Köln, 28. April 1998
An die Redaktionen:
Aktuelles/Ausland/Türkei-Kurdistan
Die Vertreter der HADEP bleiben weiterhin in Haft
Razzien der türkischen Polizei in den Vereinsräumen des Mesopotamischen
Kultur Zentrums (MKM)
Italienischer Journalist D. Frisullo aus türkischer
Haft entlassen
Heute, 28. April 1998, fand der erste Prozeßtag gegen den
Vorsitzenden der Demokratiepartei des Volkes (HADEP), Murat Bozlak,
und acht weitere Mitglieder des Parteivorstands vor dem 2. Staatssicherheitsgericht
in Ankara statt. Die Angeklagten sind am 12. Februar dieses Jahres
während einer Razzia in der Zentrale der HADEP festgenommen und in
Elmadag inhaftiert worden. Angeklagt sind sie nach Artikel 168 des türkischen
Strafgesetzbuches, wobei ihnen separatistische Propaganda vorgeworfen wird.
Das Gericht wies einen Antrag auf Freilassung der Politiker ab und vertagte
die Verhandlung auf den 28. Mai 1998.
Tausende Menschen waren aus allen Teilen der Türkei angereist,
um den Prozeß zu beobachten. Sie wurden jedoch bereits auf den Zufahrtsstraßen
nach Ankara gestoppt. Auch HADEP-Mitglieder und HADEP-Vertreter, die den
Prozeß besuchen wollten, wurden vor dem Gerichtsgebäude festgenommen
und mit den Omnibussen zu lokalen Polizeiwachen gebracht.
Die Demokratiepartei des Volkes HADEP erklärte in einer heute
verbreiteten Pressemitteilung, daß die Partei trotz aller Repressionen
und Verfolgung seitens des türkischen Staates ihren legitimen und
legalen Kampf fortsetzen werde. „Unsere Partei ist eine demokratische politische
Organisation, die sich in den kurdischen Gebieten bei den allgemeinen Wahlen
1995 als stärkste Partei erwiesen hat. Sie genießt die Unterstützung
der Mehrheit des kurdischen Volkes. Wir fühlen uns verpflichtet, zusammen
mit unserem Volk unseren Kampf für Freiheit und Demokratie fortzusetzen“,
hieß es in der Erklärung. HADEP fordert alle demokratischen
Persönlichkeiten und Organisationen auf, am nächsten Prozeßtag,
dem 28.05.1998, nach Ankara zu kommen und sie zu unterstützen.
Italienischer Journalist Frisullo wurde heute entlassen
Dino Frisullo, italienischer Journalist, der die diesjährigen
Newroz-Feierlichkeiten in Diyarbakir beobachtet hatte, wurde heute aus
der Haft entlassen. Frisullo war nach Artikel 312 des türkischen Strafgesetzbuches
inhaftiert worden. Ihm wurde vorgeworfen, „Feindschaft unter dem Volk zu
schüren“. Frisullo war seit dem 21. März 1998 in dem berüchtigten
Gefängnis von Diyarbakir festgehalten worden.
Razzien der türkischen Polizei in den Vereinsräumen des Mesopotamischen
Kultur Zentrums (MKM)
Am 28. April 1998, 11.00 Uhr, wurde das Gebäude des Mesopotamischen
Kultur Zentrums MKM in Istanbul von Hunderten türkischer Polizisten
umzingelt und gestürmt. Die Polizisten haben 21 Künstler, Mitarbeiter
und fünf Gäste des MKM festgenommen und die Räumlichkeiten
verwüstet. Im folgenden sind die Namen der Festgenommenen aufgelistet:
Yildiz Gültekin (Künstlerin und Mitglied des Vorstandes von
MKM), Hüseyin Ildan (Musiker der Gruppe „Koma Ciya“), Murat Gökdag
(Techniker des MKM), Erdal Ceviz, Murat Batgi, A. Cabbar Baris, Samye Tunc,
Kazim Ekinci, Alisan Önlü, Minife Yildizhan (SchauspielerInnen
der Theatergruppe „Jiyana Nu“), Esma Eksen, A. Rahman Celik (Mitarbeiterin
der Zeitschrift „Jiyana Rewsen“), Turhan Yapistiran, Serap Sönmez,
(MusikerInnen der Gruppe „Koma Amed“), Cevzet Tatar (Musiker und Sänger),
Kadriye Senses (Sängerin der Musikgruppe „Koma Gule Xerzan“), Newroz
Sahin (Mitarbeiterin der Filmbranche), Abidin Celik (Folklorist), Ciya
Kasirga, Emin Konar (Mitarbeiter des MKM), Vehbiye Aydin (Buchhalterin
des MKM), Fevzi Karamercan, Hilmi Akyol, Serap Mutlu, Veli Haydar Gülec,
Cevdet Tan (Gäste).
Die Zentrale in Istanbul und die MKM-Zweigstellen in Tarlabasi, Mersin,
Izmir, Adana, Diyarbakir und Urfa kritisieren aufs schärfste die Gewaltaktion
der türkischen Polizei.
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