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Berlin, 13. Mai 2002

Stimmen mehrer PolitikerInnen zur Aufnahme der PKK auf die EU-Liste terroristischer Organisationen

Hannes Swoboda und Francis Wurtz: die Aufnahme der PKK auf die Liste entbehrt jegliche Logik

Luisa Morgantini (MdEP): Die Kurden dürfen nicht geopfert werden

Der belgischer Senator Vincent Van Quickenborn stellte eine mündliche Anfrage wegen der Liste

Unterschiedliche Organisationen in Italien und der Schweiz planen gemeinsame Aktivitäten gegen die Liste

Schweiz: Die EU- Liste ist nicht rechtens

Der Vorsitzende der "Reporter ohne Grenzen (RSF)": Wir werden weiterhin die Angriffe auf die Pressefreiheit öffentlich machen

Der stellvertretende Parlamentsvorsitzende des Europaparlements), Renzo Imbeni: Kurden dürfen nicht unter Verdacht gestellt werden

 

Hannes Swoboda und Francis Wurtz: die Aufnahme der PKK auf die Liste entbehrt jegliche Logik

MHA / 30-04-2002
Hannes Swaboda , Stellvertretender Vorsitzender der Sozialistischen Parlamentsgruppe im Europaparlament und Türkeibeauftragter der Sozialistischen Gruppe: "Es ist nicht zu akzeptieren, dass die PKK auf diese Liste aufgenommen wird. Ich bin dagegen, dass kurdische Organisationen, die PKK eingeschlossen, in diese Liste aufgenommen werden.

Francis Wurtz, Vorsitzender der Gruppe Linke Einheit im Europaparlament:
"Es ist unlogisch, dass (...) die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen wird. Die PKK hat seit drei Jahren den bewaffneten Kampf eingestellt. Diejenigen, die die PKK auf die Liste nehmen, müssen Argumente und Beweise vorlegen, dass die PKK ein Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Wir heißen es nicht gut, dass die EU sich in manchen Punkten sich an den USA orientieren.
Francis Wurtz erinnerte auch daran, dass 1996 das Europaparlament einen Beschluss gefasst hat, in dem darauf hingewiesen wird, dass die PKK in der Lösung der kurdischen Frage eine wichtige Rolle einnimmt und die Türkei dies akzeptieren müsse. In einem Beschluss vom letzten Jahr hieß es, dass die PKK, indem sie ihre bewaffneten Kräfte hinter die Staatsgrenzen der Türkei zurück gezogen hat, die Grundlage für die Friedensatmosphäre geschaffen hat.


Luisa Morgantini (MdEP): Die Kurden dürfen nicht geopfert werden

MHA / 01-05-2002
Die Europaparlamentarierin Luisa Morgantini hat sich gegen die Bemühungen ausgesprochen, die PKK auf die Liste der EU zu setzen. Frau Morgantini, die darauf hinwies, dass das kurdische Volk von der PKK nicht zu trennen ist, erklärte, dass Europa eine demokratische Lösung der kurdischen Frage beschleunigen sollte, anstatt die PKK in die Terrorliste aufzunehmen, wenn es für das kurdische Volk etwas unternehmen möchte.

Im weiteren wies sie darauf hin, dass die PKK mit ihrem strategischen Wechsel die Probleme des kurdischen Volkes innerhalb den Grenzen der Türkei mit demokratischen Mitteln zu lösen gedenke. Die PKK habe seit drei Jahren nicht zu den Waffen gegriffen und hat sogar vor kurzem erst ihren Namen geändert. In so einer Phase die PKK als terroristisch abzutun sei in keiner Weise zu akzeptieren.

Die Abgeordnete deutete auch darauf hin, dass die Lösung der kurdischen Frage mit legalen Mitteln auch den Rahmen für die Reise Öcalans nach Europa darstellte.
Die Forderung des kurdischen Volkes sich frei zu artikulieren, mit seiner Identität zu leben und die Zukunft der Region im Rahmen einer Autonomie zu gestallten mit Terrorismus gleichzustellen, sei nichts als Gewissenlosigkeit. Auch in Europa wollten die Kurden ihre kulturellen Rechte erlangen.

