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letzte Änderung: 29/03/04 21:46

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Drogendeal von Polizei eingefädelt

29.03.2004, 21:46, CopWatch Hessen

Es war der größte Kokaindeal Deutschlands. Hessens Innenminister Volker Bouffier triumphierte. Doch nach Recherchen hatte seine eigene Polizei das Drogengeschäft organisiert.


Drogendeal von Polizei eingefädelt

von CopWatch Hessen - 29.03.2004 19:47

Es war der größte Kokaindeal Deutschlands. Hessens Innenminister Volker Bouffier triumphierte. Doch nach Recherchen hatte seine eigene Polizei das Drogengeschäft organisiert.
Interne Polizei-Unterlagen dokumentieren das Geschäft

Nach Recherchen der Hessenschau haben bei dem Fund von 1,2 Tonnen Kokain verdeckte Ermittler des hessischen Landeskriminalamtes in Kolumbien Lieferanten geworben und den Transport nach Deutschland gesteuert. Das Fernsehmagazin beruft sich auf ihm vorliegende interne Polizei-Unterlagen.

Dealer milde bestraft

Den TV-Recherchen zufolge sind so die milden Urteile in dem Fall zu erklären. Der Hauptangeklagte hat lediglich fünf Jahre Haft bekommen. Die Dealer seien aus Kolumbien und Spanien milde behandelt worden, weil ihre Verteidiger sich mit dem Argument durchgesetzt hätten, der Drogenhandel sei erst durch die Polizei möglich geworden. Das Drogengeschäft sei somit nicht selbständig geplant gewesen, hätten die Anwälte intern erfolgreich argumentiert.

Versteckt unter Melonen - Der Zoll schaute weg

Verdeckte Ermittler des Landeskriminalamts haben im Frühjahr 2002 in der Kasseler Königsgalerie das Kokain mit Ricardo, einem kolumbianischen Drogenbaron, vereinbart. Im Sommer 2003 lief das Geschäft dann an. Versteckt unter 200 Tonnen Melonen traf Ricardos Lieferung Mitte September in Hamburg ein. Der Zoll spielte mit: Er fand mit Hilfe seiner Röntgenanlage zwar die Drogen, ließ die weiße Ware aber passieren: 1.248 Kilo Kokain. Marktwert: rund 120 Millionen Euro. Die Polizisten selbst brachten den Stoff nach Kassel, wo sie über eine von ihnen gegründete Scheinfirma eine Halle angemietet hatten.

Als „Lebensfreude pur“ auf den Markt geworfen

Zum Weiterverkauf verpacken die Beamten das Kokain in Weinkartons. Aufschrift: „Rheingau - Lebensfreude pur“. Doch die Beamten haben Absatzprobleme: Erst nach zwei Wochen finden sie Interessenten in Italien und Spanien. An der Autobahnraststätte Kassel kommt es zu einem Treffen. Als die Ware verladen wird, schnappt die Falle zu. Die Polizei beschlagnahmt ihr eigenes Kokain.

Polizei frisiert ihre Erfolgsstatistik

Zehn Tage später meldet das Hessische Landeskriminalamt den größten Kokainfund in Deutschland. Innenminister Volker Bouffier sagte damals "Das was dort liegt, ist geeignet, tausende von Menschen ins Elend zu stürzen". Bouffier sprach von einem wichtigen Schlag gegen das organisierte Verbrechen. Ein Deal, der die Erfolgsstatistik der Polizei anhob: Von 2001 auf 2002 verdoppelt die Polizei die Menge des von ihr sicher gestellten Kokains - durch ihr eigenes Geschäft. „An dieser Stelle muss man sich klar machen, dass die Mittel des Strafprozessrechts und des Polizeirechts verlassen sind“, sagt der Rechtswissenschaftler Klaus Lüderssen dazu.