was für ein wahnsinn 8.2.3 hotlines-Flugblatt: (Un-)Sinn der Arbeit
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(März 2001) Wir arbeiten in Call Centern und anderswo und machen eine Flugblattreihe. Damit wollen wir die Diskussion unter ArbeiterInnen unterstützen und voranbringen. Es geht darum, gemeinsam gegen Arbeitshetze und Arbeitszwang vorzugehen. Das können wir nur, wenn wir uns selber organisieren und mit anderen ArbeiterInnen Mittel und Wege finden, auf Maßnahmen der Geschäftsleitungen zu reagieren und eigene Interessen durchzusetzen. Unsere Stärke liegt darin, dass wir uns mit anderen ArbeiterInnen schnell und direkt absprechen können und zum Beispiel Überstunden verweigern, Arbeitsanweisungen ignorieren oder den Anruf-Akkord runtersetzen. Ohne dass die Chefs darauf vorbereitet sind und ohne Vermittlung und Kontrolle durch Betriebsrat und Gewerkschaften. Wenn wir diese Stärke entwickeln und einsetzen, kann das ein Schritt sein, die Lohnsklaverei insgesamt zu überwinden.

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Callgirls und Callboys: Was für ein Wahnsinn?!

Arbeit, Arbeit, Arbeit - Regierung, Unternehmer und Gewerkschaften sind sich einig, dass erst die Arbeit das Leben süß und sinnvoll macht. Selig ist der, der Arbeit hat. Aber wenn wir dann an der Werkbank Metallteile montieren, im Krankenhaus PatientInnen gesund spritzen oder unterm Headset schmorend Kunden abfertigen, hört der Spaß schnell wieder auf. Wir sind mit Widersprüchen konfrontiert, welche die Chefs mühsam zu verstecken suchen.

In Call Centern
erzählen uns die Unternehmer immer, wie toll alles organisiert ist, und dass sie uns in Schulungen all das beibringen, was wir für den Job brauchen: wie wir reden sollen, wie der Computer funktioniert... Zunächst freuen wir uns, dass wir bei Kaffee und Keksen alles lernen dürfen. Später unterm Headset merken wir jedoch, dass wir eigentlich nicht wirklich was gelernt haben: Wir müssen immer wieder improvisieren, Informationen beschaffen, auf neue Situationen eingehen usw., damit wir nicht als die letzten Deppen dastehen und die AnruferInnen kriegen, was sie wollen.
Ständig wird uns erzählt, dass wir eine verantwortungsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit machen, die unsere Kreativität erfordert. Aber im Arbeitsalltag stellt sich schnell raus, dass wir nur wenige Sachen selber bestimmen und die Arbeit monoton wird. Die Teamleiter sollen aufpassen, dass wir die ständig wieder kehrenden Arbeitschritte auch richtig ausführen.
Dabei machen die Unternehmer noch einen großen Wirbel um "Qualität". Der Kunde ist König, unser Ziel ist der optimale Kundenservice, wir brauchen das totale Kundenerlebnis - täglich hören wir so was. Damit das auch klappt, schreiben sie uns die Arbeitsschritte genau vor, lassen Testanrufe machen und setzen ganze Trainerstäbe auf uns an. Alles um die "Qualität" zu steigern. Im Arbeitsalltag passiert dann was anderes: Weil nicht genug ArbeiterInnen eingestellt werden, müssen die AnruferInnen sich ewig das Warteschleifengedudel anhören. Kommen sie dann durch, werden sie in die nächste Schleife gestellt, weil wir Call Center-ArbeiterInnen nur bestimmte Sachen machen können oder dürfen, andere nicht. Wir sollen reinhauen, damit wir möglichst viele Anrufe annehmen oder im Outbound machen. Dadurch sinkt aber die "Qualität", weil alles nur husch husch geht.
Da diese Widersprüche offensichtlich und frustrierend sind, machen die Unternehmer ein Riesenspektakel, damit wir hübsch weiterarbeiten (und nicht "innerlich kündigen"). Sie erzählen uns, wie toll ihre Firma ist, was für ein Glück wir doch haben, dass wir in ihrem Team arbeiten dürfen, und was für wichtige Produkte da hergestellt werden (Bankkredite, Computerdrucker, Babywäsche). Dann kommen sie noch mit Zertifikaten, Prämien und T-Shirts - und eine darf "Agent des Monats" werden. Wir sind jetzt Teil der Familie, alle ziehen an einem Strang. Stellt sich nur die Frage, wer ihn um den Hals hat!?
Wenn wir mit den vielen Zertifikaten unser Klo tapeziert und die 3.50 DM Prämie günstig angelegt haben, merken wir, dass hinter dem Spektakel die ganz normale Maloche weitergeht. Wenn wir uns anschauen, welche Interessen hinter der Arbeit stehen, wird klar, warum diese Widersprüche und absurden Situationen entstehen.

