Köln, den 02.06.1999
Aufgrund der aktuellen Entwicklung dokumentieren wir im folgenden
eine Erklärung des PKK-Parteipräsidiums vom 2.6.1999:
An die Medien und die Öffentlichkeit
Unterstützen Sie die Bemühungen für eine demokratische
Lösung der kurdischen Frage
Die ersten zwei Tage des Jahrhundertprozesses sind abgeschlossen. Die
kurdische Frage und die Notwendigkeit einer Lösung stellt eines der
größten Probleme des 20. Jahrhunderts dar. Mit den weitreichenden
Ausführungen des Vorsitzenden Abdullah Öcalan wird dieses Problem
in der ganzen Welt vorrangig diskutiert. Je nach Sichtweise und Grundlage
der jeweiligen Eigeninteressen nehmen sämtliche politischen Kreise
und Presseorgane an der Diskussion teil.
Im Verlauf des Prozesses beabsichtigt der Vorsitzende Abdullah Öcalan
auf der Grundlage des Strebens nach Frieden und Brüderlichkeit umfassende
Lösungswege für eine demokratische Lösung der kurdischen
Frage zu entwickeln.
Wie bekannt, wurde unser Vorsitzender im Rahmen eines internationalen
Komplotts, unter Außerachtlassung gängigen internationalen Rechts,
in einer Nacht und Nebelaktion entführt und in die Türkei verbracht.
Nach einer unter schwerem psychologischen Druck durchgeführten Anhörung
ist man nun an der jetzigen Prozeßphase angelangt. In dem Prozeß
setzt sich der schwere psychologische Druck fort. Auch tritt klar hervor,
in welche Richtung die Presseorgane mit ihrer einseitigen Berichterstattung
gegenüber der Öffentlichkeit hinarbeiten. Ohne Zweifel wird jeder
anerkennen, daß in einer solchen Umgebung eine gerechte und demokratische
Verurteilung nicht möglich ist.
Trotz dieser negativen und schweren Bedingungen machte der Vorsitzende
Abdullah Öcalan, in der großen Verantwortung gegenüber
der Geschichte und dem Befreiungskampf unseres Volkes, Ausführungen
zu einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage, Frieden und Brüderlichkeit.
Er machte klar, daß er das Blutvergießen zwischen dem kurdischen
und türkischen Volk stoppen will, dafür schon seit 1993 mit mehreren
Waffenstillständen gearbeitet hat und erklärte, daß er
für den Frieden und die Brüderlichkeit leben wird. Trotz der
Kritik von Kreisen, die aufgrund fehlender politischer Kraft keinen einzigen
Schritt im Bezug auf die Kurdenpolitik unternommen und die ihnen gegebenen
großen Möglichkeiten nicht genutzt haben, waren die Ausführungen
unseres Vorsitzenden äußerst niveauvoll, umfangreich und lösungsorientiert.
Die dabei an den Tag gelegte Annäherung war in hohem Grade vom Reife,
Respekt und Verantwortung geprägt. Die, die große Kriege führen,
wissen auch wie man Frieden macht und orientieren sich dabei sehr genau
an der Wirklichkeit. Die von unserem Vorsitzenden unter großem persönlichen
Einsatz der türkischen Republik angebotene Lösungsmöglichkeit
ist der einzige richtige Weg zum Frieden und zur Brüderlichkeit zwischen
dem türkischen und kurdischen Volk, Dies liegt auch im Interesse aller
Völker. Unsere Parteiorganisation steht vollkommen und mit großer
Einheit hinter dem historischen Bemühungen unseres Vorsitzenden und
unterstützt diese mit seiner ganzen Kraft. Doch ist festzustellen,
das unsere Partei und unser Vorsitzender, wie auch schon bei vorherigen
Waffenstillständen, ohne Ansprechpartner bleibt. Die einen tiefen
Sinn transportierenden Worte unseres Vorsitzenden werden ihres Inhaltes
entleert und verfälscht. Während insbesondere die türkische
Republik und sämtliche regionalen, wie auch die führenden Weltmächte
die Verantwortung an dem über das Jahrhundert andauernde kurdische
Problem tragen, stellt man unserem Vorsitzenden die Familien der im Krieg
getöteten Soldaten gegenüber. Während unser Vorsitzender
sich auf Frieden und Brüderlichkeit konzentriert, spricht die Gegenseite
nur von Blut. Es ist absolut notwendig, daß diese Situation ohne
Umschweife berichtigt wird und wirkliche Ansprechpartner mutig hervortreten.