"Ich habe die Befürchtung, dass die Kurden auch jetzt geopfert werden sollen, wie es in der Vergangenheit schon so oft der Fall war. Und zwar im Interesse der Türkei im Gegenzug zu ihrer Rolle, die sie im Rahmen der NATO in der Region einnimmt. Dass die EU im Folge des Drucks der USA diesen Beschluss fassen will, bringt neue Menschenrechtsverletzungen mit sich. Europa darf nicht im Widerspruch zu seiner Existenzgrundlage handeln.
Das ist ein gefährliches Spiel. Nicht nur das kurdische Volk, alle Menschen die aufmerksam gegenüber den menschlichen Werten sind, sollten sich nicht nur gegen die Aufnahme der PKK in die Liste der terroristischen Organisationen stellen, sondern sich auch für die bescheidenen Forderungen des kurdischen Volkes nach mehr Rechten einsetzen."

Der belgischer Senator Vincent Van Quickenborn stellte eine mündliche Anfrage wegen der Liste

MHA / 08-05-2002
Der belgischer Senator Vincent Van Quickenborn hat während einer Parlamentssitzung dem belgischen Außenminister nach den Auswirkungen der Aufnahme der PKK in die Liste der terroristischen Organisationen der EU für die in Belgien lebenden Kurdinnen und Kurden gefragt. Er brachte auch seine Besorgnis darüber zur Sprache, dass die PKK geostrategischen Interessen geopfert wurde. Die Aufnahme habe mit den Plänen der USA im Mittleren Osten sowie mit der Gendarmeriestellung der Türkei in der Region zu tun.

Im weiteren fragte er auch, welche Kurdenpolitik Belgien habe. In seiner Rede ging er auch darauf ein, dass die Türkei unmittelbar nach dem 3. Mai militärische Operationen begonnen habe. Die mündliche Anfrage wird entweder schriftlich oder mündlich vom Außenministerium beantwortet werden.

Unterschiedliche Organisationen in Italien und der Schweiz planen gemeinsame Aktivitäten gegen die Liste

MHA / 08-05-2002
Die Aufnahme der PKK in die Liste der "terroristische Organisationen" der EU hat in Italien verschiedene Organisationen vereint. Gestern kamen in Rom Vertreter der Friedensvereine, der Frauen in Schwarz, der Kommunistische Reorganisierungspartei, von StudentInnenvereinen sowie Persönlichkeiten und Parteien zusammen, um noch einmal über diese aktuelle Entwicklung zu diskutieren. Man kam überein, dass dieses Thema in einer langfristige Planung gemeinsam behandelt werden soll. Die Beteiligten wollen so breit wie möglich darüber informieren, dass diese Aufnahme rechtswidrig ist. Ein weiteres Resultat dieses Treffens ist es, dass die Arbeit sich sowohl auf die regionale wie auch auf die parlamentarische Ebene und von dort aus auch auf die Regierungsebene erstrecken muss, damit in einer Zeit, in der die KADEK den Frieden und die Demokratie anstrebt, die kurdische Frage nicht erneut ins Ungewisse getrieben wird. Auch in der Schweiz gaben 17 verschiedene Organisationen und Institutionen eine gemeinsame Erklärung ab. In dieser Erklärung wiesen sie auf möglichen Gefahren hin, die mit der Aufnahme der PKK in die Liste entstehen können. Sie warnten davor, dass mit dieser Entscheidung erneut ein Hexenjagd gegen ein unterdrücktes Volk durchgeführt werden könnte.


Schweiz: Die EU- Liste ist nicht rechtens

MHA / 09-05-2002
Reaktionen gegen die Aufnahme der PKK in die Liste der terroristischen Organisationen:
In einer schriftlichen Erklärung hat am 08.05.2002 ein Vertreter der Schweizer Bundesanwaltschaft erklärt, dass diese Liste für die Schweiz juristisch nicht bindend ist. Alexander Tschappat erklärte, dass mit politischen Entscheidungen keine juristische Konsequenzen verbunden sind. Es müsse eine detaillierte Recherche im Bezug auf die Liste vollzogen werden. Es müssen konkrete und juristisch Relevante Informationen und Erkenntnisse vorliegen. Diese Art von Beschlüssen müssen rechtlich fundiert und entsprechende Information und Belege vorhanden sein. Sonst können sie aus einer politischen Entscheidung keine juristische Konsequenzen ableiten.

Der Bundesanwalt Velantin Roschacher hingegen erklärte, er werde sich nicht nach den Berichten der internationalen Geheimdienst richten: "Wir haben keinerlei Verbindung zu dieser schwarzen Liste. Uns interessieren die auf der Liste angeführten Organisationen und Personen nicht. Uns interessiert der rechtliche Status dieser Personen in der Schweiz. Wenn es Beweise gibt, dann wird die Justiz aktiv, wenn nicht, werden wir nicht auf Grundlage geheimdienstlicher Berichten handeln.

