LinksRhein- News http://www.free.de/Zope/linksrhein/News/1071067676/index_html
letzte Änderung: 11/12/03 15:03

Globalisierung

Stuttgarter Stadtverwaltung streicht Anträge auf US Mietgeschäft

10.12.2003, 15:47, Stuttgarter Zeitung

Kein weiteres Cross Border Leasing in Stuttgart (06.12.'03)


Cross-Border-Leasing stößt bei der Mehrheit der Gemeinderäte auf Misstrauen und Ablehnung.


Nach dem Nein der Stuttgarter Grünen gibt es im Gemeinderat für neue und umstrittene Cross-Border-Leasing-Pläne keine Mehrheit mehr. Daraufhin will die Verwaltung zwei Anträge zu solch grenzüberschreitenden Mietgeschäften zurückziehen.



Von Wolfgang Schulz-Braunschmidt



Mit dem Verfahren des Cross-Border-Leasings hatte die Stadt bereits ihr Kanalnetz gewinnbringend an US-Unternehmen vermietet und wieder zurückgeleast. Die Steuervorteile, die einem US-Trust entstehen, wurden teilweise an die Stadt zurücküberwiesen.

Für Werner Wölfle, Sprecher der Grünen im Gemeinderat, ist das Thema Cross-Border-Leasing nach dem Votum der Stuttgarter Grünen jedoch erledigt. Die Fraktion akzeptiere die Haltung der Parteibasis. Die Stuttgarter Grünen hatten sich, wie kurz berichtet, auf ihrer Mitgliederversammlung am Donnerstag gegen Leasingeschäfte der Stadt mit US-Trusts ausgesprochen und ihre achtköpfige Gemeinderatsfraktion aufgefordert, "beabsichtigte derartige Geschäfte nicht weiter zu verfolgen und künftige abzulehnen".

Nach der Erklärung der Fraktion, dem Wunsch der grünen Basis zu folgen, gibt es im Gemeinderat keine Mehrheit mehr für solche Mietgeschäfte, da SPD, FDP, PDS und "Republikaner" ihr Nein bereits früher kundgetan haben. Die Grünen-Stadträte wollen bei den Haushaltsberatungen in der nächsten Woche aber dafür kämpfen, dass "die für die Sanierung unserer Schulen dringend benötigten Gelder bereitgestellt werden", so Wölfle. Die ursprünglich dafür vorgesehenen zwölf Millionen Euro aus dem geplatzten US-Mietgeschäft mit Schulen fehlen nun.

Auch für SPD-Fraktionschef Manfred Kanzleiter ist "Cross-Border-Leasing vom Tisch". Die Stuttgarter SPD hätte sich schon früh gegen diese Finanzierungsmethode ausgesprochen. "Die lange Laufzeit der Verträge stellt ein unkalkulierbares Risiko dar", so Kanzleiter. Um Schulen sanieren zu können, will Kanzleiter in die millionenschwere städtische Rücklage für den Bau der Filderauffahrt bei Hedelfingen B 312 greifen.

Trotz der sich bereits Mitte der Woche abzeichnenden Mehrheit gegen US-Miet-Projekte hat die Verwaltung noch am Donnerstag den Gemeinderatsfraktionen zwei Vorlagen zu US-Mietgeschäften präsentiert. Eine davon sieht die Vermietung von 27 Schulen und Verwaltungszentren an einen noch nicht gefundenen US-Investor vor. Auf der Liste befinden sich neben Berufsschulen auch der Treffpunkt Rotebühlplatz, der Tagblatt-Turm und das städtische Gesundheitsamt.

FDP-Fraktionschef Rolf Zeeb wird die "Leasingvorlagen nicht mehr lesen". Für ihn sind die gut 60 eng bedruckten Seiten inzwischen Makulatur. „Das Thema Cross-Border-Leasing ist abgehakt. Ich bin froh und dankbar für die Einsicht einer Mehrheit des Gemeinderates, den Haushalt nicht auf eine so umstrittene Art und Weise zu sanieren."

Wie OB-Pressespecher Stephan Schorn gestern abend mitteilte, wird die Verwaltung beide Beschlussvorlagen zurückziehen. "Oberbürgermeister Schuster legt aber großen Wert darauf, dass trotzdem Mittel zur Sanierung von Schulen in den Haushalt eingestellt werden", betonte Schorn. Bei den Haushaltsberatungen am Montag gehe es darum, die Finanzierung sicher zu stellen.

Mit dieser Entwicklung ist das Stuttgarter Wasserforum, das gegen das Leasing-Verfahren opponierte, zufrieden. "Wir haben ein Ziel erreicht", sagt Doris Henrichsen, Sprecherin der Bürgerinitiative. Dank der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat seien die Leasingdeals gestoppt worden. "Wir freuen uns darüber, weil wir monatelang gegen den Verkauf öffentlichen Eigentums gekämpft haben." Mehr als 10 000 Stuttgarter hätten mit ihrer Unterschrift dokumentiert, dass sie die Mietgeschäfte ablehnten.

Trotz dieses Erfolgs werde das Wasserforum weiterarbeiten, so Henrichsen. "Wir haben ja nur einen Etappensieg errungen." Im nächsten Jahr werde man sich in den Kommunalwahlkampf einmischen, um den Bürger zu sagen, worauf sie bei der Gemeinderatsund Oberbürgermeisterwahl achten sollten.



STZ 06-12-03