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Berlin, 03. April 2000

 


An die Redaktionen:
Aktuelles / Ausland / Inland / Türkei / Kurdistan

  • Verhaftungen von der PKK verurteilt
  • Negativer Einfluss auf die Friedensphase soll durch europäische Staaten nochmals überdacht werden

Hiermit dokumentieren wir die Übersetzung einer Erklärung des Präsidialrates der PKK in voller Länge:

An die Öffentlichkeit

In den letzten zwei Jahrhunderten wurde die kurdische Frage zu einem Problem, das internationale und regionale Kräfte gegenüberstellte. Immer wenn diese Frage auf der Tagesordnung stand, entfernten feindliche Kräfte die Interessen des kurdischen Volkes mit unlauteren Mitteln von ihr. Bei den politischen Themen wurde nicht nach der Meinung des kurdischen Volkes gefragt, sie wurde niemals in Betracht gezogen. Dieses Verhalten gilt auch für die europäischen Länder, die sich von Anfang an mit dieser Frage beschäftigten. Die europäischen Staaten setzen sich nicht für eine Lösung der kurdischen Frage ein, sondern gehören der Seite an, die sie erschwert; davon haben sie sich bis heute nicht gelöst.

Es ist bekannt, dass England und Deutschland die kurdische Frage belastet haben und bis heute ein negatives Verhalten beibehalten. Am Friedensprojekt der Kurden sehen wir, dass die Europäer nach einer Lösung für ihre eigenen Probleme suchen. Diese Voraussetzung ist bis heute die gleiche.

Die PKK hat auf ihrem 7. außerordentlichen Kongress eine Strategie für Frieden, Demokratie und Freiheit entwickelt und diese Strategie als konkretes Friedensprojekt an die verantwortlichen Kräfte weitergeleitet.

Im Friedensprojekt sind die Interessen aller Beteiligten enthalten. Dieses Projekt ist grundlegend gerade für die Länder, die Probleme mit KurdInnen haben; es bietet eine Hilfe zur Lösung an. Aus diesem Grund wurde den Staaten, die der Europäischen Union angehören, die Rolle zugeteilt, sich für die Lösung einzusetzen und dieses Projekt zu unterstützen. Doch die Europäische Union hat in diesem Zusammenhang nicht die ihr zugeteilte Rolle gespielt, sondern vielmehr ihr bekanntes Verhalten beibehalten - sie hat sich entschieden, auf der einen Seite die Türkei und auf der anderen Seite die PKK und das kurdische Volk unter Druck zu setzen, was bedeutet, dass sie gegen eine Lösung ist.

Diese Kräfte haben bereits 1998, als unser Genosse Generalvorsitzender Abdullah Öcalan nach Europa kam, um eine friedliche Lösung anzubieten, dieses als negativ bewertet. Eine ähnliche Haltung zeigen sie auch gegenüber dem Friedensprojekt. Denn die Bemühungen unseres Genossen, Mitglied des Präsidialrates, Murat Karayilan, im Namen der Partei die kurdische Frage friedlich und politisch zu lösen, wurden durch dieselben Kräfte verhindert. Es gibt keine andere Erklärung für die Ablehnung des Antrags unseres Genossen Karayilan auf politisches Asyl.

Dieses negative Verhalten macht sich weiterhin bemerkbar, indem Deutschland nacheinander unsere Parteimitglieder und deren SympathisantInnen festnimmt und verhaftet. Es sieht so aus, dass allen voran Deutschland und die Länder der Europäischen Union keine positive Antwort auf die Bemühungen haben, die kurdische Frage friedlich und politisch zu lösen. An der Person unseres Genossen Murat Karayilan zeigt sich, dass die Antwort auf unser Friedensprojekt nicht für eine friedliche und politische Lösung spricht. Ganz im Gegenteil entspricht dieses ablehnende Verhalten und die negative Handlungsweise einer Vertiefung der Unlösbarkeit. Das kurdische Volk soll sich also gegen seine Kolonialherren wehren und weiterhin Krieg führen. Den Kampf der Völker im Mittleren Osten gegeneinander beizubehalten, wird wie bereits in der Vergangenheit auch heute als einziger Ausweg dargestellt.

Statt einer Lösung für Frieden, Demokratie und Freiheit wird eine Politik unkultivierter widersprüchlicher Auseinandersetzungen erhofft. In diesem Sinne kann solches Verhalten gegenüber unserer Partei nicht als akzeptabel hingenommen werden.

In der Weiterführung des 15jährigen schmutzigen Krieges bedeutet das Verhalten der europäischen Staaten, dass sie diesen Krieg weiterhin unterstützen. Die türkische Regierung stützte sich auf diese Hilfe, um den Krieg weiterzuführen. Daher näherte sie sich nicht einer Lösung der kurdischen Frage. Selbst in dieser Periode, in der das Friedensprojekt den verantwortlichen Stellen bekannt gemacht worden ist, unterstützen derartige negative Verhaltensweisen nicht die Demokratisierung der Türkei.

Im Gegenteil ermutigt man damit die Kräfte, die gegen eine Demokratie in der Türkei sind und keine Lösung für die kurdische Frage wollen. Diese Situation zeigt die Unaufrichtigkeit gerade der Länder, die von demokratischen Lösungen sprechen. Deutschland und die Staaten der Europäischen Union sollten sich diese Verhaltensweisen vor Augen stellen und davon Abstand nehmen. Diese Staaten haben kein Recht, auf einer Politik zu beharren, die die kurdische Frage unlösbar macht. Unserem Volk sollten keinerlei Vorwände für eine Unlösbarkeit eingeredet werden. Falls es eine Seite gibt, die Rechenschaft ablegen muss, dann nicht unser Volk, sondern diejenigen Kräfte, die seit Jahrhunderten versuchen, mit ihrer Politik widersprüchlicher Auseinandersetzungen die kurdische Frage als unlösbar zu verurteilen. Aus diesem Grund rufen wir allen voran Deutschland und die Länder der Europäischen Union auf, nicht mehr auf dem Krieg und der Unlösbarkeit zu beharren, sondern das Friedensprojekt in die Tat umsetzen, zu unterstützen und ihm Hilfestellung zu geben.

Das kurdische Volk sollte stärker die Strategie des Friedens, der Demokratie und der Freiheit - dies ist die konkrete Bezeichnung des Friedensprojekts - unterstützen. Unser Volk sollte wissen, dass die Verhaltensweise gegenüber unserem Genossen Murat Karayilan auch eine Verhaltensweise gegen das Friedensprojekt ist. Und es sollte solche und ähnliche negative Verhaltensweisen der Staaten der Europäischen Union nicht akzeptieren. Es sollte verstärkt auf Frieden, Demokratie und Freiheit beharren und seinen Kampf verstärkt für die Umsetzung des Friedensprojekts führen. Deshalb sollte es demokratische Reaktionen zeigen, indem es vielseitige Aktionen durchführt, um die Behauptung, der Krieg sei die einzige Wahl, zu verurteilen. Aus diesem Grund ruft unsere Partei, die PKK, unser Volk, alle patriotischen Kräfte und die demokratische europäische Öffentlichkeit auf, gegen solche Politik Stellung zu beziehen und zu handeln.

1. April 2000
Präsidialrat der PKK