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Hungerstreik in der Asylunterkunft Mettlen in Appenzell

Seit Freitag, 11. Januar 2002 befinden sich 11 AsylbewerberInnen türkisch und kurdischer Herkunft im Asylheim Mettlen, Appenzell, im Hungerstreik. Am Montagnachmittag, 14. Januar 2002, wurde eine türkische Familie vom Heim Mettlen von der Polizei in eine andere Asylunterkunft in den Appenzell Ausserhoden gebracht, um die Gruppe der Hungerstreikenden zu schwächen (Eltern beteiligen sich weiterhin am Hungerstreik). Als Begründung wurde die Gefährdung der Gesundheit des 5-jährigen Mädchens, welches sich auch am Hungerstreik beteiligt, angegeben. Bereits haben sich 15 weitere Personen aus dieser Asylunterkunft am Hungerstreik angeschlossen. Eine weitere Person muss sich morgen Mittwoch bei der Polizei melden, seine unmittelbare Ausschaffung droht!

Am Montagnachmittag waren eine Verteterin von augenauf St.Gallen, und VertreterInnen des Unterstützungskollektivs der Sans-Papiers Bern sowie ein Redaktor der Zeitschrift Bakis im Asylheim Mettlen, um sich über die Gründe des Hungerstreikes vor Ort ein Bild zu machen. Eine Vertreterin der Sans-Papiers konnte sich nicht mit einem Personalausweis ausweisen, wollte den Ort trotzdem nicht verlassen, worauf der Zentrumsleiter, Herr Weber (seit Januar 2000 im Amt), die Polizei holen liess. Diese führte sie mit Handschellen ab (im Einsatz waren auch Polizeihunde), obwohl kein Widerstand geleistet wurde. Sie wurden eine 1/2 Stunde auf dem Polizeiposten zwecks Personalienkontrolle festgehalten. Im Asylheim Mettlen herrschen seit Amtsantritt von Herrn Weber unhaltbare Zustände. Man verfügt Kollektivstrafen, es herrscht ein Handy-Verbot (wer eins hat, hats ja geklaut), Taggelder werden gestrichen (14 Fr. bei nicht einhalten der Stempelzeiten, 25 Fr. beim Fernbleiben ohne Einwilligung der Heimleitung). Die Stempelzeiten sind von 10.00 - 11.30 Uhr und von 16.30 - 17.30 Uhr, diese Zeiten verunmöglichen praktisch einen Arztbesuch oder ein Besuch bei Freunden und Verwandten. Zentrumsleiter Weber war nicht bereit, augenauf seine Sichtweise darzulegen. Er verwies auf das kommende Pressecommuniqué. Heute verweigerte der Heimleiter auch das Gespräch mit Tele Ostschweiz sowie einem weiteren Journalisten.

Die Forderungen der Hungerstreikenden:

  1. Aufhebung der zweimaligen täglichen Präsenzkontrolle
  2. Ernsthaftes Eingehen auf die Gesundheitsprobleme
  3. Möglichkeit für Bildung und Kultur schaffen
  4. Ferienordnung soll eingehalten werden
  5. Taggelder sollen nicht als Sanktionsmittel verwendet werden und bereits gestrichene Taggelder sollen zurückbezahlt werden
  6. Küche soll offen gelassen werden, um den Bedarf zu decken (Küche muss um 20 Uhr geschlossen werden, obwohl die Bewohner selber für ihre Bedürfnisse aufkommen. Nach 20 Uhr gibt’s mit dieser Regelung nicht einmal mehr Tee)
  7. Damit Probleme mit dem Personal des Heims gelöst werden, sollen nicht Leute mit psychischen Problemen dort angestellt sein, sondern durch psychologisch geschulte Leute ersetzt werden.
  8. Willkürliches Verhalten gegenüber BesucherInnen seitens der Heimleitung soll abgeschafft werden
  9. Die Wohnungen, die von der Gemeinde für AsylbewerberInnen bestimmt wurden, sollen den BewohnerInnen zur Verfügung gestellt werden. 10. Telefon und TV sollen nicht einem Zeitlimit unterstehen. Satellitenschüssel soll so gestellt werden, dass ausländische Sender empfangen werden können.

Im Asylheim Mettlen müssen sich auch Kleinkinder ausweisen können, wollen sie einen Besuch abstatten. Ein Bewohner befindet sich seit über zwei Jahren dort, auch er muss täglich zweimal zur Kontrolle stempeln. Wer nicht stempelt, wer es verpasst, muss Sanktionen erdulden. Leute werden schikaniert wegen schlechten Deutschkenntnissen, obwohl es erst seit zwei Wochen ein bescheidenes Kursangebot gibt. Der als Deutschlehrer angestellte ist Elektriker. Nach 23 Uhr gilt Fernsehverbot. Den Hinweisen und Forderungen der BewohnerInnen sollte unbedingt nachgegangen werden. Die Regelungen in diesem Heim machen ein würdiges Zusammenleben unmöglich und erst Recht ein soziales Leben mit der Aussenwelt. Zudem dürfen die AsylbewerberInnen das Haus nicht mal mehr verlassen. Es heisst, wer das Haus verlässt, wird auch die Schweiz verlassen müssen.

http://switzerland.indymedia.org/display.php3?article_id=7749&group=webcast

An die Medien

23. Januar 2002

Repression gegen die Hungerstreikenden!

