Köln, den 17. Februar 1999
Stellungnahme des Kurdistan Informations-Zentrums Köln zur aktuellen
Situation
Seit dem 9. Oktober 1998 konnte die Öffentlichkeit Zeuge eines
internationalen Komplotts gegen die Kurdische Befreiungsbewegung und den
Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, Abdullah Öcalan werden.
Die Hetzjagd folgte einer Vernichtungsstrategie und richtete sich gegen
die Person von Abdullah Öcalan. Doch eigentliches Ziel des Komplotts
war und ist die Kurdische Befreiungsbewegung.
Die griechische Regierung, die bisher der kurdischen Bewegung gegenüber
sehr freundlich gesonnen war, bot dem Vorsitzenden der PKK in ihrer diplomatischen
Residenz in Nairobi (Kenia) vorübergehend scheinbar sicheren Aufenthalt.
Doch mit den Ereignissen am 15. Februar 1999 wurde klar, daß die
griechische Regierung eine vollkommene Kehrtwendung vollzogen hat und sich
aktiv an dem Komplott gegen Abdullah Öcalan beteiligte. An diesem
Tag wurde der PKK-Vorsitzende gegen 18.00 Uhr von kenianischen Sicherheitskräften
festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht, wo er der türkischen
Regierung übergeben wurde. Diese absolut rechtswidrige Verschleppung
verstößt gegen internationales Recht und ist ein schwerwiegender
Angriff gegen Abdullah Öcalan. Die USA, Israel, die Türkei, Griechenland
und Kenia waren aktiv an diesem Angriff beteiligt.
Es ist bekannt, daß der PKK-Vorsitzende in Rom am 12. November
1998 eintraf, um eine friedliche politische Lösung zur Beendigung
des Krieges in Kurdistan zu finden. Mehrfach richtete er in dieser Hinsicht
Appelle an die europäischen Regierungen und unterbreitete mit dem
7-Punkte-Plan einige konkrete Vorschläge. Obwohl die europäischen
Regierungen als Voraussetzung, sich für einen Friedensprozeß
einzusetzen, Forderungen an die kurdische Befreiungsbewegung gestellt haben,
blieb Europa in der konkreten Situation, als es gefordert war, stumm und
tatenlos. Europa forderte den Waffenstillstand seitens der PKK, ein einseitiger
Waffenstillstand wurde zum 1. September 1998 erklärt. Europa forderte
die Anerkennung der Unteilbarkeit der Türkei und wie dem 7-Punkte-Plan
und vielen Äußerungen des PKK-Vorsitzenden zu entnehmen ist,
wurde auch diese Forderung berücksichtigt.
Europa trägt an der Verschleppungssaktion gegen Abdullah Öcalan
und der daraus entstandenen angespannten Lage des kurdischen Volkes in
der Türkei, Kurdistan und Europa große Verantwortung. Tausende
von Kurdinnen und Kurden in Europa reagierten auf die Nachricht von der
Verschleppung des PKK-Vorsitzenden spontan und sehr emotional. Nur wer
menschliche Empfindungen nicht versteht, kann diese Reaktionen als kriminell
bezeichnen. Die Drohungen des deutschen Innenministers Schily, die beteiligten
Menschen mit „Härte“ zu verfolgen und „soweit als möglich“ abzuschieben,
soll diese kurdischen Menschen in ihrer angespannten Lage einschüchtern
und erniedrigen.
Nie wurde bisher auch nur ein konkreter Schritt seitens der europäischen
Regierungen, auch der Bundesregierung unternommen, wenn die Forderung nach
einer politischen Lösung des Krieges in Kurdistan erhoben wurde. Sobald
die Kurden aber Protestaktionen gegen Angriffe auf ihre Führung und
ihre politische Organisierung unternehmen, wird ihnen gedroht. Nichts zeigt
die Doppelmoral deutlicher, als diese aktuellen Erklärungen. Anstatt
die Ursachen zu bekämpfen und planvolle Schritte für die Beendigung
des Krieges in Kurdistan einzuleiten, werden die Kurden kriminalisiert.
Was ist das für ein Verständnis von Demokratie?
Seit Gründung der Türkischen Republik und besonders verschärft
in den letzten 15 Jahren, führt bisher jede türkische Regierung
einen Vernichtungskrieg gegen das kurdische Volk. Die Folgen dieses Krieges
sind hinreichend bekannt und dokumentiert. Aber welche Maßnahmen
wurden von den europäischen Regierungen, von der Bundesregierung eingeleitet,
um das mörderische System in der Türkei zu stoppen? Wurde jemals
ein Lösungsvorschlag gemacht, der von den Kurden nicht bedacht und
befolgt wurde?
Das Leben des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan ist in höchster
Gefahr. Die mehreren hundert anhängigen Verfahren, die vielen Verurteilungen
der Türkei durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in
Straßburg belegen die miserable Menschenrechtslage in der Türkei.
Folter ist in den türkischen Gefängnissen an der Tagesordnung.
Rechtsstaatliche Verfahren gibt es nicht. Vor allem nicht von den Staatssicherheitsgerichten,
DGM, die auch vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof nicht als
ordentliche und unabhängige Gerichte anerkannt werden, da sie Militärgerichte
sind. Ein fairer Prozeß für Abdullah Öcalan vor einem solchen
Gericht ist nicht zu erwarten. Das zeigt nicht zuletzt die Anordnung des
türkischen Innenministeriums, der Anwältin des PKK-Vorsitzenden
und zwei weiteren Anwälten aus den Niederlanden, die Einreise in die
Türkei und ein Gespräch mit ihrem Mandanten zu verweigern.
Die demokratischen Organisationen und Institutionen in Europa sind ebenso
wie die europäischen Regierungen aufgefordert, Schutz und Garantie
für das Leben des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan in der Türkei
sicherzustellen. Internationale Delegationen sollten in die Türkei
reisen und durch einen Besuch bei dem PKK-Vorsitzenden die Haftbedingungen
prüfen.
Die internationale demokratische Öffentlichkeit ist aufgefordert,
den weiteren Entwicklungen gegenüber äußerst aufmerksam
zu sein.
Für Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Nummer 0221-13 00 453.