In einem Interview in der Basler Zeitung erklärt Hansjöerg Mark Widmer, Pressesprecher der Bundesanwaltschaft, dass ihnen 300 Namen von Organisationen, Firmen und Persönlichkeiten mitgeteilt worden sind. Im weiteren sagte er: "Wir wissen nicht, wessen die Organisationen, die Firmen und Personen beschuldigt werden, die auf der Liste angeführt werden und welche rechtlichen Möglichkeiten die haben, um dagegen Einspruch zu erheben."

Der Vorsitzende der "Reporter ohne Grenzen (RSF)": Wir werden weiterhin die Angriffe auf die Pressefreiheit öffentlich machen

MHA / 09-05-2002
Robert Menard, Vorsitzender der Reporter ohne Grenzen, sagte, dass zum ersten Mal ein Land eine solche sinnlose Reaktion zeige, weil es wegen der Verletzung der Pressefreiheit kritisiert worden ist.
Die Stellungnahme ist wie folgt: "Wir haben eine Ausstellung organisiert. Nicht um die türkische Regierung oder den Staat zu kritisieren, sondern Armeemitglieder. In dieser Ausstellung ist auch das Bild des türkischen Generalstabchefs Kivrikoglu. Diese Aktion wird 17 Tage anhalten. (...) Wir werden unsere Ausstellung bis zum letzten Tag durchführen. Das heute morgen Personen der IP Partei (Partei der Arbeiter) kamen und anstelle von Diskussion oder anstelle den Weg des Dialoges zu wählen die Bilder zerstört haben, finden wir antidemokratisch und verurteilen es. Was glauben sie wo sie sind? Anstatt die Notwendigkeiten der Demokratie zu erfüllen und die Pressefreiheit zu garantieren, versuchen sie Angst einzujagen. Das ist nicht zu akzeptieren. Wir werden weiterhin die Länder entlarven, die die Pressefreiheit verletzen und die Pressevertreter verhaften. Zu denen gehört auch die Türkei." (...)

Der stellvertretende Parlamentsvorsitzende des Europaparlements), Renzo Imbeni: Kurden dürfen nicht unter Verdacht gestellt werden

MHA / 09-05-2002
Der Stellvertretender Parlamentsvorsitzende des Europaparlaments, Renzo Imbeni erklärte, dass die Aufnahme der PKK in die Liste "terroristischen Organisationen" der EU die Kurden, die Frieden und Gleichberechtigung fordern, unter Verdacht stellt und daher nicht akzeptiert werden kann.
"Wir wissen, dass die PKK all ihre Tätigkeiten eingestellt hat und sich seit Jahren bemüht, die von ihr begannen Fehler zu korrigieren", so Imbeni weiter.
Die Aufnahme könne wohl eine Vorbeugemaßnahme dafür sein, dass im Namen der PKK keine militärische Aktionen mehr durchgeführt werden, aber es sei nicht zu akzeptieren, die kurdische Kultur, Politik und Bildung sowie die kurdischen Einrichtungen unter Verdach zu stellen und gegen sie vorzugehen. Ob in Europa oder in der Türkei, die politische Betätigung sowie die Organisierung der Kurden sei legitim und stelle gleichzeitig ein Menschenrechts dar, dass nicht verhindert werden könne.
Wir haben der Türkei immer wieder an ihre Aufgaben erinnert, deren Erfüllung als Voraussetzung für den offiziellen Verhandlungsbeginn bezüglich der Mitgliedschaft der Türkei in der EU notwendig sind. Als Europaparlament fordern wir im allgemeinen die Einhaltung der Kopenhagener Kriterien und im speziellen eine dauerhafte Lösung der kurdischen Frage.
Ein Land, das nicht in der Lage ist, seine eigenen kurdischen Staatsbürgern zufrieden zu stellen und Stabilität herzustellen, muss wissen, dass es ständig Probleme geben wird, die sich auf seine internationalen Beziehungen und seine Entwicklung auswirken.

Wenn die Türkei eines Tages nicht wieder Zeuge von Gewalt und Terror werden möchte, sollte sie sich auf eine Autonomie innerhalb ihrer Grenzen vorbereiten, in denen die Kurden sich selbst verwalten können.

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