Berlin,
31. Mai 2001
Im
folgenden übersende wir Ihnen in der Anlage die Presseerklärung
von 11 verschiedenen kurdischen Institutionen und Vereinen.
Diese Erklärung wurde heute in Berlin in einer öffentlichen
Pressekonferenz vorgetragen. An der öffentlichen Pressekonferenz
nahmen über 1000 Menschen teil und die Veranstaltung wurde
live im Medya-TV übertragen.
Gemeinsame
Erklärung der Veranstalter
Sehr geehrte Pressevertreterinnen und -vertreter,
Liebe Freundinnen und Freunde,
Wir befinden
uns heute am Anfang einer Phase, welches den Wendepunkt im
politisch- nationalen Identitätsbestreben des kurdischen
Volkes darstellen kann. Die Kurden, die Verleugnung und Vernichtung
ausgesetzt sind und im 20. Jahrhundert die größte
Nation ohne einen Status waren, hat das neue Jahrhundert mit
dem Kampf begonnen, seine durch einen großen Widerstand
geschützte, national-politische Identität auf internationaler
Ebene rechtlich zu verankern. Auch mit der II. Friedensphase,
die das kurdische Volk zu entwickeln versucht, beabsichtigt
es primär einen kurdischen Status rechtlich anerkennen
zu lassen. Dieses wird sich auf der Grundlage im Prozeß
des Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans, Abdullah Öcalan
im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickeln.
Im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte werden
die nationale Existenz und Rechte des kurdischen Volkes in
Person von Herrn Öcalan Gegenstand des Prozeßes
sein. Deshalb sollte dieser Prozeß zur Plattform werden,
indem die Verleugnungs- und Vernichtungspolitik gegen die
Kurden im 20.Jahrhundert enthüllt und die Geschichte,
Gegenwart und Zukunft hinterfragt werden.
In dieser
Plattform sind neben dem türkischen Staat und den Kurden
eine dritte Seite vorhanden, die sich aus internationalen
Kräften, in erster Linie Europa, zusammensetzt. Die seit
Jahrhunderten in Ausweglosigkeit geführten kurdisch-türkischen
Beziehungen, führten zwangsläufig zu einem 15 jährigen
Krieg. Die Kurden waren gezwungen unter extrem ungleichen
und schweren Bedíngungen nicht nur ihre Identität,
sondern sogar ihre physische Existenz zu verteidigen. Beide
Kriegsparteien erfuhren eine schwerwiegende Kriegsphase und
dessen Leid. Die eigentlich bestimmende Kraft im Konflikt
zwischen Kurden unter Türken, die zu verheimlichen versucht
wird, ist der Westen. Die bestimmende Rolle des Westens in
der kurdischen Frage ist nicht nur historisch, sondern auch
aktuell. Die Kurden, die die größte betroffene
Gruppe der im Mittleren Osten angewendeten Teile-und Herrsche
Politik sind, sollten nicht nur statuslos gehalten werden,
sondern sollten zu dem Opfer aller Auseinandersetzungen der
Region gemacht werden. Mit all dieser, im 20.Jahrhundert durchweg
angewendeten Politik wurde versucht unser Volk physisch zu
vernichten. Insbesondere der sich mit Herrn Öcalan identifizierende
kurdische Widerstand im letzten Quartal des 20.Jahrhunderts
hat dieses ins Gegenteilige gekehrt. Die Kurden, die aufgrund
dieses Widerstandes ihre nationale Existenz schützen
und Entwicklungsmöglichkeiten realisieren konnten, versuchen
mit ihrer demokratischen Lösungsstrategie ihre nationale
Existenz mit einem rechtlichen Status zu verankern.
Unser
Volk, welches dieses mit einer konsequenten Friedenskampagne
umzusetzen versucht, wird dabei ernsthaft angegriffen und
hier ist die Rolle der internationalen Kräfte, vor allem
Großbritannien und Deutschland in der Verleugnungs-und
Ablehnungspolitik gegen das kurdische Volk, groß. Während
Deutschland seit Jahren seine Verbotshaltung gegen die PKK
und somit gegen die kurdische Identität innehält,
hat Großbritannien die Friedensoffensive der Kurden
mit dem Vorwurf des Terrorismus beantwortet und hat unser
Volk mitsamt seinen Werten und seinen Friedensbestrebungen
angegriffen. Die Verbotshaltung Großbritanniens und
Deutschlands stellen den größten Hindernis vor
der Artikulation der politischen und nationalen Identität
unseres Volkes dar.
Das kurdische Volk hat seine nationale Existenz trotz jeglicher
Angriffe und Massaker geschützt. Es wird auch Hindernisse
zu überwinden wissen, die vor ihren friedlichen Bestrebungen
stehen, ihre Identität offiziell anerkennen zu lassen.
Der seit zwei Jahren andauernde demokratische Lösungskampf
beweist dieses ganz deutlich.
Mit der
international völkerrechtswidrigen Verschleppung des
Vorsitzenden Abdullah Öcalan haben die Komplottkräfte
sich erhofft, die Befreiungsbewegung des kurdischen Volkes
zu zerschlagen. Die Kurden sollten, wie zu Beginn des 20.
