Seit Wochen laufen die Vorbereitungen für das diesjährigen
Neujahrsfest Newroz. In 46 Orten wurden Großveranstaltungen
angemeldet. Während die Veranstaltungen in Diyarbakir,
Mardin, Hakkari, Van, Adana, Malatya, Bingöl, Hatay,
Antep, Adiyaman, Manisa, Konya, Aydin, Batman, Denizli, Antep,
Bursa, Urfa, Agri, Tunceli, Ankara, Antalya und Elazig vom
Gouverneur offiziell genehmigt wurden, wurden in Balikesir,
Bitlis, Canakkale, Mersin, Istanbul, Kars, Maras, Siirt, Sirnak
und Yalova die Newrozveranstaltungen verboten. Für die
restlichen Orte gibt es noch keine Antwort. Bekannt wurde
auch, dass bei den Anmeldungen der Buchstabe "W"
zum Problem gemacht und als möglicher Verbotsgrund aufgeführt
wurde. "W" gibt es im türkischen Alphabet -
im Gegensatz zum kurdischen - nicht. Aus diesem Grunde werden
in der Türkei Kurdinnen und Kurden des Separatismus beschuldigt,
wenn sie diesen Buchstabe nutzen.
Der
Ortsvorsitzender der HADEP in Icel, Muzaffer Akad erklärte
zum Newrozverbot in Mersin: "Der Gouverneur hat mit lächerlichen
und rechtswidrigen Argumenten Newroz verboten. Somit hat er
eigentlich den Frieden, den Frühling, und die Freundschaft
verboten. Während der Anmeldung wurde der Buchstabe "W"
zum Problem gemacht. Anschließend wurde vorgeschoben,
dass die Veranstaltung nicht von der HADEP angemeldet worden
sei und letztlich verboten, weil die Veranstaltung eine HADEP
Veranstaltung sei." Akad sagte, dass das Volk trotzt
des Verbots gewaltfrei und in Stimmung des Friedens Newroz
feiern wird und rief die Sicherheitskräfte dazu auf,
die Feierlichkeiten nicht zu verhindern.
Kurdinnen
und Kurden haben schon Tage zuvor begonnen, Newrozfeuer auf
den Strassen zu entzünden. Gruppen, deren Zahl sich von
Hunderten bis Tausenden belaufen, kommen schon seit Tagen
landesweit in kurdischen Stadtteilen zusammen, entzünden
das Newroz-Feuer, tanzen, singen und bringen ihre Forderung
nach Anerkennung ihrer kulturellen Rechte sowie nach Abschaffung
der Todesstrafe zur Sprache. Nicht immer bleiben die Teilnehmer
dieser Spontanveranstaltungen von den Angriffen der Sicherheitskräfte
verschont. Bislang wurden Angriffe aus Diyarbakir, Batman,
Siirt, Adana, Istanbul und Manisa gemeldet. Bei den Angriffen
wurde u.a. Tränengas eingesetzt, Kinder wurden geschlagen,
ein Kind verletzt und 58 Personen festgenommen.
Typisch
ist auch, dass im Vorfeld des Newroz-Festes die Repressionen
und Festnahmen gegen die HADEP zunehmen. So wurden am 18.
März Selma Güzel, Sekretärin der Frauenorganisation
der HADEP Ankara, Kahraman Elaltunkara, stellvertretender
Ortsvorsitzender der HADEP Ankara sowie Eylem Tuna festgenommen.
Der Grund der Festnahme wurde nicht bekannt. Am selben Tag
wurden in Van bei Hausdurchsuchungen fünf HADEP-Mitglieder
sowie Kazim Acar, Mitglied der Jugendorgansation festgenommen.
Nach einer Versammlung in Kars wurden am 19. März gegen
19.30 Uhr etwa 30 Personen festgenommen. Am 20. März
wurden bei Hausdurchsuchungen 28 Personen festgenommen. Aus
Icel wurden 20 und aus Tarsus 26 Festnahmen gemeldet.
Um
die Ereignisse vor Ort beobachten zu können und Schutz
für die Bevölkerung vor staatlichen Angriffen zu
sein, sind Newroz-Delegationen aus Deutschland, Italien, Frankreich,
Belgien, Österreich und Belgien in der Region eingetroffen.
Zu Behinderungen kam es dabei nicht.
Es
zeichnet sich schon jetzt ab, dass der 21. März 2002
ein großes Ereignis sein wird. Die größten
Newrozfeiern werden stattfinden. Leider sind die Angriffe
im Vorfeld ebenfalls ein Zeichen dafür, dass die Feierlichkeiten
nicht wie gewünscht überall ungehindert stattfinden
werden. Aber es ist schon jetzt eindeutig: Das kurdische Volk
wird zu Millionen seine Forderung nach Frieden, nach Anerkennung
seiner kulturellen Rechte und nach Demokratie zum Ausdruck
bringen und somit de facto ein Referendum durchführen.
Dies kann und darf nicht ignoriert werden.
Es gibt für die Pressevertreterinnen und -vertreter die
Möglichkeit, mit Teilnehmern der Newroz-Delegationen
über das Telefon zu sprechen und authentische Berichte
zu erhalten. Interessierte wenden sich bitte an unser Büro.