Berlin, 29.10.1999
· 2. Friedensgruppe der PKK heute aus Wien nach
Istanbul gestartet
· Erklärung der Gruppe auf einer Pressekonferenz
vom 28.10.1999 in Pressecenter Brüssel
Am heutigen Tag startete eine weitere achtköpfige
Friedensgruppe der PKK von dem österreichischen Flughafen
in Wien mit dem Flug Nr. OS893 um 10.30h nach Istanbul.
Das Flugzeug wird voraussichtlich um 13. 45h in Istanbul landen.
Die Friedensgruppe, setzt sich aus folgenden Personen zusammen,
darunter befinden sich auch drei Frauen :
Haydar Ergül, Aysel Dogan, Dilek Kurt, Aygül Bidav,
Imam Canpolat, Yusuf Kiyak, Ali Sükran Aktas, Heci Celik.
Am 1. Oktober entsandte die Arbeiterpartei Kurdistans
die erste achtköpfige Gruppe bestehend aus Mitgliedern
der Nationalen Befreiungsarmee (ARGK) für den Frieden
und eine demokratische Lösung in die Türkei.
Gestern gab im Namen der Gruppe, Haydar Ergül in
Brüssel auf einer Pressekonferenz eine Erklärung
ab und ging auf die Fragen von PressevertreterInnen ein.
Im folgenden geben wir die Presseerklärung der 2. Friedensgruppe
der PKK in deutscher Übersetzung wieder:
"Kurz vor dem Übergang in das Jahr 2000, stehen
wir in einer großen Verantwortung und geben mit großer
Freude, um Mesopotamien und Anatolien als Wiege der Zivilisation
erneut seine Bedeutung zukommen zu lassen, diese Erklärung
ab. Denn Kurden, Türken und alle anderen Staatsbürger
der Türkei haben dies reichlich verdient. Im Bewußtsein,
dass diese Zukunft nicht weit entfernt ist, möchten wir
unseren Stolz darüber mit dem türkischen Volk teilen.
Es scheint, dass die in einem seit über 150 Jahren andauernden
demokratisch-gesellschaftlichen Kampf gewonnenen kulturellen,
sozialen und wirtschaftlichen Erfahrungen des türkischen
Volkes, im Übergang zum Jahre 2000 von Demokratie gekrönt
werden. Hierbei wollen auch wir unseren Beitrag leisten und
uns für dieses große Ziel einsetzen. Denn auch
die PKK ist ein Teil dieses 150jährigen Zivilisationskampfes
und daher wäre es undenkbar, sie losgelöst von dieser
Geschichte zu betrachten. Die PKK hat in bester Absicht und
von ihrem Standpunkt ausgehend versucht, einen Beitrag für
diesen Prozess zu leisten. In seiner Verteidigung äußerte
unser Vorsitzender Abdullah Öcalan den Wunsch, durch
eine demokratische Lösung die Einheit mit der Türkei
zu entwickeln. Dies entspricht unserem Bestreben und ist ein
natürliches Ergebnis der Geschichte.
Die internationale Gemeinschaft hat viel aus dem Leid der
vergangenen Konflikte gelernt. Aber auch der Kampf für
ein besseres Leben hat dem Menschen viele wertvolle Erfahrungen
gebracht. Aufgrund dieser Erfahrungen haben wir uns für
Demokratie entschieden und gehen dem neuen Jahrhundert mit
Siegesbewußtsein entgegen. Bereits jetzt wird deutlich,
dass niemand, egal welcher ideologischer Herkunft, ohne die
Aneignung demokratischer Maßstäbe im neuen Jahrhundert
seine Existenz fortführen kann. Trotz der Kämpfe
und dem Leid bereitet sich die Türkei, ausgehend von
den wichtigen Erfahrungen ihrer Geschichte, auf die von der
internationalen Gemeinschaft entwickelten demokratischen Standards
und somit auf den Eintritt in das 21. Jahrhundert vor.