Sehr geehrte Damen und Herren

Heute morgen um 5 Uhr, 23. Januar 2002, wurden 4 Hungerstreikende in andere Asylzentren transferiert. Dies geschah mit dem uns bekannten Polizeiaufgebot von ca. 15 PolizistInnen. Uns ist bekannt, dass M. (Kurde) nach Altdorf in den Kanton Uri und K. (Kurde) nach Schuls in den Kanton Graubünden ausgeschafft wurden. Der Aufenthaltsort der 2 anderen Asylsuchenden ist weiterhin unbekannt. Wir müssen davon ausgehen, dass die verbliebenen Hungerstreikenden im Asylzentrum Mettlen ebenfalls heute, spätestens morgen transferiert werden. Laut dem Pressesprecher Hr. Breitenmoser (071 788 93 21) sei der Kanton an einer Lösung des Problemes interessiert. Die Lösung sieht also so aus, dass die Hungerstreikenden verlegt und somit ihr politischer Kampf gegen die repressive und schikanöse Heimordnung gebrochen, an der Heimordnung aber weiterhin festgehalten wird. Der Heimleiter Hr. Weber versteckt sich weiterhin hinter dem "no comment".

Nach neuesten Informationen wurden alle Hungerstreikenden aus der Asylunterkunft Mettlen geschafft.

Unser Protest gegen die menschenverachtende Vorgehensweise der Appenzeller Behörden werden wir unter anderem an der Demonstration vom Donnerstag 24. Januar um 18 Uhr auf dem Gemeindehausplatz in Appenzell ausdrücken. Sie sind herzlich eingeladen sich daran zu beteiligen.

http://switzerland.indymedia.org/display.php3?article_id=7779

Soli-Demo für Hungerstreikende Flüchtlinge von massivem rassistischen "Volkszorn" begleitet!

von Michi, 25.1.02 auf indymedia switzerland

Liebe Leute, liebe FreundInnen

Ich möchte hier einen kurzen Bericht von der gestrigen Demo in Appenzell publizieren. Dies vor allem, weil alles ganz anders kam, als wir gedacht haben...

Zuerst zum Positiven: Obwohl die Demo sehr kurzfristig angekündigt war, kamen doch etwa 100-150 Menschen, vor allem organisierte türkische und kurdische GenossInnen. Die Demo war gut organisiert, lautstark und kämpferisch.

Nun aber zum Negativen: Schon am Besammlungsort beim Gemeindehaus Appenzell hatte es viele "GafferInnen" und es gab Buh-Rufe und Pfiffe. Kaum lief die Demo los, gab es erste, kleinere Gerangel und Pöblereien. Flugblätter an die PassantInnen zu verteilen war schlichtwegs nicht möglich, Diksussion erst recht nicht! Wir wurden dann von der Polizei und örtlichen Feuerwehr begleitet und vom Strassenrand kamen immer wieder übelste rassistische Beleidigungen und Sprüche. Die Stimmung war sehr aufgeheizt und es wurde uns von Beginn an gezeigt, dass das ganze Dorf, ganz Appenzell gegen unsere Anliegen ist! Während wir in Richtung Asylbewerberunterkunft Mettlen liefen, zog hinter uns der ganze Auflauf nach. Bei der Abschlusskundgebung vor der Asylunterkunft Mettlen standen uns wohl gut 200 "Eingeborene" gegenüber und es kam zu Sprüchen und "Chören" (!) wie "Ausländer raus", "Use, use", "Scheiss Jugos, Kanaken, Türken, etc.", "Lasst sie verhungern", "Haut ab", etc. Ich war auch schon auf antirassistsichen Demos in Ostdeutschland, wo es immer wieder mit Nazi-Skins und organisierten NPD/JN-Leute zu Konfrontationen kam, aber so eine rassistische und eiskalte Stimmung habe ich wirklich selten erlebt... Es war wirklich schlimm, auf dem Rückweg mussten wir dann durch ein Spalier von aufgebrachten, aufrechten BürgerInnen laufen. Mit "Nazis raus" und "Rassistenpack" ging es dann zurück ins Dorf und hinter uns immer noch der Pöbel. Die Polizei liess dieses Treiben laufen und erst als wir erkennen liessen, dass wir nicht abgeneigt wären, dem rassistischen Mob was auf den Kopf zu geben, schauten sie für einen gewissen "Sicherheitsabstand". Auch wurden DemonstrantInnen, die verbal auf rassistische Hetze reagierte, immer wieder von der Polizei zur Zurückhaltung ermahnt und darauf hingewiesen, dass WIR nicht provozieren sollen! Kurz zum Mob, es waren nur wenige Faschos-Skins da und er war sehr heterogen. Vom alten Bauern über die Dorfjugend bis zur greisen Oma war alle am Pöbeln und Hetzen, darunter auch viele Frauen. Wirlich ALLE waren gegen uns!

Und es war gut, dass wir so viele waren und es war wichtig, dass wir uns nicht einschüchtern liessen und gleich von Beginn an sagten, was wir von ihnen denken, dass sie nämlich ein verdammtes Rassistenpack sind. Sonst wäre es wohl noch um einiges übler herausgekommen. Selbst die anwesenden MedienvertreterInnen waren schockiert. Zwar war die Demo nie wirklich physisch gefährdet - und schützen musste uns die Polizei erst recht nicht (wie es in den Medien heisst), dass können wir immer noch selber und letztendlich wurden wohl eher das Treiben der AppenzellerInnen geschützt - trotzdem waren wir alle froh, als der ganze Spuk vorbei war und es auf den Heimweg ging... Ich denke, wenn es wieder mal eine Demo in Appenzeller Hinterland geben wird, wird diese kaum so glimpflich und friedlich über die Bühne gehen wird, wie diejenige gestern...

FÜR FREIES FLUTEN!
FÜR DIE GLOBALISIERUNG DER MIGRATON!
WEG MIT DEM RASSISTISCHEN KONSENS IN APPENZELL & ÜBERALL!
http://switzerland.indymedia.org/display.php3?article_id=7819

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sw, 28.01.02