Jahrhunderts dermaßen geschwächt werden, dass sie
ein weiteres Jahrhundert statuslos sind. Diese Kräfte
äußerten ihre Absichten, indem sie voreilig Behauptungen
aufstellten, wie, die PKK sei zersplittert, geschwächt,
gespalten und besiegt. Entgegen dieser Erwartungen unterbreitete
der Vorsitzende Öcalan aus Imrali seine erweiterte und
konkretisierte Friedensstrategie. Er machte am 2. August 1999
den Aufruf, den bewaffneten Kampf einzustellen und forderte
die bewaffneten Kräfte der PKK auf, sich vom türkischen
Staatsgebiet zurückzuziehen. Drei Tage später erklärte
der Präsidialrat der PKK ihre Zustimmung und die Bereitschaft,
die notwendigen Schritte zu unternehmen. Am 25. August erklärte
der Präsidialrat, dass sie mit dem Abzug begonnen haben.
Am 1.
Oktober entsandte die PKK aus Kurdistan die erste achtköpfige
Gruppe bestehend aus Mitgliedern der ARGK für den Frieden
und einer demokratischen Lösung in die Türkei. Die
zweite Friedensgruppe der PKK aus Europa begab sich am 29.
Oktober in die Türkei. Vom 2. bis 23. Januar 2000 fand
der außerordentliche 7. Parteikongress der PKK statt.
Auf diesem Kongress wurde die neue Strategie offiziell angenommen
und gemäß der neuen Strategie wurden Strukturen
der ARGK und ERNK aufgelöst und neue Organisationsformen
gebildet. Seitens der kurdischen Bevölkerung zeigte sich
die Verbundenheit mit dem Vorsitzenden Abdullah Öcalan
und der neuen Strategie bei verschiedenen Anlässen wie
z.B. Newroz 2001. Am 21. März diesen Jahres nahmen alleine
in Diyarbakir über 500.000 Menschen an den Newrozfeierlichkeiten
teil und brachten ihre Forderung nach Frieden, Demokratie
und national-politischer Identität zur Sprache. Auch
in Europa kamen Kurdinnen und Kurden in Strassburg, Köln,
Düsseldorf und zuletzt in Dortmund zu über Einhunderttausend
zusammen.
Gegenwärtig
ist das kurdische Volk bereit, eine erweiterte Friedensoffensive
für die rechtliche Anerkennung seiner politisch-nationalen
Identität zu starten. Mit der heutigen Pressekonferenz
beginnen wir diese sogenannte 2. Friedensoffensive. Diese
Offensive fängt an ab dem 31. Mai, mit dem Prozeßbeginn
vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
und wird andauern bis zur offiziellen Anerkennung des Status
unseres Volkes.
Diese
Offensive beinhaltet sowohl, das jeweils jede/r Kurde/in seine/ihre
politisch-nationale Identität bekundet und somit die
Anerkennung fordert, als auch das demokratische Massenaktivitäten
ausgeweitet werden. Diese Aktivitäten werden in Europa
beginnen und sich in die Türkei und in die Länder
ausweiten, in denen die Kurden verleugnet werden. Das kurdische
Volk wird mit seinen demokratischen Massenaktivitäten
die Status- und Identitätslosigkeit, die ihm aufgezwungen
wird, überwinden. Mit dieser Zielsetzung werden alle
in Europa lebenden Kurdinnen und Kurden ihre politische und
nationale Identität öffentlich bekunden, Forderungen
zur Sprache bringen, über hunderttausende Unterschriften
sammeln, Demonstrationen und Kundgebungen organisieren und
mit einem langen Marsch nach Strassburg zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte diese Forderungen unterstreichen.
Die Basis für diese Aktivitäten unseres Volkes stellt
die Ablehnung der ihr aufgezwungenen anderen Identitäten
dar und die Forderung und das Beharren auf die rechtlich offizielle
Anerkennung seiner politisch-nationalen Identität und
Existenz. Aus diesem Grunde wird der diesjährige Sommer
in Europa ein kurdischer Sommer werden.
Die Forderungen dieser Aktivitäten sind:
1) Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte soll
eine Plattform sein, in der die Verleugnungs- und Vernichtungspolitik
des kurdischen Volkes verurteilt wird und internationale Rechte
und Normen für das kurdische Volk zugesprochen und dessen
Einhaltung gesichert werden.
2) Alle
europäischen Staaten, allen voran Großbritannien
und Deutschland, sollen ihre Verbote gegen die PKK und der
kurdischen Identität aufheben.
3) Die
politische und nationale Identität aller in den Ländern
Europas lebenden Kurdinnen und Kurden soll offiziell anerkannt
werden.
4) Dem
kurdischen Volk sollen Rechte auf Organisierung und Bildung
sowie elementare politische, soziale und ökonomische
Rechte zugestanden werden, damit es seine kurdische nationale
Identität wahren, entwickeln und stärken kann.
KON-KURD
(Konföderation kurdischer Vereine in Europa)
Kurdistan National Kongress (KNK)
Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (YEK-KOM)
Kurdistan Informations-Zentrum e.V. (KIZ)
Haus der kurdischen KünstlerInnen e.V.,
Kurdisches Institut für Wissenschaft und Forschung e.V.
Kurdischer Lehrerverband e.V. (YMK)
Kurdischer JuristInnenverband e.V. (YHK)
Kurdische Glaubensgemeinschaften (Kurdische Islamistische
Bewegung, Föderation der kurdischen Yeziden, Föderation
der kurdischen Aleviten)