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letzte Änderung: 13/03/04 19:11

sonstige

Otto Schily für Grenzkontrollen «mit Augenmass»

13.03.2004, 19:11, Basler Zeitung

Grenzkontrollen erstmal zurückgefahren


Bern. AP/BaZ. Die letzten Freitag überraschend eingeführten verschärften deutschen Grenzkontrollen werden offenbar gelockert. Dies kündigte der deutsche Innenminister Otto Schily dem Schweizer Botschafter in Berlin an. Trotzdem machte Bundespräsident Deiss Anzeichen einer Vertrübung der Beziehungen zu Deutschland aus.

Personenkontrollen zurückgefahren

Die verschärften Personenkontrollen an der schweizerisch-deutschen Grenze sind vorerst wieder zurückgefahren worden, wie Rainer Ligenthal, Sprecher des deutschen Bundesinnenministeriums am Mittwochnachmittag in Berlin sagte. Am Morgen hatte der deutsche Bundesinnenminister Otto Schily dem Schweizer Botschafter in Berlin, Werner Baumann, eine Lockerung der Grenzkontrollen angekündigt, allerdings innerhalb der der Schengen-Vorgaben, wie es beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten hiess. Deutschland sei sich bewusst, dass in einem so eng verflochtenen Grenzraum ein flüssiger Grenzverkehr wichtig sei. Gleichzeitig müssten die Schengen-Vorgaben eingehalten werden. Es seien Bestrebungen angelaufen, die Massnahmen mit Augenmass umzusetzen und um Wege zu suchen, die einen möglichst flüssigen Grenzverkehr gewährleisteten. Schily habe im weiteren die mangelnde Kommunikation vor Ergreifung der Massnahmen und während der ersten Tage bedauert.

Kein Druck auf die Schweiz

Laut EDA-Informationschef Simon Hubacher bestätigte der deutsche Aussenminister Joschka Fischer in einem Telefongespräch mit Bundesrätin Micheline Calmy-Rey am Dienstagabend, dass die Grenzkontrollen nicht im Zusammenhang mit den laufenden Verhandlungen über die bilateralen Verträge II stünden. Auch Schily habe gegenüber Botschafter Baumann mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass keinerlei Absicht bestehe, irgendwelchen Druck auf die Schweiz auszuüben. Auch der Bundesinnenministeriums-Sprecher Lingenthal bezeichnete Spekulationen über einen Zusammenhang mit Verhandlungen über eine einheitliche Zinsbesteuerung als «völlig absurd». Und ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums erklärte, das Schengen-Abkommen und die Zinsbesteuerung seien «zwei Paar Schuhe».

Keine Staus und Wartezeiten mehr

Lingenthal sagte am Mittwochnachmittag in Berlin, es gebe keine Staus und Wartezeiten mehr an der Grenze. An der Gemeinschaftszollanlage Basel/Weil staute sich der Verkehr jedoch weiter. Auch das Grenzwachtkommando am Übergang von Thayngen bei Schaffhausen meldete nach wie vor ungewöhnliche Staus.

Bundespräsident Joseph Deiss zeigte sich im Ständerat erstaunt über das Vorgehen Deutschlands. Er machte sogar Anzeichen einer Verschlechterung der Beziehungen der Schweiz zu Deutschland aus. Die Schweiz stelle in letzter Zeit eine Serie von Massnahmen fest, die auf eine Verschlechterung der grenzüberschreitenden Beziehungen besonders mit Deutschland schliessen liessen, sagte er. Der Bundesrat wolle dem auf den Grund gehen.

Treffen Merz - Eichel

Bundesrat Hans-Rudolf Merz hatte am Dienstagabend angekündigt, dass er seinen deutschen Amtskollegen Hans Eichel im Rahmen eines ordentlichen Treffens besuchen und dabei auch die Grenzkontrollen ansprechen wolle. Ein Termin stand gemäss dem Eidgenössischen Finanzdepartement noch nicht fest.

Die Liste der Themen, bei denen es zwischen der Schweiz und Deutschland unterschiedliche Auffassungen gibt, wird immer länger: Neben den verschärften Grenzkontrollen sind auch der Luftverkehr und die EU-Zinsbesteuerung ein Thema. Probleme gibt es zudem wegen drohender EU-Zölle auf Schweizer Reexporten und wegen eines Merkblatts der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, nach dem Schweizer Banken künftig bewilligungspflichtig werden, wenn sie von der Schweiz aus in Deutschland Kunden anwerben. Immer wieder ein Thema sind auch Schweizer Pächter von süddeutschem Landwirtschaftsland. Ein EFD-Sprecher räumte zwar ein, dass Probleme vorhanden seien. Von gestörten Beziehungen könne jedoch nicht gesprochen werden. Anders sieht das der Ständerat. «Wir werden schikaniert an mehreren Fronten», sagte Maximilian Reimann (SVP/AG). Bundespräsident Deiss stellte ein Treffen von ihm und Verkehrsminister Moritz Leuenberger mit den betroffenen Grenzkantonen in Aussicht.