Berlin, 28.10.1999
Durch Waffenlieferungen aus Deutschland wird dem Krieg
in Kurdistan Zündstoff geliefert
Die geplante Lieferung des Leopard II Panzers an die Türkei,
hat in der Bundesrepublik Deutschland eine Diskussion entfacht,
welche die Rot-Grüne Regierung erneut in den Mittelpunkt
der Kritik stellt.
Denn es ist dieselbe Regierung, die den Balkankrieg, dessen
schreckliche Wunden immer noch nicht vergessen sind, durch
das Thema "Menschenrechte" legitimierte. Das dem
nicht so ist, wird auch in anbetracht der "Deutschen
Mark" als neues Zahlungsmittel im Kosovo deutlich. Bei
den Beweggründen für den Krieg dürfte es sich
weniger um "Menschenrechte", als um nackte Wirtschaftsinteressen
gehandelt haben.
Auch Deutschland hat über 15 Jahre, durch Waffenlieferungen,
dem Krieg in Kurdistan weiter Zündstoff geliefert. Tausende
von kurdischen Ortschaften sind zum Teil mit Hilfe deutscher
Panzer zerstört worden. In Deutschland ausgebildete türkische
Spezialeinheiten werden brutal bei der Jagd auf kurdische
Zivilisten und Guerillakämpfer eingesetzt. Mit CS 5 Gas,
aus deutscher Produktion, wurden kurdische Freiheitskämpfer
ermordet. Durch die Politik der Verbote von kurdischen Organisationen
im Zuge des "PKK-Verbotes", im November 1993, wurden
die legitimen Forderungen des kurdischen Volkes in Deutschland
kriminalisiert und die demokratischen Rechte einer ganzen
Bevölkerungsgruppe weitgehend aberkannt. Die Kontinuität
deutscher Kriegsbeteiligung in Kurdistan ist lang. Schon lange
vor Beginn der NATO-Partnerschaft war das damalige Deutsche
Reich durch Waffenexporte, Wirtschaftshilfe und Militärberater
am Völkermord gegen das Armenische und kurdische Volk
beteiligt
Die deutsche Türkeipolitik in Form von Waffenexporten
verhindert bis heute in Kurdistan und der Türkei die
Chance auf ein Leben ohne Krieg. Seit August 1999 hat die
Arbeiterpartei Kurdistans PKK den bewaffneten Kampf für
beendet erklärt und bereits ein Drittel ihrer bewaffneten
Einheiten aus der Türkei abgezogen. Durch die Entsendung
von Friedensdelegationen wird versucht, den demokratischen
Kräften in der Türkei, eine Hoffnung auf Frieden
zu geben. Der eingeschlagene Weg der Versöhnung und des
Friedens wird fortgesetzt. Dies stößt in der kurdischen
und türkischen Gesellschaft auf positive Resonanz. In
dieser kritischen Phase Waffen zu liefern, bedeutet sich gegen
den vom kurdischen und türkischen Volk ersehnten Frieden
zu stellen.
Denn Waffenlieferungen stärken vor allem diejenigen
Kreise in der türkischen Armee, die den Krieg zu einem
profitablen Wirtschaftssektor gemacht haben. Diese haben sowohl
in der Vergangenheit als auch heute, durch Repression und
Mord ihr aktives Interesse an einer Fortsetzung des Krieges
zum Ausdruck gebracht.
Eine weitere Militarisierung der Türkei, unter den momentanen
labilen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Verhältnissen, bedeutet den ohnehin für Krisen anfälligen
Mittleren Osten in eine unsichere Zukunft zu führen.
Jedoch könnte eine demokratische Türkei, eine viel
positivere Rolle für Frieden in der Region spielen.
Die eigene geschichtliche Verantwortung mahnt die Bundesrepublik
Deutschland, zu einer Politik des Ausgleichs. Anstatt weiterhin
den Kurs der Polarisierung zu verfolgen, wäre es für
alle Beteiligten des Konfliktes von großen Nutzen, wenn
die Politik der Polarisierung nochmals einer Neubewertung
unterzogen werden würde. Dies wäre die Chance für
die Entwicklung einer gestaltenden Türkeipolitik, die
im türkisch-kurdischen Konflikt neuen Initiativen und
Lösungen den Weg ebnen könnte.