Berlin, 29. Juni 1999
Im folgenden dokumentieren wir die Erklärung des Präsidialrates
der Arbeiterpartei Kurdistans PKK vom 29. Juni 1999 anläßlich
des Todesurteils gegen Abdullah Öcalan.
Das in Imrali gefällte Urteil heißt Beharren
auf der Leugnung und Vernichtung der kurdischen Nation
Der erste Teil des Komplotts gegen den Führer unserer Nation, den
Verteidiger der Menschheit und des Friedens, Genossen Abdullah Öcalan,
der am 15. Februar 1999 in einem internationalen Piratenakt an die Türkei
ausgeliefert wurde, wurde heute, am 29. Juni 1999 durch das Urteil im Prozeß
in Imrali abgeschlossen. Dieses Urteil, das in keiner Weise, weder von
unserer Partei noch von unserem Volk, Anerkennung findet, wird sowohl zur
historischen Verantwortung der internationalen Kräfte führen
als auch als schwarzer Fleck die Geschichte des türkischen Volkes
negativ beeinträchtigen. Aus der Sicht der menschlichen Gerechtigkeit
stellt dieses Urteil eine unverzeihliche Schuld dar und bedeutet das Verharren
auf der Leugnung und Vernichtung des kurdischen Volkes. Es ist offensichtlich,
daß in Imrali versucht wird, nicht nur eine Person sondern eine Nation
zu verurteilen, und daß das Todesurteil über ein Volk gefällt
worden ist. Die Welle des Chauvinismus seit Beginn des Prozesses am 31.
Mai 1999, die provokative Haltung der türkischen Medien und die Sitzung
des Nationalen Sicherheitsrates (MGK) vor der Urteilsverkündung haben
das Urteil bestimmt. Durch verschiedene Verdrehungen wurde versucht, die
Aufmerksamkeit des türkischen und kurdischen Volkes sowie der Welt
vom Prozeß gegen unseren Vorsitzenden abzulenken. Das Datum der Urteilsverkündung
am 29. Juni wurde bewußt gewählt. Doch diejenigen, die dieses
Datum ausgewählt und das Urteil gefällt haben, sollten sich die
Fehleinschätzung, Kurdistan wäre noch dasselbe wie 1925 (Am 29.
Juni 1925 wurde der Führer des bisher größten Kurdenaufstandes,
Scheich Said zusammen mit 40 weiteren Anführern in Diyarbakir durch
den Strang hingerichtet; Anm. d. Übers.) und das kurdische Volk wäre
führungslos, unorganisiert und ohne Armee, aus dem Kopf schlagen.
Unser Präsidialrat wird sowohl das Verhalten des türkischen
Staates, der mit dem Galgen die Antwort auf die Forderung nach Frieden
und Demokratie gab, als auch die Reaktionen der internationalen Kräfte,
die in dieser Angelegenheit in der ersten Linie der Verantwortung stehen,
aufmerksam beobachten. Alle unsere Partei-, Armee- und Frontmitglieder
werden sich dieser tiefgreifenden historischen Entwicklung bewußt
sein und alle Vorbereitungen auf Entwicklungen in dieser Frage mit höchster
Alarmbereitschaft treffen. Auch wird unser Volk sowohl in der Heimat als
auch außerhalb Kurdistans seine Reaktionen massenhaft in einem demokratisch-politischen
Rahmen zum Ausdruck bringen. Das gefährliche Urteil wird nicht nur
die Türkei und Kurdistan, sondern die ganze Region in das Feuer einbeziehen.
Unser Volk wird die Welt vor eventuellen Entwicklungen in diesem Zusammenhang
warnen. Das politische Todesurteil, das am 29. Juni gegen unseren Vorsitzenden
verhängt wurde, ist als staatliche Drohung gegen die legitimen demokratischen
Rechte und eine Zukunft unserer Nation in Freiheit gerichtet. Aus diesem
Grund rufen wir alle kurdischen nationalen Kräfte, Institutionen und
Freunde auf, sich neben öffentlichen Stellungnahmen zusammen mit unserem
Volk an ständigen kleineren Protestaktionen unter dem Motto „Freiheit
für den Vorsitzenden Apo und Frieden in Kurdistan“ zu beteiligen.
Auch die politischen Kreise in der Türkei und der ganzen Welt müssen
innerhalb sehr kurzer Zeit ihre Stellungnahmen zu dem Urteil abgeben. Zweifellos
ist die Urteilsverkündung der erste Schritt in einer neuen Etappe.
Der Präsidialrat der PKK wird das Verhalten aller Seiten beobachten,
die Entwicklungen aufmerksam bewerten und dazu die notwendigen Schritte
benennen. Die Geschichte wird unser Volk und unseren Vorsitzenden freisprechen.
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