Geldsüchtige Unternehmer...
Unternehmer gehen erstmal davon aus, dass sie aus ihrem Geld mehr Geld machen wollen. Um ihr Geld zu vermehren, müssen sie uns für sich arbeiten lassen. Sie investieren da, wo sie möglichst viel rauskriegen, zum Beispiel in Call Center. Klappt das nicht (richtig), wechseln sie das Metier und investieren woanders - vielleicht in Waffel- oder Waffenproduktion?
Obwohl die Unternehmer also kein besonderes Interesse an der Arbeit haben, sich Geld aber nicht von allein vermehrt, müssen sie sich wohl oder übel auf den Arbeitsprozess einlassen. Dabei müssen sie zwei Sachen klarkriegen, die täglich gegeneinanderstehen:
(1) Die Produktion muss "Profit" abwerfen: Möglichst wenige und schlecht bezahlte ArbeiterInnen sollen nach kurzer Anlernzeit mit möglichst billigen Maschinen und Material möglichst viel produzieren. Die Investitionen sollen gering, die Arbeit intensiv und dadurch die Profite hoch sein. Im Call Center bedeutet das, dass wir ArbeiterInnen nur kurz geschult und auf Schichten verteilt werden, dass wir die Anrufe kurz halten, viel verkaufen und viele Anrufe pro Stunde machen sollen...
(2) Widersprüche entstehen, weil zugleich die "Qualität" stimmen soll: Die Unternehmer müssen dafür sorgen, dass bei der Produktion was rauskommt, das sie verkaufen können, zum Beispiel ein Auto, das auch wirklich fährt, oder eine telefonisches Help Desk, bei dem die Anruferin auch gute Ratschläge bekommt, mit denen sie was anfangen kann. Das Auto oder die telefonische Beratung müssen für die "KundInnen" einen Wert haben (funktionieren, gut aussehen, praktisch sein, weiterhelfen...). Die Unternehmer müssen also aufpassen, dass wir ArbeiterInnen nicht rumschlampen...

...treffen auf lustlose ArbeiterInnen
Auch wenn die Unternehmer es gerne anders darstellen, hängt es von uns ArbeiterInnen ab, ob der Laden trotz dieses Widerspruchs läuft: Wir sollen täglich dafür sorgen, dass die Arbeit schnell und profitabel gemacht wird - und gleichzeitig "Qualität" liefern. Aber auch wir ArbeiterInnen, von denen alles abhängt, haben kein besonderes Interesse an der Arbeit. Jeder Job ist mehr oder weniger wie der andere. Ok, bei manchen gibt es mehr Geld oder die Bedingungen sind besser, es gibt richtige Scheißjobs und erträgliche. Aber im Prinzip gehen wir nur arbeiten, weil wir das müssen, weil wir den Lohn zum Leben brauchen. Wir haben kein Interesse an der Sache an sich. Stundenlang im Call Center am Telefon hängen, sehnsuchtsvoll auf die nächste Pause warten, blöde Fragen beantworten, nix wissen, aber die Leute beraten sollen, mit den Aufpassern rumschlagen... wer kann sich da nichts Besseres vorstellen?! Wir müssen damit klarkommen, dass wir einen Großteil unserer Zeit malochen, und wollen darin einen Sinn erkennen. Wir versuchen, die Arbeit irgendwie richtig zu machen, weil es sonst noch stressiger ist, zum Beispiel die Leute am Telefon noch genervter werden. All das stößt aber immer wieder an Grenzen.

