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    PRESSEERKLÄRUNGEN 
  
 
Mai '98
  
                  Köln, 19. Mai 1998 
 
 

An die Redaktionen: 
Aktuelles/Europa/Ausland/Kurdistan/Türkei 

Aufgrund der großen Aktualität und Bedeutung dokumentieren wir nachfolgend die Rede des PKK-Europavertreters, die auf der heutigen Pressekonferenz in Brüssel verlesen wurde, in vollem Wortlaut: 

„Verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse, 

ich begrüße Sie alle herzlich im Namen unseres Volkes und unserer Organisation. 
Heute möchten wir Sie mit dieser Pressekonferenz über die neuen Entwicklungen in der Türkei und in Kurdistan informieren. Wir wollen auf die neue totale Offensive des türkischen Staates, die Militäroperationen und auf die massive psychologische Kriegführung eingehen. Außerdem möchten wir versuchen, die möglichen Entwicklungen und die Positionen der PKK dazu darzustellen. 
                  Verehrte Pressemitglieder, 

wie Sie sicherlich ebenfalls verfolgen, wird in unserem Land Kurdistan ein immer weiter eskalierender grenzenloser Vernichtungskrieg ohne Regeln geführt.  Dieser Vernichtungskrieg wird parallel zu einem psychologischen Krieg vorangetrieben. Der türkische Staat, dessen Dynamik in allen Bereichen ernsthaft blockiert ist, versucht, das kurdische Volk durch einen Genozid zu vernichten. Die türkische Bevölkerung wird unter schamloser Ausnutzung der Medien in einem engen Kreis von Chauvinismus gefangengehalten und die Weltöffentlichkeit soll - wie im Fall Palme - durch Lügen irre geführt werden. 
Die neue Welle des psychologischen Krieges basiert hauptsächlich auf der Behauptung, die PKK sei am Ende, sie sei marginalisiert. Während der türkische Staat einerseits behauptet, er habe die PKK vernichtet, sagt er andererseits, er führe die größte Militäroperation in der Geschichte der Republik durch.  Solch eine großangelegte Angriffs- und Vernichtungsoperation gegen eine „vernichtete und marginalisierte Bewegung“ bedeutet sicherlich nichts anderes, als sich selbst bloßzustellen und die eigenen Lügen zuzugeben. 
Die mit einem großen Paukenschlag begonnene Operation in Botan und die mit noch größeren Erwartungen durchgeführte Operation in Amed, die vor drei Tagen beendet wurden, zeigen eindeutig, wer eigentlich am Ende ist. Diese Operationen enttarnen auch die Lügen des psychologischen Krieges, die vom türkischen Staat seit Jahren verbreitet werden und in der letzten Zeit massiv intensiviert wurden. 
Die am 10. April in Botan begonnene Operation dauerte 11 Tage. Bei den sehr heftigen Auseinandersetzungen hatten unsere Guerillaeinheiten 14 Gefallene und 5 Verletzte, 1 Guerillakämpfer wurde vom Feind gefangengenommen. Die Verluste der türkischen Einheiten betragen 32 Soldaten, 1 Pilot und 4 Dorfschützer, also insgesamt 37. In dieser Zeit wurden 5 Kampfhubschrauber, einer davon von der Marke „Superkobra“, außer Gefecht gesetzt.  Bei dem größten Krieg der türkischen Geschichte, der Operation in Amed (offizielle Bezeichnung der Türkei „Murat-Operation“), an der etwa 100.000 Soldaten, zahllose Kriegsflugzeuge und Kampfhubschrauber teilnahmen und bei dem, nach Angaben des Staates, 24 Generäle die Leitung hatten, hatten unsere Guerillaeinheiten insgesamt 17 Verluste und 8 Verletzte. Die Verluste der türkischen Armee betragen etwa 120. Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen hat die Guerilla zahllose Waffen und Munition erbeutet. 
