinnehmen werden.
Die Repressionen gegen HADEP sind kontraproduktiv gegenüber der
Linie von Frieden und Demokratisierung, und es ist höchste Zeit,
dass der türkische Staat begreift, dass er, wenn er die Vorteile
der Zugehörigkeit zu Europa erreichen will, nicht weiterhin mit
antidemokratischer Willkür gegen Politiker, Journalisten und einfache
Bürger vorgehen kann.
YEK-KOM
Düsseldorf, 21.02.2000
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