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letzte Änderung: 26/11/03 15:10

Repression

Angriff auf Pressefreiheit in Hamburg

26.11.2003, 13:59, imc germany

Am Dienstag Mittag wurde im Freien Sender Kombinat (FSK) in Hamburg ein Durchsuchungsbefehl vollstreckt. Gefunden werden sollte ein Mitschnitt einer Sendung in der ein Telefonat mit einem Pressesprecher der Polizei ausgestrahlt wurde. Die Suche blieb vorerst erfolglos. Vor der Tür des Senders versammelten sich zahlreiche Unterstützer und führten Abends eine Spontandemo mit 200 Teilnehmern gegen die Durchsuchung durch. - Presseerklärung von FSK



Ungebetener Besuch beim FSK
Die Vorgeschichte
Am 20. oder 21. Oktober klingelte in der Polizeipressestelle das Telefon. Am anderen Ende jemand von FSK, der Auskunft über zwei Festgenommene von der Bambule-Demo am 18. Oktober bekommen wollten. Das Gespräch wurde mitgeschnitten und einige Tage später ausgestrahlt.

Der normale "Amtsweg"
Alle Radiosender in Hamburg sind verpflichtet ihre Sendungen drei Monate lang zu speichern und auf Anfrage zugänglich zu machen. Wenn ein Beitrag beanstandet wird, muß eigentlich die Hamburgische Anstalt für neue Medien (HAM) eingeschaltet werden. Diese fordert von dem Sender die gespeicherte Sendung und den Namen eines Verantwortlichen an.

Der andere "Amtsweg"
Die Staatsanwaltschaft scheint sich den Umweg über die HAM gespart haben zu wollen und beantragte beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbefehl wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (o.ä.). Einziges Anliegen sollte sein, einen Mitschnitt der inkriminierten Sendung zu finden, den FSK auf Anfrage der HAM sowieso zur Verfügung hätte stellen müssen. Dies dürfte auch kein Problem darstellen, da Sendungen, die über den Äther gingen nun wahrlich kein Geheimnis sind.

Der Ablauf
Gegen 13 Uhr 15 erschienen in den Räumen des FSK Beamte von Staatsanwaltschaft und Polizei und zeigten der einzigen Anwesenden Person einen Durchsuchungsbefehl. Es konnten noch weitere Personen von FSK und ein Anwalt herbeitelefoniert werden. Vor der Tür zum Sender hatten sich Polizisten in Kampfausrüstung auf dem Schulterblatt postiert.
Der Sendebetrieb FSK´s mußte auf Androhung der Polizei normal weiterlaufen ("Gefahr im Verzug") und die Durchsuchung durfte nicht erwähnt werden. Hinter dem Rücken des gerade Sendenden saß eine Polizistin um das Gebot zu überwachen.
Zwischen den eintreffenden FSKlern, dem Anwalt und der Staatsmacht begannen Diskussionen über die Durchführung der Durchsuchung. Wie bei einer Anfrage der HAM wollte FSK auch in diesem Fall den Mitschnitt der Sendung zur Verfügung stellen. FSK ist jedoch kein reicher Sender und regelmäßige Hörer wissen, dass technikprobleme bei FSK nicht unbekannt sind. Der Computer auf dem der Mitschnitt gespeichert war stürzte auch prompt ab und das Objekt der Begierde konnte nicht sofort zur Verfügung gestellt werden.
Nachdem sich der Redakteur, der das Interview mit der Polizei geführt hatte und namentlich bekannt war, zur Verfügung gestellt hatte und ein zweiter Redakteur, der für die Sendung des Mitschnitts verantwortlich sein soll gefunden war rückte die Polizei ab. Sie nahm jedoch zwei Aktenordner und das Studiobuch, in dem rein theoretisch die jeweiligen Nutzer der Senderäume verzeichnet sein sollen, mit.
Zeitgleich wurde die Wohnung eines FSK-Redakteurs durchsucht. Dort wurden ein Computer, mehrere Tonträger sowie andere Arbeitsmaterialien beschlagnahmt.

Solidarität
Auf dem Bürgersteig vor den FSK-Räumen versammelten sich schnell 50 potentielle HörerInnen, die gegen die Durchsuchung protestierten. Die Zahl blieb bis zum Ende der polizeilichen Maßnahme gegen 16 Uhr 30 konstant. Die Bereitschaftspolizei war während der ganzen Zeit bemüht den fließenden Verkehr auf dem Schulterblatt aufrecht zu erhalten.
Gegen 17 Uhr sammelten sich 150 HörerInnen vor FSK. Nachdem eine Spontandemonstration angemeldet werden sollte agierte die Polizei zunächst völlig kopflos. Leute wurden geschubst, Polizeieinheiten rannten planlos umher und einige Beamte stießen einen Menschen, der zusammen mit anderen die Spontandemo anmelden wollte, brutal vom Fahrrad, nahmen ihn in den Schwitzkasten und zogen ihn quer über die Straße. Er wurde trotz Protesten der zahlreichen Umstehenden mit dem üblichen Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte fest genommen.
Die Spontandemo mit inzwischen über 200 Teilnehmern zog kraftvoll mit vielen alten und neuen Parolen ("Bullen, Schnüffler, LKA - Hände weg von FSK", "BRD, Bullenstaat - wir haben dich zum Kotzen satt", "Hausdurchsuchung für ein Band - unsere Antwort Widerstand" in einem Kreis über Altonaer und Stresemannstraße wieder zum FSK. Zwischenkundgebungen fanden vor dem seit gestern besetzten Drogenkonsumraum Fixstern und vor der Lerchenwache, in der gerade der Interviewer vernommen wurde, statt. Die Polizei stellte genügend Beamte für eine 1:1-Betreuung zur Verfügung.

Die Motivation der Staatsgewalt [Spekulationen]
Warum geht die Staatsanwaltschaft nicht den normalen, unauffälligen Amtsweg? Sonden produziert lieber riesige Polizeieinsätze und greift massiv in die Pressefreiheit ein. Man stelle sich nur mal vor, eine Zeitungsredaktion wird von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsucht um einen Artikel zu finden, der einen Monat zuvor mit Namen des Autors und einem verantwortlichen Redakteur im Impressum gedruckt worden ist. Völlig übertrieben und unverhältnismäßig, aber vergleichbar zum aktuellen Geschehen in Hamburg.
FSK ist ein freies Radio. FSK ist unkommerziell und lebt von dem Beiträgen der Fördermitglieder. FSK ist links.
Nach dem neuen Hamburger Mediengesetz ist Dudelfunk möglich. Die kommerziellen Radiosender machen in "diesen schweren Zeiten" gerne mit und die Senderprofile verkommen zu einem Einheitsbrei. FSK war da schon immer anders - politisch und kulturell! [Die internen Diskussionen um die Bedeutung freier Radios oder Antisemitismus werden hier ausgeklammert.] FSK war für seine subjektive Berichterstattung bekannt. Im letzten Jahr berichtete FSK oft live von den Protesten gegen die Räumung des Wagenplatzes