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hausbesetzung und kundgebung in winterthur

24.07.2003, 13:29, imc switzerland

Squatting | Winterthur | Sennhofweg | Demonstration

Seit dem 2.7.03 ist in winterthur der sennhofweg 55 besetzt. Am 26.7.03 findet eine soli-kundgebung statt


zur vorgeschichte: am 2.7.03 wurde das seit längerem leerstehende haus am sennhofweg 55 in winterthur besetzt. die liegenschaft ist im besitz von bruno stefanini, "winterthurs ungekrönte[m] immobilienkönig" (TA, 21.7.03), der partout nicht über einen verbleib der besetzerInnen im sennhofweg verhandeln will.

angesichts einer drohenden räumung -- stefanini hat bei den bullen gleich mal strafanzeige wg. hausfriedensbruch eingereicht und die räumung des hauses beantragt -- ergriffen die besetzerInnen die initiative und schrieben am 8.7. stefanini einen öffentlichen brief mit der aufforderung, in verhandlungen einzutreten (der brief ist einsehbar unter www.indymedia.ch/de/2003/07/12487.shtml).

in winterthur herrscht wohnungsnot -- und stefanini ist als hausbesitzer u. vermieter nicht sonderlich beliebt (wenn nicht berüchtigt). am 9.7. kündigte er den besetzerInnen und den medien in einem schrieb an, dass zum einen der sennhofweg am 14.7. geräumt würde. zum anderen -- und das ist die überraschung -- dass er prüfe, "ob wir ihnen allefalls die unentgeltliche benützung eines 2-familienhauses für z.b. 5 jahre anbieten können". stefanini reagierte auf den öffentlichen druck.

nun klingt das besser, als es ist. das "2-familienhaus" steht an der schaffhauserstr. 62 und ist in winterthur besser unter dem namen "rattenloch" bekannt. der name, wir ahnen es, ist nicht zufällig gewählt: die abbruchliegenschaft steht auch nicht erst seit gestern leer und ist in einem erbärmlichen zustand, kaum bewohnbar (kaputtes dach, fenster draussen, verpilzt, durchgefaulte balken, wahrsch. kaputte wasserleitungen, kaum beheizbar, evtl. kamin im eimer, strominstallation unbrauchbar, usw.usf.). und wie da zwei familien reingehen sollen, ist mir ein rätsel.

stefanini hatte auch gleich einen rechtlich eher fragwürdigen bis lustigen vertrag für das "rattenloch" zur hand. er wollte die besetzerInnen so schnell als möglich aus dem sennhofweg -- den er angeblich zu verkaufen gedenkt -- draussen haben, und sich selbst in den medien als wohltäter feiern lassen. die räumung vom 14.7. verschob er auf eine woche später (siehe auch landbote, 16.7.03).

zum vertrag: die besetzerInnen kriegen das "rattenloch" für fünf jahre, zahlen keine miete, nur NK, fliegen aber innerhalb von 14 tagen raus, wenn stefanini das will. stefanini seinerseits will angeblich "drei defekte stellen" in der decke flicken, neue gläser in die kaputten fenster einsetzen, ein WC ersetzen u. die undichten stellen im dach reparieren. angesichts des grottenschlechten zustandes des hauses ist das natürlich mehr als ungenügend. alle anderen arbeiten -- und das sind viele -- müssten die bewohnerInnen unentgeltlich und auf eigene kosten leisten. stefanini würde ein darlehen vorstrecken für die immensen materialkosten, das monatlich abzustottern wäre (und hier haben wir wieder die miete). zudem müsste frau/man sich einverstanden erklären, "mindestens bis zum 31. juli 2008 keine objekte der verwaltung oder der mit ihr liierten firmen und personen zu besetzen" (haha).

die stossrichtung von stefaninis angebot ist klar: er will in den medien u. gegenüber der stadt gut dastehen, der besetzte sennhofweg wird geräumt und das "rattenloch" von den bewohnerInnen in einen bewohnbaren zustand instandgesetzt, ohne dass er dafür was zahlen müsste. eine frechheit sondergleichen.

nach besichtigung des "rattenlochs" antworteten die besetzerInnen in einem weiteren öffentlichen brief auf stefaninis angebot:

"ehrlich gesagt waren wir ziemlich geschockt über ihren vorschlag, wir sollten, um einer räumung am sennhofweg 55 zu entgehen, in die abbruchliegenschaft an der schaffhauserstr. 62, besser bekannt als "rattenloch", einziehen. ihr angebot wirkt äusserst nobel in den medien, wenn von "mietfrei für fünf jahre" die rede ist. was dies in anbetracht des zustandes des hauses und in ihrem vertragsvorschlag genau heisst, hat mit "gratis" aber nicht das geringste zu tun: alle kosten, die während der minimalen instandsetzung anfallen würden, wohlgemerkt ohne die gratisarbeit, die wir leisten müssten, würden uns von ihnen in form eines darlehens vorgestreckt. was konkret bedeuten würde, dass wir ihr absolut baufälliges gebäude sanieren und dafür in form von "miete" auch noch aufkommen müssten! es ist mehr als bedenklich, aus der not von menschen profit zu schlagen. es scheint, als ob in zeiten der wohnungsnot erlaubt wäre, die bewohnerInnen zu nötigen, jene arbeiten kostenlos zu verrichten, die grundsätzlich der/die hauseigentümer/in zu tragen hätte." (auszug aus dem brief an stefanini, 17.7.)

in ihrem schreiben forderten sie weiter, das stefanini wenn schon im "rattenloch" einige weitere arbeiten von sich aus zu leisten hätte (kamin prüfen, abwasser/wasserleitungen inkl. anschlüsse u. abflüsse müssen intakt sein, strominstallation muss gewährleistet sein, baumulde). und schliesslich boten sie ihm an, über den sennhofweg 55 weiter zu verhandeln.

stefanini schrieb daraufhin in einem sehr allgemein gehaltenen brief zurück, sein angebot sei damit hinfällig, er prüfe aber, ob er -- wie gefordert -- am "rattenloch" nicht noch mehr von sich aus machen müsste. deshalb werde der sennhofweg erst am 4.8. geräumt. und: "da es möglicherweise keine beidseitig akzeptable lösung [...] gibt, bitten wir sie, sich umgehend für anderweitige wohungsmöglichkeiten zu bemühen". über den sennhofweg verliert stefanini keinen ton -- er weigert sich, darüber zu verhandeln.

die besetzung erfreut sich einer grossen sympathie in der stadt. in einem "eine lanze für die hausbesetzer" betitelten leserinnenbrief in der lokalpostille "der landbote" (17.7.) schreibt eine anwohnerin des sennhofwegs: "wir kennen wohl das gesetz vom fremden eigentum, das nicht betreten werden darf, aber es scheint mir, dass junge leute, die gerne miteinander leben möchten und keine grossen finanziellen mittel dazu haben, gar keine andere wahl haben, als häuser zu besetzen."

wegen der anhaltenden weigerung stefaninis, über den sennhofweg verhandeln zu wollen, und der drohenden räumung durch die bullen rufen die besetzerInnen des sennhofwegs auf zu einer kundgebung in winterthur:

SENNHOFWEG BLEIBT! -- STEFANINI AUF DIE PELLE RÜCKEN!
KUNDGEBUNG IN WINTERTHUR, SAMSTAG 26.7.03
14.00 UHR JUSTIZIABRUNNEN/MARKTGASSE
DANACH VOLXKÜCHE AUFM LAND (GRILLZOIX SELBER MITBRINGEN)

aut.op., 23.07.2003 15:26


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