Köln, 14. November 1998
Wir dokumentieren Auszüge aus der Pressekonferenz des Europasprechers
der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, Kani Yilmaz, vom 14.November 1998 in
Rom:
Der Europasprecher der PKK, Kani Yilmaz, gab am heutigen Samstag in
Rom bekannt, daß sich der Vorsitzende der PKK, Abdullah Öcalan,
ab heute in einem Hungerstreik befindet. Herr Yilmaz erklärte, die
kurdische Bevölkerung sei in Bewegung und führe mit großer
Begeisterung Aktionen durch, seit der Vorsitzende der PKK sich auf italienischem
Boden befinde. Zusammen mit diesem werde die kurdische Bevölkerung
auch in den Hungerstreik gehen.
Der PKK-Vorsitzende hatte dem Europasprecher Kani Yilmaz mitgeteilt,
er werde nichts akzeptieren, was ihm aufgezwungen werden soll. Er sagte:
„Ich fordere, daß über meinen politischen Status sofort Klarheit
hergestellt wird. Italien soll nicht Deutschland als Vorwand nehmen, wenn
es Hinderungsgründe sieht, mir einen politischen Status zuzugestehen.“
Der PKK-Vorsitzende habe gesagt, in einem solchen Fall könne darüber
nachgedacht werden, auch nach Deutschland zu gehen.
Ferner erklärte Kani Yilmaz: „Die Situation muß geklärt
werden, denn Millionen von Kurden in Kurdistan, in der Türkei und
in Europa befinden sich in Bewegung. In den Gefängnissen haben äußerst
schwerwiegende Aktionen angefangen. Mehmet Aydin, ein Gefangener der PKK
im türkischen Gefängnis von Canakkale, hat sich angezündet.
Seit gestern gehen die Kurden nicht zur Arbeit, die Kinder nicht in die
Schulen, die Geschäfte bleiben geschlossen, viele tausend Kurdinnen
und Kurden versammeln sich in ihren Vereinen. Wir erwarten, daß in
dieser Situation so gehandelt wird, daß es dem Willen des kurdischen
Volkes entspricht. Wir sind davon überzeugt, daß die italienische
Regierung in diesem Sinne handeln wird. Wir appellieren an das italienische
Volk, an dessen Freunde und an die Freunde des kurdischen Volkes, aufmerksam
zu sein. Zehntausende Kurden sind auf dem Weg nach Rom. Das ist auch ganz
natürlich.“ Kani Yilmaz sagte weiter: „Nachdem bekannt wurde, daß
die deutsche Bundesanwaltschaft in Erwägung zieht, von Italien die
Auslieferung des Vorsitzenden der PKK zu verlangen, ist auch in Deutschland
die kurdische Bevölkerung aufgestanden. Deutschland muß sein
Vorgehen jetzt sofort klarstellen und die Öffentlichkeit darüber
informieren.“
Kani Yilmaz sprach von einem Komplott, in dem sowohl der russische Ministerpräsident
Primakow als auch der griechische Ministerpräsident Simitis eine Rolle
gespielt hätten. Dieses Komplott habe in dem Attentatsversuch auf
den Vorsitzenden der PKK am 9.10.1998 in Syrien gemündet.
„Der Vorsitzende Apo verkörpert nicht nur die Führung des
kurdischen Volkes, sondern auch des gesamten Mittleren Ostens. Er ist der
Schlüssel zum Frieden im Mittleren Osten,“ sagte Kani Yilmaz. „Jede
abweisende Haltung gegenüber dem Vorsitzenden der PKK richtet sich
also auch gegen den Frieden. Deshalb sollten alle unsere Freunde besonders
aktiv werden, damit der politische Status unseres Vorsitzenden schnell
geklärt wird.“
Im Verlauf der Pressekonferenz nahm Kani Yilmaz Stellung zu der aktuellen
türkischen Politik: „Einerseits leugnet dieser Staat ein Volk von
40 Millionen Menschen und akzeptiert noch nicht einmal deren Sprache. Er
zündet 3500 Dörfer an, läßt hunderte „Morde unbekannter
Täter“ verüben, foltert die Gefangenen in den Gefängnissen,
ignoriert alle bisherigen politischen Lösungsversuche und Angebote
für einen Waffenstillstand. Er ist mit den Strukturen der Mafiabanden
verbunden. Andererseits gibt es eine Kraft, die das legitime Selbstverteidigungsrecht
des kurdischen Volkes vertritt.“
Kani Yilmaz schloß die Pressekonferenz mit der Bemerkung: „In
dieser Sache muß sich jeder selbst entscheiden, welche Seite er bevorzugt.“