Der türkische Staat, der von Anfang an, Kurdistan vor allem für Sie, verehrte Pressevertreter und für die gesamte Welt gesperrt hat, hat auf der anderen Seite mit den Medien unter seinem Befehl die eigenen Verluste verheimlicht und die Verluste der Guerilla übertrieben. Er hat die türkische Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit angelogen. Genauer gesagt hat er versucht, sie anzulügen. 
Das gleiche versucht er auch gegenüber dem Westen. Wie allgemein bekannt, wurde der von der Guerilla übergelaufene Verräter Semdin Sakik benutzt, um den Fall PALME, bei dem die Beteiligung der Türkei inzwischen feststeht, erneut zu aktualisieren. Der mit einem großen Paukenschlag an die Öffentlichkeit gebrachte Fall PALME wurde von der „Armee Presse“ schlagartig wieder von der Tagesordnung genommen. 
Die letzten Wochen haben viele Beispiele gezeigt, die eindeutig belegen, daß der türkische Staat keinerlei moralische oder ethische Werte mehr hat. Es sind Beispiele der Barbarei. Mit Entsetzen hat die Welt verfolgt, wie die Leichname von Guerillakämpfern in Begleitung der Presse und faschistischen Staatsbanden von einem Loch in das andere gesteckt und wie sie dabei zerstückelt und mit einer großen Freude der Öffentlichkeit präsentiert wurden. 
Als Ergebnis des eskalierenden totalen Krieges stehen vor allem die HADEP, aber auch alle demokratischen Einrichtungen, Institutionen und Personen Tag und Nacht unter Druck und sind Festnahmen ausgesetzt. Das aktuelle Beispiel hierfür ist der staatliche Mordanschlag auf den Demokraten, den Kämpfer für Frieden und den Freund des kurdischen Volkes, Akin BIRDAL. Offensichtlich war der internationale und der Druck unserer Völker so stark, daß der Ministerpräsident des türkischen Staates außer Kontrolle geriet und behauptete „das ganze sei eine interne Auseinandersetzung“. Erst gestern versprach der Ministerpräsident, daß er ohne Ehre sei, sollte er die Banden nicht auflösen.  Doch schon heute tut er so, als wenn er diese Worte nie gesprochen hätte und läßt über die Presse schamlos Lügen verbreiten. Doch die Angriffe gehen darüber hinaus. Kurdische Studenten werden von der staatlich kontrollierten MHP und von zivilen faschistischen Banden und der Polizei einer nach dem anderen ermordet. 
Es ist offensichtlich, daß der türkische Staat in Zukunft den Krieg und die mit ihm verbundene psyschologische Kriegführung auf einen weiteren Höhepunkt bringen wird. Doch alle seine Lügen können die Wahrheit nicht verbergen. Wir verkünden der ganzen Welt: Der Guerilla- Widerstand erlebt seine stärkste Phase in unserer Geschichte und hat taktisch gesehen seine geeignete Reife erreicht. Unsere Partei und unsere Front erleben unter der Führung unserer Partei einen in unserer Geschichte noch nie gesehenen Zusammenhalt von Millionen von Menschen, die ihre Treue zur Partei und der Parteiführung bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck bringen. 
Der türkische Staat, der es nicht schafft, die Guerilla und die Treue unseres Volkes zu ihr zu besiegen, schlägt panisch um sich: Vor allem bedroht er pausenlos Syrien, Griechenland und alle umliegenden Staaten dieser Region. Mit jeder Art von nachgewiesener Bandentätigkeit und Drogengeschäften, finanziert der Staat die Fortsetzung des Krieges und glaubt, durch Lügen weiter überleben zu können. Vor allem hört man unverhohlen von staatlichen Organen die Mitteilung, daß Sondereinheiten zur Vernichtung von PKK-Kadern und deren Institutionen nach Europa geschickt worden seien. 
Wir möchten ganz Europa auf die Provokationen des türkischen Staates aufmerksam machen. 

Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse, 
das kurdische Volk verdient, wie jedes andere Volk auch, seine Freiheit und führt in dieser Hoffnung einen berechtigten Widerstand. Die türkische Regierung verweigert seit Jahren, trotz Angeboten über Friedensgespräche, eine politische Lösung und sieht eine Lösung des Konfliktes ausschließlich in der Vernichtung des kurdischen Volkes. Die direkte und indirekte Unterstützung dieser Türkei-Politik durch einige europäische Staaten ist offensichtlich. 
Es ist an der Zeit, daß der Westen und vor allem die europäischen Länder diesen terroristischen kolonialistischen Staat mit seinen blutrünstigen Banden besser erkennt und bezüglich der Kurdistan-Politik eine klare politische Linie bezieht. Die neuesten Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland und der letzte Bericht von staatlichen Organen eröffnen den Weg in eine richtige Richtung. Es ist für uns wichtig, daß auch die anderen westlichen Staaten diesen Weg einschlagen. Denn die PKK ist nicht für die Weiterführung des Krieges und das Blutvergießen, sondern für eine politische Lösung. Deshalb unterstützen wir alle Initiativen, die in diese Richtung hin arbeiten. 
Europa sollte sich von der demagogischen Behauptung, „Die PKK übe oder werde in Europa Gewalt ausüben“ lösen. Gegenüber Europa, vor allem gegenüber der Bundesrepublik Deutschland bekräftigen wir erneut: Wir sind fest entschlossen, von all unseren Rechten im Rahmen der staatlichen Gesetze und der Demokratie Gebrauch zu machen und mögliche Mißverständnisse durch Dialoge aus dem Weg zu 
räumen. 
Jetzt, während wir diese Presse-Konferenz durchführen, hat der türkische Staat de facto den Einmarsch in Süd-Kurdistan vollzogen. In einzelnen Gebieten finden schon Kämpfe statt, die zweifellos mit der verräterischen Unterstützung der KDP für die türkische Regierung durchgeführt werden. 
Internationale Institutionen und Staaten, die von Völkerrechten sprechen, sollten auch dieses Mal zu diesem Einmarsch nicht schweigen. 
Während der türkische Staat seinen schmutzigen Krieg in Kurdistan und in den türkischen Metropolen verschärft weiterführt, betreibt er eine neue osmanischen Expansionspolitik, mit der er vor allem die Region des Kaukasus bedroht. Er versucht verstärkt, innerhalb der Turk-Republiken Einfluß zu nehmen und Rußland mit falschen Versprechungen zu beruhigen. Durch seine Pipeline-Projekte versucht der türkische Staat, den Westen für diese Expansionspolitik zu funktionalisieren. Hiermit sagen wir nochmals in aller Deutlichkeit, daß ohne die Zustimmung der PKK keine Erdöl-Pipeline durch kurdisches Gebiet verlegt werden kann. Diejenigen, die solche Vorhaben beabsichtigen, müssen sich genau wie mit der türkischen Regierung, auch mit uns absprechen. 

Verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse, 
das Verhalten der türkischen Regierung in Kurdistan und der türkischen Metropolen betrifft nicht nur unser Volk sondern die ganze Menschheit. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit soll ein ganzes Volk vernichtet werden. Die elementarsten Menschenrechte werden ihm versagt. Kurdistan wird verbrannt, kurdische Parteien und Institutionen sind verboten, Verhaftungen und Gerichtsverhandlungen machen ihnen eine Arbeit unmöglich. 
Die Repressalien in den Gefängnissen, vor allem in Erzurum, nehmen immer mehr zu. In den Universitäten werden Studenten ermordet, nur weil sie Kurden sind.  Kurdische Guerillakämpfer wurden, wie schon in den Medien veröffentlicht, enthauptet. Indem man versucht, die PKK zu vernichten, soll ein ganzes Volk aus der Geschichte gestrichen werden. 
Zweifellos wird unser Volk und seine Führung, die PKK, diesem Versuch nicht tatenlos zusehen. Unser Volk hat in Kurdistan und in den türkischen Großstädten das Recht, darauf zu reagieren und dem Staat Widerstand entgegenzusetzen. Wir rufen auf, von diesem Recht uneingeschränkt Gebrauch zu machen. Zweifellos erfordert der Kampf um die Freiheit seinen Preis. Unser Volk sollte nicht davor zurückschrecken, sich dieser Unterdrückung zu widersetzen. 
Hiermit möchten wir bekräftigen, daß sich unser Widerstand in Zukunft noch mehr verstärken wird. Die PKK ist weder besiegt worden, noch kann sie besiegt werden. Wir möchten keinen Krieg. Wir wollen eine politische Lösung, denn nur eine politische Lösung ist die einzige und wahre Lösung.“ 

                  19.05.1998 
PKK-Europavertretung