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November '98
  
05. November 1998
 

Neue Angriffe auf demokratische Institutionen durch staatliche Banden der Türkischen Republik

Die türkische Regierung greift seit gestern abend, dem 04. November 98, erneut demokratische Institutionen und Einrichtungen an.
Zeitgleich wird die Ausstrahlung des kurdischen Fernsehsenders MED-TV durch aus der Türkei gesendete Störsignale sabotiert.

Seit gestern abend sind der „Verein freier Frauen", die Zeitschriften „Özgür Halk“ und „Yurtsever Genclik“, das „Alternatif Gesellschaftszentrum“, „Kulturzentrum Hundert Blumen blühen“ und die „Vereinigung der werktätigen Frauen“ Repressionen der Polizei ausgesetzt. Heute gegen 13.15 Uhr wurde das Mesopotamische Kulturzentrum (MKM) in Istanbul durch die politische Polizei besetzt. Dabei wurden vier Mitarbeiter des Mesopotamischen Kulturzentrums und vier Gäste festgenommen. 
Bei den Festgenommenen handelt es sich um:
Die Mitarbeiter des MKM Savas Poyraz, Firat Karabulut, Newroz Sahin und Turan Cihanbeyli, sowie die Gäste des MKM Nejat Yildiz, Erdal Gülmüs, Sakir Günder und Murat Cem Delil .

Diese Durchsuchungen wurden auf Anordnung des Gouverneurs von Istanbul durchgeführt.

Seit dem 9. Oktober 1998 senden staatliche türkische Banden gegen MED-TV immer wieder Störsignale aus. Die Angriffe wurden gestern abend erneut und verstärkt vorgenommen und dauern an. Dieser Sabotage wegen kann der einzige kurdische Fernsehsender MED-TV derzeit nicht normal senden. 

Die in der Türkei erscheinende Zeitung Ülkede Gündem, die nicht in den kurdischen Regionen verteilt werden darf, wurde am 24. Oktober 1998 vom Staatssicherheitsgericht mit einem einmonatigen Erscheinungsverbot belegt. 
Am 25. Oktober 1998 wurden zum wiederholten Male die Büros der HADEP (Demokratische Volkspartei) in Istanbul durchsucht; dabei wurden über 500 Personen festgenommen. Gegen den Vorsitzenden von HADEP Istanbul, Mahmut Sakar, und 13 weitere Vorstandsmitglieder wurden danach Haftbefehle vollzogen.
In den Gefängnissen wurden die Angriffe gegen die politischen Gefangenen intensiviert. Besonders im Gefängnis von Erzurum hat sich die Situation zugespitzt. 
Die Förderung des Chauvinismus durch die staatlichen türkischen Banden im Zusammenhang mit dem 75. Jahrestag der Gründung der Türkischen Republik läßt befürchten, daß die Ereignisse der letzten Monate und die neuerlichen Angriffe auf demokratische Institutionen und Einrichtungen nur ein Auftakt waren. 

Wir rufen alle diejenigen, die für Demokratie und Menschenrechte eintreten, zu erhöhter Aufmerksamkeit auf. Der Hintergrund aller innenpolitischen Probleme der Türkei ist die kurdische Frage.
Daher müssen besonders die neue deutsche Regierung und die Regierungen der Europäischen Union ihre Politik in Bezug auf die kurdische Frage überdenken und eine aktive Rolle in der Lösung dieser Frage einnehmen. 
Die deutschen Sozialdemokraten haben den Hitlerfaschismus erlebt und viele Wunden davon getragen, von daher müßten sie am besten die Situation des kurdischen Volkes verstehen können, das heute massiver staatlicher Verfolgung ausgesetzt ist.