Berlin,
17. April 2002
Osman Öcalan nahm am 15. April
2002 im kurdischen Fernsehen MEDYA-TV zu den jüngsten
Äußerungen Mesut Yilmaz, ANAP - Vorsitzender und
Minister für Europaangelegenheiten, Stellung. Am Montag
erklärte M. Yilmaz nach einem Gespräch mit dem Präsidenten
der EU - Kommission Prodi, er habe positive Signale bezüglich
der Aufnahme der PKK in die EU - Liste der terroristischen
Organisationen erhalten. Im folgenden geben wir die Stellungnahme
von Herrn Öcalan in gekürzter Fassung wieder:
Dem
kurdischen Volk muß das Recht auf Freiheit anerkannt
werden
"Die
Erklärung von Mesut Yilmaz ist für unser Volk von
großer Bedeutung. Nach Äusserungen von Herrn Yilmaz
überlegt die EU, unsere Partei auf die Liste der terroristischen
Organisationen zu nehmen. Die Bemühungen der Türkei
gehen nahezu ausschliesslich in diese Richtung. Vorab möchte
ich folgendes anmerken: Auch wenn die PKK ihre historische
Rolle vollendet hat und ihre Tätigkeiten einstellt, so
ist sie weiterhin der Freiheitswille des kurdischen Volkes.
Es wird ein grosser Fehler sein, wenn die EU die Einstellung
der Tätigkeiten der PKK zum Anlaß nehmen sollte,
die PKK auf die Liste der terroristischen Organisationen zu
nehmen. Dies würde bedeuten, dass der Freiheitswille
des kurdischen Volkes auf die Terrorliste genommen wird. Anstatt
den Forderungen der Türkei nachzukommen, sollte die EU
die legitimen Freiheitsrechte des kurdischen Volkes anerkennen
und nicht die bis heute gegen unser Volk angewandte Unterdrückung
unterstützen. Aus diesem Grunde darf die EU diese unberechtigte
Forderung der Türkei nicht zustimmen. Wenn die EU ihren
demokratischen Willen deutlich machen möchte, so muss
sie den Bemühungen der Türkei, die sich gegen die
Freiheit unseres Volkes richtet, Einhalt gebieten. Sie sollte
die Türkei dazu bewegen, Schritte zur Lösung der
kurdischen Frage zu unternehmen. Deshalb möchte ich erneut
an dieser Stelle unterstreichen: Die PKK auf die Liste der
terroristischen Organisationen zu nehmen heisst, die Forderung
des kurdischen Volkes nach Freiheit auf diese Liste zu setzen.
Eine solche Entscheidung wird die Türkei ermutigen, ihre
Repressionen gegen das kurdische Volk weiter zu verstärken.
Die EU sollte diesem gefährlichen Wunsch nicht zustimmen,
denn dies würde den Weg für eine riskante Phase
eröffnen. Wenn tatsächlich der Frieden entwickelt
werden soll, so muss diese Forderung der Türkei abgelehnt
und dem kurdischen Volk das Recht auf Freiheit anerkannt werden.
Die Bemühungen der EU müssen in diese Richtung gehen.
Die PKK hat auf ihrem 8. Kongress ihre historische Rolle für
vollendet erklärt und ihre Tätigkeiten eingestellt.
An ihrer Stelle hat der Freiheits und Demokratie Kongress
Kurdistans, KADEK, den Freiheitskampf übernommen. Ich
möchte klar zum Ausdruck bringen, dass KADEK sein Programm
und seine Beschlüsse ausschliesslich im Sinne einer friedlichen
Lösung festgelegt hat. Die internationale Öffentlichkeit
möchte ich in diesem Sinne zur verstärkten Aufmerksamkeit
aufrufen. Des weiteren rufe ich die EU-Mitgliedsstaaten dazu
auf, den Forderungen der Türkei eine klare Absage zu
erteilen. An das kurdische Volk appelliere ich, dass es seinen
Freiheitswillen noch stärker zum Ausdruck bringt."