Berlin,
13. Mai 2002
Parallel zu der Liste terroristischer Organisationen der
EU hat sich in der Türkei und in Kurdistan die Gewalt gegen
das kurdische Volks verstärkt
Mit der
Aufnahme der PKK in die Liste der terroristischen Organisationen
der EU nehmen die Gewaltmaßnahmen gegen das kurdische
Volk täglich zu. Die Repressionen durch türkische
Armee, Polizei, politischen und nicht-staatliche faschistische
Gruppen nehmen zu..
Militärische
Operationen:
Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der EU- Liste am
3 Mai 2002 haben türkische Militäreinheiten noch am
selben Tag in Sirnak, Beytusabap und südlich der südkurdischen
Stadt Zaxo Militäroperationen begonnen, die noch immer
anhalten. Nachdem die türkische Armee keinerlei Reaktionen
außer von den Kurden erhalten hat und sie jede Art von
Gewalt als legitimiert ansieht, hat sie diesmal am 7. Mai ihre
Militäroperationen auf die Regionen Dersim, Bingöl,
Erzurum, Diyarbakir und Siirt ausgeweitet. Nach uns vorliegenden
Informationen werden sind an diesen Angriffen von Zehntausenden
von Soldaten der Bodentruppen beteiligt, die von Hubschraubern
und Kampfflugzeugen unterstützt werden. Es kommt zu ständigen
Bombardierungen, in deren Folge eine Vielzahl von Menschen ihr
Leben verloren hat; die Operation weitet sich zunehmend aus.
Darüber hinaus sind starke Armeekräfte seit dem 8
Mai 2002 in die Regionen Batufa und Kanimas in Südkurdistan
(Nordirak) eingedrungen. Für diese Operation wurde zum
ersten Mal seit drei Jahren auch die Beteiligung von Dorfschützern
an der umfassenden Operation befohlen.
Folter
und Festnahmen:
Die türkischen Sicherheitskräfte sehen sich durch
die EU-Entscheidung bestätigt und haben in Kiziltepe bei
Mardin 11 Mitglieder der Lehrergewerkschaft Egitim-Sen verhaftet.
In einer Erklärung von Egitim Sen Mardin heißt es,
ihre elf verhafteten Mitglieder seien nun der Folter ausgesetzt,
weil sie zusammen gekommen seien, um Kurdisch zu lernen. Alle
elf Personen, darunter die Schwangere Sermin Erbas wurden während
ihrer Festnahme in der Polizeiwache von den Polizisten mit kaltem
Wasser abgespritzt, ihnen wurden Tüten über den Kopf
gezogen, sie wurden geschlagen; man gab ihnen drei Tage lang
kein Essen und Wasser, ließ sie nackt warten und erniedrigte
sie auch sonst noch auf vielerlei Weise. Infolge dieser Folterungen
geriet Sermin Erbas in ein Koma und musste ins Militärkrankenhaus
eingeliefert werden. Ihre Situation wird als ernst eingestuft.
Angriffe
nicht-staatlicher faschistischer Gruppen:
50 bewaffnete Zivilisten drangen in die Selcuk Universität
Konya ein und griffen im Campus eine Gruppe von kurdischen Studierenden
mit dem Ruf an "Die Terroristen sind hier". Infolge
der Angriffe wurden sechs Personen verletzt. Zwei der Verletzten,
Sedat Erol und Zana Kibar, befinden sich in Lebensgefahr aufgrund
von Schussverletzungen am Kopf. Diese Art von Angriffen kann
Kurden auf der Straße oder in Einkaufszentrn jederzeit
treffen.
Liste
"Terroristischer" zivilgesellschaftlicher Organisationen:
Nach einem Bericht des türkische Fernsehsenders NTV hat
das türkische Außenministerium einen Tag nach der
Bekanntgabe der EU-Liste eine Liste von 450 zivilgesellschaftlichen
Organisationen, darunter auch renommierte europäische Organisationen
wie Reporter ohne Grenzen, France Liberte, Weltkirchenrat u.a.
den europäischen Regierungen mit der Forderung nach ihrer
Schließung zukommen lassen. Die Türkei fordert demnach,
dass nicht nur die Kurden in der Türkei und Kurdistan,
sondern auch Kurden in Europa und europäische zivilgesellschaftliche
Organisationen als Terroristen behandelt werden sollen.
Nach drei
Jahren Feuerpause entbrannte die Gewalt erneut, parallel zur
Bekanntgabe der EU-Liste. Zweifellos liegt der Grund in dem
unglücklichen Beschluss der EU bezüglich dieser Liste.
Diese Entwicklungen zeigen eindeutig, dass der Beschluss falsch
ist und sofort rückgängig gemacht werden muss. Die
Entwicklung von Demokratie, Frieden und Stabilität in der
Region sowie die Verhinderung von Gewalt gegen das kurdische
Volk ist mit der Rücknahme dieses Beschlusses und mit der
Beantwortung der legitimen Forderungen des kurdischen Volkes
nach mehr Rechten möglich
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