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Berlin, 20. März 2002

 

  • Eine Zwischenbilanz der Entwicklungen um Newroz ab dem 18. März 2002

  • Das Newroz-Feuer hat schon längst begonnen zu brennen

  • Angriffe türkischer Sicherheitskräfte auf Teilnehmer der Newroz-Veranstaltungen: 160 Festnahmen

  • Alle Europäische Newroz-Delegation in der Türkei/Kurdistan eingetroffen


Seit Wochen laufen die Vorbereitungen für das diesjährigen Neujahrsfest Newroz. In 46 Orten wurden Großveranstaltungen angemeldet. Während die Veranstaltungen in Diyarbakir, Mardin, Hakkari, Van, Adana, Malatya, Bingöl, Hatay, Antep, Adiyaman, Manisa, Konya, Aydin, Batman, Denizli, Antep, Bursa, Urfa, Agri, Tunceli, Ankara, Antalya und Elazig vom Gouverneur offiziell genehmigt wurden, wurden in Balikesir, Bitlis, Canakkale, Mersin, Istanbul, Kars, Maras, Siirt, Sirnak und Yalova die Newrozveranstaltungen verboten. Für die restlichen Orte gibt es noch keine Antwort. Bekannt wurde auch, dass bei den Anmeldungen der Buchstabe "W" zum Problem gemacht und als möglicher Verbotsgrund aufgeführt wurde. "W" gibt es im türkischen Alphabet - im Gegensatz zum kurdischen - nicht. Aus diesem Grunde werden in der Türkei Kurdinnen und Kurden des Separatismus beschuldigt, wenn sie diesen Buchstabe nutzen.

Der Ortsvorsitzender der HADEP in Icel, Muzaffer Akad erklärte zum Newrozverbot in Mersin: "Der Gouverneur hat mit lächerlichen und rechtswidrigen Argumenten Newroz verboten. Somit hat er eigentlich den Frieden, den Frühling, und die Freundschaft verboten. Während der Anmeldung wurde der Buchstabe "W" zum Problem gemacht. Anschließend wurde vorgeschoben, dass die Veranstaltung nicht von der HADEP angemeldet worden sei und letztlich verboten, weil die Veranstaltung eine HADEP Veranstaltung sei." Akad sagte, dass das Volk trotzt des Verbots gewaltfrei und in Stimmung des Friedens Newroz feiern wird und rief die Sicherheitskräfte dazu auf, die Feierlichkeiten nicht zu verhindern.

Kurdinnen und Kurden haben schon Tage zuvor begonnen, Newrozfeuer auf den Strassen zu entzünden. Gruppen, deren Zahl sich von Hunderten bis Tausenden belaufen, kommen schon seit Tagen landesweit in kurdischen Stadtteilen zusammen, entzünden das Newroz-Feuer, tanzen, singen und bringen ihre Forderung nach Anerkennung ihrer kulturellen Rechte sowie nach Abschaffung der Todesstrafe zur Sprache. Nicht immer bleiben die Teilnehmer dieser Spontanveranstaltungen von den Angriffen der Sicherheitskräfte verschont. Bislang wurden Angriffe aus Diyarbakir, Batman, Siirt, Adana, Istanbul und Manisa gemeldet. Bei den Angriffen wurde u.a. Tränengas eingesetzt, Kinder wurden geschlagen, ein Kind verletzt und 58 Personen festgenommen.

Typisch ist auch, dass im Vorfeld des Newroz-Festes die Repressionen und Festnahmen gegen die HADEP zunehmen. So wurden am 18. März Selma Güzel, Sekretärin der Frauenorganisation der HADEP Ankara, Kahraman Elaltunkara, stellvertretender Ortsvorsitzender der HADEP Ankara sowie Eylem Tuna festgenommen. Der Grund der Festnahme wurde nicht bekannt. Am selben Tag wurden in Van bei Hausdurchsuchungen fünf HADEP-Mitglieder sowie Kazim Acar, Mitglied der Jugendorgansation festgenommen. Nach einer Versammlung in Kars wurden am 19. März gegen 19.30 Uhr etwa 30 Personen festgenommen. Am 20. März wurden bei Hausdurchsuchungen 28 Personen festgenommen. Aus Icel wurden 20 und aus Tarsus 26 Festnahmen gemeldet.

Um die Ereignisse vor Ort beobachten zu können und Schutz für die Bevölkerung vor staatlichen Angriffen zu sein, sind Newroz-Delegationen aus Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien, Österreich und Belgien in der Region eingetroffen. Zu Behinderungen kam es dabei nicht.

Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass der 21. März 2002 ein großes Ereignis sein wird. Die größten Newrozfeiern werden stattfinden. Leider sind die Angriffe im Vorfeld ebenfalls ein Zeichen dafür, dass die Feierlichkeiten nicht wie gewünscht überall ungehindert stattfinden werden. Aber es ist schon jetzt eindeutig: Das kurdische Volk wird zu Millionen seine Forderung nach Frieden, nach Anerkennung seiner kulturellen Rechte und nach Demokratie zum Ausdruck bringen und somit de facto ein Referendum durchführen. Dies kann und darf nicht ignoriert werden.


Es gibt für die Pressevertreterinnen und -vertreter die Möglichkeit, mit Teilnehmern der Newroz-Delegationen über das Telefon zu sprechen und authentische Berichte zu erhalten. Interessierte wenden sich bitte an unser Büro.