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Renaissance des Häuserkampfs in Freiburg?

21.02.2004, 16:12, jasowas!!!

Squatting | Freiburg | KTS | Demonstration

Freiburg sieht sich in die 70er und 80er zurückversetzt, als Hausbesetzungen und Demonstrationen in der Metropole am Schwarzwald an der Tagesordnung waren. Nun erlebt die Stadt eine kleine Renaissance des Häuserkampfs. Vor allem der Konflikt um das selbstverwaltete Zentrum (KTS) birgt die Zutaten für eine explosive Mischung, denn die KTS-Initiative hat eine Kündigung für ihr selbstverwaltetes Zentrum erhalten und darf derzeit im Haus keine Veranstaltungen durchführen. Bis zum 12. März will sich Initiative an die Vorgaben halten, doch das 10jährige Bestehen soll in den eigenen Räumen gefeiert werden.


Nach einer Besetzungen und der baldigen Räumung 1994 kam endlich ein Dialog in Gang, mit dem eine stabile Lösung für ein Autonomes Zentrum (AZ) gefunden zu sein schien. Zur Verhandlung musste der damalige SPD-Oberbürgermeister mit einem Spontanbesuch der Besetzer in dessen Schwarzwälder Ferienhaus genötigt werden. Zuvor waren 12 Jahre mit Besetzungen und sofortige Räumungen, Strafbefehle und Kriminalisierung vergangen, seit das AZ 1986 unter ungeklärten Umständen in Flammen aufgegangen war. Druck von der Teilen der SPD-Fraktion und von den Grünen beförderte die Anmietung des Bahngebäudes. Ideal gelegen, ohne Anwohner zwischen den Gleisen, ging die KTS-Initiative hier seither einem bunten Treiben nach.

Ende Januar änderte sich die Lage plötzlich, wie eine Sprecherin der KTS-Initiative dem Neuen Deutschland erklärte. Aus heiterem Himmel hatte die Deutsche Bahn Ende Januar fristlos gekündigt. Die genauen Gründe sind selbst dem Gemeinderat nicht bekannt, erklärte die SPD-Stadträtin Gabi Rolland dem Neuen Deutschland: "Es scheinen Listen mit Störungen zu kursieren, die wir offiziell nicht kennen, die KTS - Initiative auch nicht". Der Bahnsprecher Martin Schmolke verwies auf Probleme mit parkenden Autos und Beschimpfung von Bahnpersonal, das sich auch bedroht fühle. Abmahnungen habe es im Vorfeld nicht gegeben, bestätigte Schmolke.

Angesichts der unklaren Situation ist es vielen Gruppen und Initiativen, weit über das KTS-Umfeld hinaus, unverständlich, warum sich der grüne Oberbürgermeister auf die Seite des Verkehrskonzerns schlägt. In einem Brief an die KTS erklärte Dieter Salomon, die "vorgetragenen Gründe für die fristlose Kündigung sind aus unserer Sicht nachvollziehbar und verständlich". Die Mehrheit im Gemeinderat stehe dagegen dafür ein, eine Lösung für den Konflikt zu finden, sagte Rolland.

Offensichtlich kennt Salomon mehr Gründe. Der einstige Sympathisant des Häuserkampfs bestätigt so Annahmen, hinter der Kündigung könnten auch Gründe stehen, wie auch Rolland vermutet. Auf die Frage, ob er ökonomische Gründe für das Verhalten der Bahn ausschließen könne, erklärte der Bahn-Sprecher nach einer Denkpause: "Ich kann sagen, dass die Gründe die ich ihnen gesagt habe, zur Kündigung führten". Ein klares Dementi klingt anders. Ohnehin verwandelt sich das einstige Brachgelände derzeit durch eine günstige Verkehrsanbindung in ein attraktives Areal.

Dass die Bahn die freie Verfügung über das Gelände bekommen will, zeigt sie durch eine Räumungsdrohung. Begründung: auf einer Demonstration hätten sich zwei Personen auf die Schienen gesetzt und den Verkehr beeinträchtigt. Wenn sich alle Vorwürfe auf diesem Niveau bewegen, ist der Unmut der KTS-Initiative zu verstehen. Sie hat die Nase voll vom Verhalten des Bürgermeisters und der Bahn, wie sie in einem offenen Brief und gestern auch im Gemeinderat am Dienstag lautstark deutlich gemacht hat. Man ist es leid ständig auf alte Anschuldigung einzugehen, die meist längst geklärt worden seien.

Die KTS will nun bis zum 12. März eine Lösung. Sie fordert die Stadt auf, alle rechtlichen Mittel gegen die Kündigung auszuschöpfen und technische Lösungen zu suchen. Bis dahin werden die Veranstaltungen weiter die Straßen Freiburgs beleben. Am 16. wird es, zum 10jährigen Jubiläum eine Großdemonstration geben. Ob daraus eine "Love or Hate - Parade" wird, entscheide die Stadt und die Bahn.

Für die Grünen könnte sich, angesichts der großen Solidarität der Bevölkerung mit der KTS, das Vorgehen der Bahn und das Taktieren ihres Bürgermeisters noch zum Stolperstein bei den Gemeinderatswahlen im Sommer herausstellen. Denn Probleme gibt es auch noch an anderen Stellen: zu rot-grünem Sozialabbau und Studiprotesten kommt auch die Frage von bezahlbarem Wohnraum. Denn die einst grünen Hausbesetzer haben an der Wohnungsnot nicht viel geändert, sondern gehen mit der ebenso grünen Polizei gegen Besetzer vor. Im Frühjahr Januar wurden zwei Besetzungen geräumt. Die Räumung der KTS aber könnte also den Funken für eine neue soziale Bewegung in Freiburg sein.


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