Unser Parteivorsitzender hat die Notwendigkeit zur Beendigung
des Krieges und die Verspätung dieses Schrittes mehrmals
betont. Unsere Partei hat die realistische, vorausschauende
und verantwortungsvolle Haltung unseres Vorsitzenden, mit
der Einstellung des bewaffneten Kampfes und dem Rückzug
der Einheiten aus dem Kriegsgebiet beantwortet. Unsere Partei
erklärte gegenüber der Weltöffentlichkeit,
dass ihr Entschluß strategischen Charakter hat und nicht
beabsichtigt, den bewaffneten Kampf erneut aufzunehmen. Deshalb
erachten wir es nochmals als notwendig zu betonen, dass Behauptungen,
es würde sich dabei um eine "taktische Annäherung"
handeln, nicht der Wahrheit entsprechen.
Wir sind uns darüber bewußt, dass die bewaffneten
Auseinandersetzungen und das daraus resultierende Leid ein
Vertrauensproblem geschaffen haben. Dafür haben wir Verständnis.
Aber wir glauben auch, dass die von uns unternommenen Schritte
zu positiven und konstruktiven Entwicklungen geführt
haben.
Das von unserem Vorsitzenden formulierte Projekt einer demokratischen
Republik gab dem kurdischen Volk und all denjenigen, die an
einer Entwicklung einer neuen Zukunft für die Türkei
interessiert sind, einen Anstoss für intensive Diskussionen.
Mit der beharrlichen Forderung nach Frieden und Demokratie,
wurden Staatspräsident Süleyman Demirel, Ministerpräsident
Bülent Ecevit und Parlamentspräsident Yildirim Akbulut,
mit großer Interesse vom kurdischen Volk in Diyarbakir
empfangen. Dies war ein deutliches Beispiel dafür, wie
gross die Notwendigkeit für Frieden und Demokratie ist.
Diejenigen Kräfte, die durch die positiven Entwicklungen
dieser Phase beunruhigt wurden, auf den Krieg und die Verleugnungspolitik
beharren, versuchen mit Sabotagen und Provokationen die Entwicklungen
zu behindern. Deshalb soll die Rückkehr in die Türkei
unsere Entschlossenheit zum Ausdruck bringen.
Die Kurden, als eigentliche Mitbegründer der Republik,
wurden in der traditionellen 75jährigen Politik aus dem
System ausgeschlossen. Die Grundrechte und Freiheiten wurden
den Kurden mit Gewalt entzogen und ihre Sprache verboten.
In einer demokratischen Republik sind die Ausübung der
Grundrechte und Freiheiten grundsätzlich. Mit unserer
Rückkehr möchten wir einen Beitrag für die
Umgestaltung der Republik und das notwendige freie, sowie
gleichberechtigte Zusammenleben des türkischen und kurdischen
Volkes leisten.
Nachdem eine achtköpfige bewaffnete Guerillagruppe dem
Aufruf unseres Vorsitzenden vom 22. September folgte , werden
auch wir, als eine Gruppe aus Europa, unseren Beitrag für
die demokratische Republik leisten und am 29. Oktober, dem
Jahrestag der Gründung der türkischen Republik,
in die Türkei zurückkehren.
Wir wünschen, dass der 76. Jahrestag der Republik, der
Beginn des Aufbaus einer demokratischen Republik und der Beginn
von demokratischen Reformen sein wird. Daher halten wir es
für erforderlich, alle Betroffenen aufzurufen, das Notwendige
für die Beseitigung der Hindernisse für eine Entwicklung
von Demokratie und Frieden zu tun, sowie alle erforderlichen
Anstrengungen für eine Umgestaltung zu unternehmen.
Des weiteren rufen wir alle Regierungen und die Öffentlichkeit
dazu auf, in den Gesprächen über die EU-Beitrittskandidatur
der Türkei einen positiven Beitrag für Demokratie
und Frieden zu leisten.
Haydar Ergül
Vertreter der 2. Friedensgruppe der PKK
28. Oktober 1999"