Köln, den 10.06.1999
An die Redaktionen
Inland/Ausland/Mittlerer Osten/Kurdistan/Türkei
Im folgenden dokumentieren wir eine Erklärung des PKK-Präsidiums
vom 10.06.99
An die Öffentlichkeit und die Presse
"Ein Todesurteil wird der Anfang eines neuen Aufstandes
sein"
Die erste Hälfte des Jahrhundertprozesses im Imrali ist abgeschlossen.
Der Vorsitzende Abdullah Öcalan hat mit seiner ausführlichen
Erklärung für ein friedliches und brüderliches Zusammenleben
des türkischen und kurdischen Volkes auf der ganzen Welt Aufmerksamkeit
erregt. Trotz der Erklärung A. Öcalans weicht die Staatsanwaltschaft
von der Forderung der Todesstrafe nicht ab.
Zuerst möchten wir darauf hinweisen, daß das Gericht durch
Mißbrauch der Familien der gefallenen Soldaten einseitig und propagandistisch
gestaltet worden ist. In allen Medien werden die Emotionen hochgeschaukeit,
um den Prozeß zu beeinflussen. Wenn unser Vorsitzender für die
ganzen Folgen des Krieges verantwortlich sein soll, wie vom Gericht behauptet
wird, warum wurden dann die Familien der gefallenen Guerillas zur Verhandlung
nicht zugelassen? Sind sie nicht auch Opfer dieses 15-Jährigen Krieges?
Es ist offensichtlich, daß eine Verurteilung in dieser Form niemals
gerecht und demokratisch sein kann. Es gibt Menschen, die die hartnäckigen
Bestrebungen unseres Vorsitzenden für eine demokratische Lösung
der Kurden-Frage und seine Aufrufe für Frieden und Brüderlichkeit
für eine Schwäche halten. Diese hoffen, durch Provokationen jeder
Art einen türkisch-kurdischen Krieg hervorzurufen. Die Vollstreckung
des Todesurteils wird dem Wunsch zur Fortführung dieses Krieges gleichkommen,
Diese Kreise sehen in einem solchen Krieg nur ihre kleinlichen Interessen
und dies bedeutet eine Katastrophe für die Türkei. Diese Hinrichtung
wird zu einem verschärften, jahrzehntelang-andauernden Krieg führen
und das ist keinenfalls im Interesse der Türkei und des türkischen
Volkes. Wir, das ganze kurdische Volk, verstehen und Empfinden, daß
die Forderung nach der Todesstrafe der Staatsanwaltschaft auf Imrali mit
einem Todesurteil für unser ganzes Volk gleichzusetzen ist. Das wiederum
führt zu einem neuen Genozid an unserem Volk. Selbstverständlich
wird sich unser Volk dagegen bis zuletzt widersetzen. Schon jetzt können
wir klarstellen, daß nach einem solchen Todesurteil ein neuer 15-jähriger
Krieg ausbrechen wird. Wir wissen aus der Geschichte, daß die Hinrichtungen
von Seih Said und Seyid Riza zum Aufstand der PKK geführt haben. Die
Wiederholung historischer Fehler, die die kurdische Frage nicht lösen,
wird im 21. Jahrhundert einen noch größeren und längeren
Aufstand hervorrufen. Natürlich worden wir nicht die Verantwortlichen
einer solchen Situation sein. Es ist ein Widerspruch in sich, daß,
während man auf Imrall einen Aufstand angeblich verurteilt, man gleichzeitig
aber den Boden für einen neuen Aufstand bereitet. Zudem war der Vorsitzende
Abdullah Öcalan von Anfang an in der Führung und im Bereich des
politischen Kampfes tätig und hat sich niemals an der Ausführung
militärischer Aktivitäten beteiligt. Das heißt, daß
er nicht an der Praxis der Tausenden bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt
war, für die er verantwortlich gemacht wird. Darüber hinaus hat
er niemals die Seiten dieses Krieges, die internationalem Kriegsrecht widersprechen,
akzeptiert und hat sich in diesem Kampf große Mühe gegeben,
um solche Situationen zu vermeiden, Deswegen hat die Forderung der Staatsanwaltschaft
nicht einmal eine juristische Grundlage.
Während die Türkische Republik auf der einen Seite einen solchen
Prozeß auf Imrali führt, propagiert sie auf der anderen Seite
in den Medien, unsere Partei habe sich gespalten und versucht dadurch,
die Hoffnung unseres Volkes auf Befreiung zu zerstören, Ganz im Gegenteil,
jegliche Propaganda in Bezug auf eine Spaltung unserer Partei ist falsch,
und jede derartige Erwartung ist vergeblich, Es ist nicht so einfach, die
Partei des Vorsitzenden Abdullah Öcalan zu spalten, dem es gelungen
ist, den traditionellen Kurden zu verändern. Die Realität des
Vorsitzenden Apo ist in unserer Partei so verankert, daß der innere
Zusammenhalt und die Einheit der Partei nie so stark war wie heute.
Der Vorsitzende Abdullah Öcalan hat im Gericht auf Imrall ein detailliertes
Projekt für eine demokratische Republik vorgeschlagen und auf dieser
Grundlage auf die Befreiung der kurdischen Gesellschaft und die Lösung
der kurdischen Frage hingewiesen. Eine demokratische Republik und die Lösung
der Kurdischen Frage auf einer friedlichen und brüderlichen Basis
wird in der Türkei den sozialen Frieden schaffen. Das ist der einzige
Weg für einen starken und gemeinsamen Start der Türken und Kurden
ins 21. Jahrhundert. Eine solche Lösung ist nicht nur im Interesse
des türkischen und kurdischen Volkes, sondern auch im Interesse aller
Länder in der Region und der Welt. Nur diejenigen, die von diesem
Krieg profitieren, können an der Fortführung dieses Krieges ein
Interesse haben. Wir unterstützen einhellig und in jeder Konsequenz
alle Bemühungen und Aufforderungen des Vorsitzenden Abdullah Öcalans
bezüglich einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage. Wir
erklären, daß unsere Partei alle neuen Schritte zu Verhandlungen
unterstützen und sich daran beteiligen wird.
Es ist offensichtlich, daß das Gericht auf Imrali ein Ergebnis
internationaler Entscheidungen und Pläne ist. Deswegen sind alle Mächte
dieser Weit für das Leben des Vorsitzenden Apo und für die Lösung
der kurdischen Frage mitverantwortlich. Alle friedlichen und demokratischen
Kräfte dieser Welt müssen in diesem Zusammenhang ihre Verantwortung
wahrnehmen und ihre Bemühungen verstärken. Wenn die Hinrichtung
vollstreckt ist, würden alle Worte keinerlei Bedeutung mehr haben.
Wir rufen alle Mächte auf, allen voran die USA, in dieser Kritischen
Phase Ihren Einfluß auf die Türkei geltend zu machen.
An unser patriotisches Volk appellieren wir, weiterhin dem Vorsitzenden
Apo zu vertrauen. Wenn der Vorsitzende Apo sagt, daß der Frieden
in unserem Interesse ist, dann ist das das Richtige und wir müssen
mit aller Macht dafür kämpfen, um den Frieden zu erreichen.
10.Juni1999 Parteipräsidium der PKK
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