Köln, den 03.02. 1999
Im folgenden dokumentieren wie die Presseerklärung der Nationalen
Befreiungsfront Kurdistans, ERNK vom 02. Februar 1999, im vollen Wortlaut:
Der politische Prozeß, der mit dem Attentatsversuch auf den Vorsitzenden
der PKK, Abdullah Öcalan, vom 9. Oktober seinen Lauf nahm, dauert
noch an. Der PKK-Vorsitzende erhält sein Bestehen darauf, daß
das kurdische Problem auf die Tagesordnung politischer Körperschaften
gesetzt wird, aufrecht. Er hat seinen Gang nach Moskau und Rom mit dem
Ziel, die EU- Mitgliedsstaaten an ihre Verantwortung bei einer Lösung
dieses Problem zu erinnern, fortgesetzt.
Das Komplott jener Kreise, die solch einen politischen Prozeß
behindern und den Genozid am kurdischen Volke durch eine Verschärfung
des Krieges beschleunigen wollen, weitet sich zunehmend aus. Die Ankunft
unserer Parteiführung in Europa hat wertvolle Möglichkeiten geschaffen,
sei es zur Beantwortung jener Stimmen, die ihre bisher mit dem Argument
hinausgezögert haben, daß kein Ansprechpartner vorhanden sei,
oder sei es zu einem Beginnen eines Friedensprozesses durch das Unterbreiten
konkreter Vorschläge. Das Fehlen einer politischen Haltung zur kurdischen
Frage auf Seiten der EU- Mitgliedsstaaten – wie rege auch immer das Lösungspaket,
das diesen Ländern unterbreitet hat, diskutiert werden mag, es ist
nicht zum offiziellen Diskussionspunkt geworden und hat auch keine konkreten
Stellungnahmen nach sich gezogen – hat ebenso wie die Regungslosigkeit
im Jugoslawien- Problem auch dieses Mal wieder den Anlaß dafür
geliefert, daß die USA einen Schwerpunkt gesetzt haben.
Die USA, welche zum Schutz ihrer Interessen in der Region nicht davor
zurückschreckt, regionale Kriege zu entfachen, benutzt weiterhin die
kurdische Karte. Die USA kennt keine Grenzen dabei, die militärische
und politische Konjunktur zu erreichen, auf die sie im Mittleren Osten
abzielt. Ebenso wie sie in der Türkei bereits militärische Stützpunkte
errichtet hat, verwandelt sie auch den Kaukasus in einen einzigen militärischen
Stützpunkt und nimmt so das Gebiet unter ihre Kontrolle. Die kurdische
Frage, das brennendste Problem des Mittleren Ostens und Europas, soll durch
die direkte Zusammenarbeit der USA, der Türkei und Israels mit einer
pauschalen Vernichtung abgeschlossen werden. Unser nationaler Vorsitzender
Abdullah Öcalan, der zum direkten Ziel dieses Komplottes gemacht werden
sollte, hat diese Bemühungen ins Leere laufen lassen und ist nach
Europa gekommen, um die europäischen Länder zu ermahnen, ihre
Rollen zu spielen.
Angesichts der Diskussionsprozesse und Lösungsversuche, die mit
der Phase Rom begannen, hat das Bündnis USA- Türkei- Israel auch
in seinen provokativen Initiativen einen Gang zugelegt und auch seine Politik
des Druckes gegen EU- Mitgliedsstaaten auf einen Höhepunkt getrieben.
Es ist nicht hinnehmbar, daß immer noch keine konkrete Politik formuliert
worden ist, obwohl in den Sitzungen internationaler Institutionen wiederholt
zur Sprache gebracht worden ist, daß eine Lösung ohne die PKK,
welche auf Millionen von UnterstützerInnen in den vier Teilen Kurdistans
zählen kann, kein Resultat erbringen kann, und obwohl dies sich einem
Beschluß der EU ausdrückt; und daß gegenüber dem
Druck der USA Konzessionen gemacht werden.
Es ist offensichtlich, daß die Lösungsvorschläge in
sieben Punkten, die unser nationaler Vorsitzender, der PKK-Vorsitzende
Abdullah Öcalan, unterbreitet hat, den Interessen aller Völker
und Minderheiten dienen, die innerhalb der Grenzen der Türkei leben
und in der Türkei eine Demokratisierung auslösen werden. Auch
die Aufnahme der Türkei in die EU, die jetzt als das Militärregime
was sie ist jegliche Gelegenheit zu nutzen versucht, um in die EU aufgenommen
zu werden, ist auf dieser Grundlage möglich.
Vor diesem Hintergrund muß den Aktivitäten und Angriffen
jener Kreise mit Vorsicht begegnet werden, die den politischen Prozeß
zu behindern versuchen, der dem legitimen Kampf unseres Volkes in Person
unseres Parteivorsitzenden gegenüber erbracht wird. Die Lage, in welche
Europa gegenüber der häßlichen Politik gekommen ist, welche
türkische Stellen vom Staatspräsidenten bis hin zu den Presseorganen
verfolgen, verdient Beachtung und gibt Anlaß zu Bedenken. Europa
muß hinsichtlich der Angriffe auf den PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan
und der Bemühungen, ihn zu individualisieren, eine sensiblere Haltung
einnehmen und darf nicht für die Interessen der Türkei instrumentalisiert
werden.
In diesem Sinne rufen wir die Vereinten Nationen und die Europäische
Union, den Europarat, das Europäische Parlament, die OSZE und die
Westeuropäische Union dazu auf, Antworten auf die Friedensvorschläge,
die unsere Parteiführung vorgebracht und den Dialog, den sie begonnen
hat, zu erbringen und rufen alle demokratischen Kreise zur Anteilnahme
auf.