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letzte Änderung: 27/01/03 00:35

Globalisierung

Oltner Bündnis Communique

27.01.2003, 00:25, Oltner Bündnis

Presseerklärung des Oltner Bündnisses zur Anti-WEF Demo vom 25.1.2003


Rund 6000 Menschen wollten gestern in Davos gegen das WEF und den drohenden Krieg im Irak protestieren. Wir werten das als grossen Erfolg.Angesichts der Hetze gegen das Oltner Bündnis im Vorfeld der Demo hatten wir befürchtet, dass sich viele Leute verunsichern lassen und zu Hause bleiben würden. Leider konnte deshalb tatsächlich nur etwa die Hälfte der DemonstrantInnen nach Davos gelangen.

Das Oltner Bündnis kommunizierte klar, dass die Kontrollschleusen in Fideris inakzeptabel seien; eine Ausfilterung einzelner DemonstrantInnen komme nicht in Frage und entspreche auch nicht dem von den Behörden angekündigten Sicherheitskonzept der Deeskalation. Im Wissen, dass viele der anreisenden DemonstrantInnen nicht durch die Schleusen gehen würden, füllte sich um 10 Uhr ein RhB-Zug mit einer Demo-Delegation von 250 Personen, die nicht bereit waren, das Vehgatter zu passieren, und in Fideris mit der Forderung nach Aufhebung der Schleusen sitzen blieben. Gleichzeitig machten sich mehrere Busse der Gewerkschaften und der Juso auf den Weg nach Fideris, wo sie die Forderung nach der Aufhebung der Kontrollschleusen unterstützten, indem sie die Strasse nach Davos blockierten.

Es kam darauf zu Verhandlungen zwischen den DemonstrantInnen, vertreten durch Rita Schiavi und Roman Burger von der GBI und dem Kripochef der Kantonspolizei Graubünden, Gianfranco Albertini. Hanspeter Michel vom Kleinen Landrat der Landschaft Davos war als Vermittler ebenfalls dabei. Tatsächlich konnte nach rund einer Stunde eine Lösung gefunden werden, die nicht nur für diesen Zug gelten sollte, sondern auch für alle weiteren: Die Abmachung lautete, dass drei Polizisten in zivil die Züge durchschreiten und ihnen verdächtig erscheinende Gepäckstücke kontrollieren könnten. Diese Einigung löste bei den auf dem Parsennparkplatz in Davos und den in Landquart Wartenden einen grossen Jubel aus. In Landquart begaben sich die DemonstrantInnen auf die bereitstehenden Züge in Erwartung einer grossen Demonstration in Davos.

Beim zweiten Zug in Fideris verlangte die Polizei jedoch entgegen der zuvor getroffenen Abmachung, dass sich die Leute in die Schleusen begeben sollten. Rund 20 Personen folgten dieser Aufforderung, die restlichen 700 blieben empört im Zug sitzen. Erneut wurden Verhandlungen aufgenommen. Die Polizei war jedoch nicht mehr bereit, zu ihrem Wort zu stehen, und weigerte sich, den Zug weiterfahren zu lassen.

Das Ziel des Oltner Bündnis war immer, dass alle Leute nach Davos gelangen könnten, die gegen das WEF demonstrieren wollten, also auch diejenigen, die sich auf den ominösen Schwarzen Listen befinden. Die grosse Mehrheit der angereisten Demonstrantnnen unterstützten diese Forderung. Dass sich im zweiten Zug, der allen offenstand, bloss 20 Leute in die Schleusen begaben, belegt diese Tatsache.

Zu dieser Zeit befanden sich beim Infozelt des Oltner Bündnisses auf dem Parsennparkplatz bereits mehrere Hundert Personen. Beim angekündigten Besammlungsort Bahnhof Davos Platz warteten knapp 40 Personen, die meisten von der SPS mobilisiert, welche die Kontrollschleusen und Ausfilterungen verteidigte. Angesichts der Tatsache, dass die SP nie Teil der globalisierungskritischen Bewegung war und schon oft neoliberale Wirtschaftskonzepte propagiert und durchgesetzt hat, ist es kein Wunder, dass nicht mehr Leute dem Aufruf der SPS gefolgt waren.

Nach dem Wortbruch der Polizei in Fideris eskalierte die Situation in Landquart. Eine Gruppe von Demonstrierenden versuchte, auf die Autobahn zu gelangen, und wurde von den deutschen Wasserwerfern zurückgedrängt. Es folgte intensiver Tränengas- und Gummischroteinsatz. Wegen der gegen einen Zug eingesetzen Wasserwerfer musste die RhB den Strom abstellen. Die Passagiere der zurückkehrenden Züge aus Fideris stiegen schon einige hundert Meter früher aus dem Zug. Den PassagierInnen des zweiten Zuges wurde der Zugang zum Bahnhofsplatz verwehrt. Nicht einmal der herbeigeeilte besorgte Gemeindepräsident konnte die französischsprachigen Polizisten zur Vernunft brigen.

In Davos war die Enttäuschung bei den mittlerweile 3000 Personen auf dem Parsennparkplatz ebenfalls gross. Die Gewerkschaften und einige andere Gruppen entschieden sich, Davos wieder zu verlassen, weil die Meinungsäusserungsfreiheit unter diesen Umständen nicht gewährleistet war. Gemeinsam gingen die Leute zuerst zum Bahnhof Davos Dorf. Dort stiegen einige auf den Zug Richtung Landquart. Rund 2000 Personen marschierten gegen 16.30 Uhr unter dem Motto: „Alles läuft verkehrt!“ rückwärts zum Davoser Rathaus in Davos-Platz, um dort die Demonstrationsbewilligung zurückzugeben. Um 18 Uhr begaben sich die meisten Leute auf den Zug ins Unterland.

Nachdem sie in Landquart zwischen 5 und 7 Stunden festgesessen waren, wollten ca. 1500 Leute eine Abschlusskundgebung auf dem Bundesplatz in Bern abhalten. In Bern wollten sie gegen diejenigen protestieren, die für die polizeistaatlichen Massnahmen in Landquart, Fideris und Davos, sowie für die Rückweisungen an der Schweizer Grenze verantwortlich waren. Doch kaum formierte sich ein Demozug bei der Heiliggeistkirche, wurde er vom bereitstehenden Wassserwerfer und mit Tränengas angegriffen. Dass es sich um einen geplanten Angriff handelte, wird der angesichts der Tatsache deutlich, dass die Verkehrsbetriebe gestoppt und vom Stromnetz genommen worden sind. Ausserdem war die Bevölkerung schon vor der Ankunft der Züge aufgefordert worden, die Innenstadt zu meiden.

Trotz des meist ernüchternden Ablaufs des Demonstrationstages geht die globalisierungskritische Bewegung in der Schweiz gestärkt aus der Mobilisierung gegen das WEF hervor. Obwohl die Demonstrierenden geographisch voneinander getrennt waren, liessen sie sich politisch nicht aufspalten, sondern machten während des ganzen Tages ihre Solidarität miteinander deutlich.

Trotz massivster Spaltungsversuche von Behörden, Medien und SPS sowie burtalen Polizeiangriffen blieb das Oltner Bündnis handlungsfähig. Besonders erfreulich und neu war die gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, die von Seiten des Oltner Bündnis intensiviert wird.

Davos, 25.1.03

e-Mail:: info@oltnerbuendnis.ch