Welche Qualität?
Die Unternehmer versuchen alles, um uns den Stress aufzuladen, der mit der Arbeit unter diesen widersprüchlichen Bedingungen verbunden ist. Wir sollen trotz billiger Schulungen, fehlender Infos, schlechter Produkte usw. möglichst viele AnruferInnen pro Stunde befriedigen. Dabei setzen sie uns - scheinheilig - vor allem mit der "Qualität" unter Druck.
* Wenn sie offen sagen würden, dass es ihnen nur um die Kohle geht, dann würden wir nicht halb so gut arbeiten. Also ködern sie uns mit der "Qualität" des Produkts oder der tollen Firma, für die es sich zu arbeiten lohne.
* Wenn sie offen sagen würden, dass sie uns kontrollieren wollen, damit wir schneller arbeiten, dann würden wir uns schneller wehren. Also begründen sie die Kontrolle mit der heiligen "Qualität".
* Wenn sie offen sagen würden, dass sie eigentlich keine Ahnung von der Arbeit und ihrer Organisation haben, dann würde die Frage aufkommen, wozu die Unternehmer eigentlich gebraucht werden. Also verstecken sie sich hinter fetten Qualitätsmanagement-Programmen und fordern uns zu "Verbesserungsvorschlägen" auf, um so von uns zu lernen. Ihr gewonnenes Wissen setzen sie aber weniger dazu ein, um die "Qualität" zu verbessern, als dazu, uns mehr Arbeit aufzuhalsen und die Produktion zu "rationalisieren".

Sinn interessiert kein Schwein
Der Widerspruch zwischen Profitinteresse auf der einen und der Produktion von nutzbaren Gütern auf der anderen Seite führt auf der Ebene des Betriebs zu all den täglichen Absurditäten. Er bestimmt auch die ganze Gesellschaft:
* Wir haben zwar Wissen und Reichtümer angehäuft, aber beides wird nicht für die Bedürfnisse aller genutzt: Die meisten Menschen der Erde leben weiter in Armut - als ArbeiterInnen oder als "Arbeitslose", deren Arbeitskraft gerade nicht zur Geldvermehrung genutzt werden kann.
* Wenn mit Hilfe von Maschinen die Produktivität immer weiter gesteigert, also das gleiche in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird, arbeiten wir trotzdem nicht weniger. Der Einsatz von Maschinen soll die Profite steigern, nicht die Arbeitszeit für alle verkürzen: Wo "rationalisiert" wird und Leute rausfliegen, müssen die bleibenden ArbeiterInnen intensiver arbeiten und Überstunden schieben, die entlassenen sich einen anderen Job suchen.

Hinter all dem steht der Widerspruch, dass wir ArbeiterInnen zwar die Reichtümer produzieren, aber nicht bestimmen, wie gearbeitet wird und was mit den Reichtümern passiert. Bei "Arbeitsplätzen" interessiert kein Schwein, ob die Arbeit sinnvoll ist, ob wir ein Produkt oder eine Dienstleistung wirklich brauchen. Entscheidend ist immer, ob durch die Arbeit Reichtum in Form von Geld vermehrt werden kann. Das gilt auch für Call Center. Wir ArbeiterInnen haben nicht entschieden, dass allein in Europa einige Millionen Leute in Call Centern arbeiten sollen.
Dafür machen wir dann richtig Sinnvolles: Wir sorgen dafür, dass Sachen, die von ArbeiterInnen produziert wurden, an andere ArbeiterInnen verkauft werden, so dass das Geld in den Händen der Unternehmer bleibt. Oder wir sagen Tausenden von ArbeiterInnen am Telefon den Schuldenstand auf ihrem Konto durch, damit die wissen, dass sie für ihren Kredit arbeiten gehen. Oder wir sitzen nachts im Bestellservice, weil irgendwelche Leute anrufen, die es tagsüber nicht in die Läden schaffen, weil sie da arbeiten müssen...

