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Monatelang rechtswidrige Kameraüberwachung in Singen

15.12.2003, 01:28, LinksRhein

Repression | Singen | Videoüberwachung | Polizei | Zoll | BGS

Vom 2. Juni bis zum 15. Oktober 2003 betrieb die Stadt Singen offensichtlich ohne hinreichende Rechtsgrundlage mehrere Überwachungskameras


Wie jetzt im Landesdatenschutzbericht herauskam, fehlte es an Belegen für einen angeblichen Kriminalitätsschwerpunkt August-Ruf-Strasse / Bahnhof, kam es zu einer fragwürdigen Amtshilfe sowie unrechtmäßigen Weitergaben personenbezogener Daten an Zoll und BGS. Die Singener Polizei hielt es nicht für nötig, den Landesdatenschutzbeauftragten über diese Massnahme zu informieren - dieser erfuhr es aus der Presse. Später, vom ihm darauf angespitzt, war sie nicht in der Lage, diesen schweren Eingriff in unsere Grundrechte substanziell zu begründen. Der Oberbürgermeister Andreas Renner, der die Massnahme angeordnet hatte, trägt hierfür wohl die Verantwortung.

In den Tageszeitungen (Südkurier) und den Reklameblättchen der Region wurden derweil ausführliche Erfolgsstatistiken dieser teueren Massnahme publiziert. Es klang so, als sei aufgrund dieser Kameraüberwachung eine ganze Menge schlimmer Verbrecher ins Netz gegangen, bei genauerem Hinsehen waren es stets Bagatelldelikte. Im Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten liest sich das so:

"Die örtliche Presse feierte den erfolgten Einsatz der Videoüberwachung übrigens vor allem auch damit, dass man auf diese Weise der Unsitte mancher „Wandpinkler“ auf die Spur gekommen sei. Auch dieser Aspekt wird jedoch nicht reichen, einen Kriminalitätsbrennpunkt in dem überwachten Bereich wenigstens im Nachhinein zu begründen."

Kein Kriminalitätsschwerpunkt nachweisbar

Die Kameras wurden also nicht an einem Kriminalitätsbrennpunkt installiert, wie es das neue Polizeigesetz von Baden-Württemberg im Jahr 2000 verlangt? Nein, denn das zu belegen wäre die Singener Polizei schlichtweg nicht in der Lage gewesen: Ihr Statistikprogramm unterscheidet lediglich die Innenstadt und das gesamte Stadtgebiet. Die kameraüberwachte Region August-Ruf-Strasse / Bahnhof wird nicht extra ausgewiesen. In der erst auf Nachbohren des Datzenschützers eingereichten Begründung wurde deshalb versucht alle möglichen und seien es auch noch so irrelevante Zahlen ihrer Kriminalstatistik heranzuziehen. Sie verwiesen auf:

Fragwürdige Amtshilfe und Übermittlung personenbezogener Daten an Zoll + BGS

Ein weiterer Grund, warum diese Kameraüberwachung letztlich wieder entfernt werden musste war nicht etwa die erfolgreiche Entkriminalisierung der überwachten Zone sondern schlichter Personalmangel bei der Polizei. Die Ortspolizeibehörde Singen, die die Überwachungs-Anordnung gab, hatte selber kein Personal dafür und bat daher die Kriminaldirektion Konstanz bzw. deren Kriminalaussenstelle Singen um Amtshilfe. Die daraufhingebildete Einsatzgruppe aus Polizei, Zoll und Bundesgrenzschutz agierte vollkommen selbständig, weswegen von einer Amts"hilfe" nicht mehr die Rede sein konnte. Schwerwiegender als dies wog jedoch die auf diese Weise stattfindende Übermittlung personenbezogener Daten an Zoll und BGS, für die es keine Rechtsgrundlage gab.

Am Ende dieser erfolglosen Polizeimassnahme ohne Rechtsgrundlage wurden die Kameras klammheimlich im Oktober wieder abgebaut - die Datenschutzbehörde erfuhr es wiederrum aus der Presse.

http://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/Home/Der_LfD/Taetigkeitsberichte/2003/tb-2.htm#t2_1_2


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