Ist dies der Fall und wenn insbesondere die türkische Republik, wie
auch alle anderen Ansprechpartner eine positive Antwort geben, dann ist
der Weg zur einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage gegeben.
Mehr als wir trägt die türkische Republik Verantwortung an dem
jetzigen Ausmaß des kurdischen Problems. Auch tragen die regionalen
Staaten, die Vereinigten Staaten von Amerika und Europa die Verantwortung
daran. Insbesondere Amerika und Europa tragen die Verantwortung daran,
daß unser Volk und seine sich entwickelnde eigene Verwaltung, in
der Person unseres Vorsitzenden, in der genannten schwierigen Lage befindet.
Unser Volk, daß über das Jahrhundert hinweg großes Leid
und Massaker zu erdulden hatte, und seine Führung, unser Parteivorsitzender,
erträgt mit dem Glauben an die Hoffnung auf die nationale Befreiung
in diesem Prozeß ein großes Leid. Es ist nun an der Zeit, daß
die dafür verantwortlichen Kräfte diese Realität sehen und
ihrer Verantwortung nachkommen.
Ohne Zweifel hat der fünfzehnjährige Krieg, welcher dieses
Problem bis zu dem heutigen Niveau gebracht und auf die Tagesordnung der
Welt gesetzt hat, großes Leid und Vernichtung mit sich gebracht.
Während Tausende unserer Guerilleros, die aufrechten Kinder unseres
Volkes, gefallen sind, verloren auch Tausende von türkischen Jugendlichen
ihr Leben. Wenn, wie immer von unserem Vorsitzenden betont, nicht solch
ein großes Problem existieren würde, so wäre nicht ein
einziger Tropfen dieses Blutes vergossen worden. Jedoch hat der Umfang,
der historische Rahmen und die Kompliziertheit jenes Problems einen solchen
Krieg mit seinen Folgen hervorgebracht. Diese Realität muß gesehen
und sich dem entsprechend verhalten werden. Unser Vorsitzender legt ein
Verhalten an den Tag, daß dem großer Kämpfer würdig
ist. Sich mit einer großen Verantwortung zu entschuldigen beweist
Größe. Unter Beachtung der vorhandenen Sensibilität, verhält
er sich gegenüber dem türkischen Volk respektvoll. Aber auch
bei unserem Volk bestehen sensible Punkte und gibt es großes Leid.
Denn der größten Vernichtung waren wir ausgesetzt und das meiste
Leid mußten wir ertragen. Während die Mehrheit der im Krieg
getöteten türkischen Jugendlichen ein Grab besitzt, welches besucht
werden kann, besitzen wir nicht einmal das. Die türkische Öffentlichkeit
sollte auch einmal diese Realität sehen und ihr etwas respektvoller
begegnen.
Unser Vorsitzender hat mit der bei Führen erkennbaren Größe
und dem dazugehörigen persönlichen Einsatz alles für eine
demokratischen Lösung der kurdischen Frage in die Waagschale geworfen.
Diese freie und aufrechte Haltung sollte unbedingt richtig verstanden
und beantwortet werden. Wenn sie seitens der türkischen Republik,
der regionalen und anderweitigen Ansprechpartner als Schwäche ausgelegt
wird, so befinden sich diese in einem gewaltigen Irrtum. Wir sind als Partei,
Guerilla und Volk zu allem bereit. So wie wir 15 Jahre gekämpft haben,
so können wir wenn notwendig nochmals den gleichen Zeitraum kämpfen
und haben hierfür sämtliche notwendigen Vorkehrungen getroffen.
Jedoch sind wir der Meinung, daß fünfzehn Jahre Krieg genügen.
Des weiteren sind wir der Ansicht, daß eine weitere Verlängerung
des Krieges niemandem einen Nutzen bringt und streben eine demokratische
Lösung an, die den Frieden und die Brüderlichkeit ermöglicht.
Auf diese Grundlage rufen wir unsere Partei, unser Volk und unsere Freunde
dazu auf, mit großer Aufmerksamkeit und Einheit, sich und ihre Organisationen
mit der Anwendung aller möglichen Methoden auf den Kampf vorzubereiten.
Des weiteren rufen wir dazu auf, die jetzige Phase mit großer Reife
und Bewußtsein zu begreifen, um mit allen Möglichkeiten den
Kampf des Vorsitzenden Abdullah Öcalan für eine demokratische
Lösung zum Erfolg zu führen. |