Keiner hilft!
Wenn uns das alles stinkt, wir die absurden Situationen nicht hinnehmen wollen, die tolle Firma und den coolen Chef, Kundenverarsche und Qualitätstests, die Überstunden und den ganz alltäglichen Wahnsinn auf Arbeit, was machen wir dann?
Wir werden dies nicht lösen, wenn wir versuchen, die Arbeit zu "humanisieren". Unternehmer wollen - mit Unterstützung der Gewerkschaften - über Gruppenarbeit, bunte Schraubenzieher und Flachbildschirme die Arbeit als sinnvoll und erträglich verkaufen. Alle diese Versuche zielen letztendlich darauf ab, dass wir uns kreativ und produktiv für die Arbeit verausgaben. Sie ändern nichts daran, dass Unternehmer und Gewinnbilanzen bestimmen, wo investiert und was produziert wird. Solange es aber darum geht, aus Geld mehr Geld zu machen, werden wir die Widersprüche zwischen Arbeitsstress, "Qualität", Sinnlosigkeit usw. nur immer wieder neu schaffen.
Es gibt keine Gewerkschaft, keine Partei oder andere Organisation, die für uns die Widersprüche abschafft. Es gibt auch keinen fertigen Plan für eine "andere" Gesellschaft - aber tausend gute Gründe, die bestehenden produktiven Möglichkeiten für (und nicht gegen) uns einzusetzen.
Wenn wir ein Leben wollen, bei dem wir nach unseren Bedürfnissen produzieren, ohne Ausbeutung, ohne Arbeitsstress und Aufpasser, müssen wir das selber in die Hand nehmen.
Der erste Schritt - ein "Hauch des Neuen" - kann in Situationen entstehen, in denen wir die alltägliche Mühle zusammen in Frage stellen. Wenn wir, anstatt kreativ dafür zu sorgen, dass der Laden trotz chaotischer Organisation nicht abschifft, diese Kreativität in Aktionen gegen den Arbeitsstress ausdrücken. Wenn wir, anstatt nur zufällig zusammen zu malochen, die Zusammenarbeit als unsere Macht gegenüber den Antreibern nutzen. Nur so überwinden wir die Mobbing- und Tratsch-Kacke untereinander. Nur so entstehen neue Beziehungen und Selbstbewusstsein, das wir für die kommenden Auseinandersetzungen mit den Unternehmern brauchen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen probiert's aus, schickt uns Ideen -
oder wartet auf die nächste hotlines!



Steffi. Unser bestes Gespräch.
piiiieps im headset, hallo anrufer, hier ist die nurfürsieda-bank, mein name tut nichts zu sache, was kann ich gegen sie tun, mein mund gibt die phrase wieder, ohne dass das großhirn eingreifen muss, hab ich doch grad noch mit der steffi über bse und 68er diskutiert, jetzt geht es wieder ums ganze, geld, ach ja, sie wollen aktien kaufen, da stelle ich sie durch, aber ihnen sei gedankt fürn anruf, klack, ich leg auf und weg isser, piiieps! hier ist die nurfürsieda-bank, überweisung? klar, von wo? wohin? wieviel? rufen sie nie wieder an! klack, piiieps! hallo? nurfürsieda-bank, tach auch, sie wollen sich beschweren, dann schreiben sie doch mal an folgende adresse, ja die bearbeiten das auch irgendwann, ja hören sie mal, auch arschloch, tschüss, klack, steffi, wo waren wir grad? ach ja, bei bse, piiieps! nurfürsieda-bank, sie stören grad, was wollen sie? einen kredit, lassen sie es lieber, tschüss, klack, piiieps! hej! was? wie? ja, nurfürsieda-bank, online-banking? also sie kaufen sich einen computer und rufen bei der zuständigen hotline an, viel glück, klack, piiieps! hallo, nurfürsieda-bank, aktien von dotcom soundso, wieviel? für hunderttausend mack, klar doch mensch, und tschüss, klack, huch! nee doch, ne falsche aktie eingetippt, naja, für den kerl peanuts, piiieps! hallohallohallo, liebster kunde, ich verstehe sie nicht, also ich leg dann mal auf, ne? klack, also mit bse ist das so, äh, steffi? hej steffi! scheiße, sie hat einen anruf, piiieps! nurfürsieda-bank oder so, waaas? sie waren nur zwanzig minuten in der warteschleife und dann wurde die leitung unterbrochen, ja so machen die das hier, beschweren? schreiben sie bitte an, ja die bearbeiten das auch, ich muss übrigens seit zwanzig minuten aufs klo, tschüss, klack, piiieps! nurfürsieda hier, hallo teamleiter, was du nicht sagst, meine performance ist heute wieder grad mal durchschnitt, aber es gibt gute ansätze, lässt hoffen? und tschüss, klack, scheiss drauf, piiieps! nein, ich kann sie nicht bedienen, mein computer ist grad leicht abgestürzt, aber danke auch für ihr offenes wort, fick dich ins, ach, schade, schon weg, hej steffi, die 68er hatten ja auch schon, piiieps! nurfürsieda-bank, was kann ich nur tun? was? sie wollen grad jetzt ihre telefonrechnung bezahlen, die bei der telekom, haha, tschüss, klack, piiieps! nurfürsieda-bank, meinen namen? was tut der hier zur sache?! klack, piiieps! ich weiss nix, klack, piiieps! nichtmehrda-bank, ich hasse sie, warum rufen sie an, klack, piiieps! sie jetzt?! durchstellen? niemals! klack, piiieps! nurfürsieda-bank hier, hej, ich sie auch, tschüss, klack, piiieps! klack! klack! klack! kein piiieps? bse, mensch steffi, was für ein wahnsinn!

Das Duell
Jeden Tag aufs Neue wird es millionenfach ausgefochten. Ein Duell bis aufs Blut, ein Duell, das nur durch Kündigung, Psychiater oder Krankenschein beendet werden kann. Ein Duell Frau gegen Frau, Sekretärin gegen Outbound-Agent. Die Sekretärin muss ihren Chef vor dem Fragenbombardement der Agents schützen. Der Agent muss neue Geldquellen für ihren Chef erobern. Bei diesem Kampf sind alle Waffen erlaubt. Wobei der Sekretärin einige Waffen zur Verfügung stehen, die dem Agent durch die "Call Center-Konvention" verboten sind, wie wüste Beschimpfungen und Aufknallen des Hörers. Dafür hat der Agent den Vorteil, dass er die Sekretärin ohne Vorwarnung aus dem Hinterhalt angreift, der berühmte Überraschungsmoment: "Schönen guten Tag, mein Name ist... aus dem Hause..., verbinden sie mich bitte mit ihrem Geschäftsführer!" Passt die Sekretärin hier nicht auf, könnte es geschehen, dass sie, gewohnt, Anweisungen auch prompt auszuführen, durchstellt und somit einen Anschiss vom Chef riskiert. Punkt für den Agent. Doch so einfach geht es nur selten. Manchmal stellt die Dame von der Zentrale zum weit größeren Feind durch, der Sekretärin des Geschäftsführers... Meist aber nimmt die Sekretärin das Duell an: "Wir haben kein Interesse". Jetzt ist der Agent gefragt. Ist sie unerfahren, akzeptiert sie die Aussage und wünscht der Sekretärin einen schönen Tag. Aber sie wird feststellen, dass ihr Chef das gar nicht so toll findet, wenn sie die Meinung der Sekretärin akzeptiert. Schließlich sind wir im Krieg um Marktanteile! Also muss der Agent am nächsten Tag wieder anrufen und weiß ganz genau, jetzt wird's laut für die Ohren. Die Konsequenz: Sie muss sich neue Tricks einfallen lassen, wie Einschüchtern des Gegenübers durch möglichst komplizierte Formulierungen, Infragestellung ihres Kompetenzbereiches oder der schlichten Behauptung, dass ihr Chef den Anruf erwarte. Früher oder später durchschaut die Sekretärin jedoch all diese Tricks und das Duell geht in die nächste Runde...
Nicht immer müssen diese Duelle so knallhart ablaufen. Behauptet die Sekretärin, dass der Chef in einer Besprechung oder im Urlaub ist, herrscht Waffenstillstand und man kann die Person an der anderen Leitung wieder als Mensch wahrnehmen und fragt sich, was der ganze Stress eigentlich soll. Wenn die andere Person nicht den falschen Beruf gewählt hätte, wäre sie doch eigentlich ganz nett...
Viele haben jetzt sicherlich neidisch aufgehorcht. Neidisch auf diese aufregende und sinnvolle Tätigkeit. Wie heißt es so schön? Sinnvolle Stunden für den Job. In diesem Fall bedeutet das: Ein Agent widmet sich circa zwei Stunden am Tag dem Sekretärinnen-Duell, das macht zehn Stunden in der Woche. Auf 10.000 Agents hochgerechnet macht das 100.000 Stunden in der Woche. Eine Sekretärin kämpft circa 0,25 Stunden am Tag gegen die wildgewordenen Agents, auf 10.000 Sekretärinnen gerechnet macht das circa 12.500 Stunden in der Woche. Das Sekretärinnen-Duell produziert also circa 112.500 Stunden Arbeitszeit am heißen Draht. Wenn das keinen Sinn macht!
Ach so, ich hab mich noch nicht vorgestellt: Ich bin Outbound-Agent und ich lasse mich von den Sekretärinnen nicht abwimmeln. Ich werde immer wieder anrufen, bis sie mich zum Chef durchstellen, und ich ihm endlich sagen kann, dass unser Unternehmen ihm helfen kann, seine Telefonrechnung zu senken...


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