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»We want you for the Army«

13.08.2004, 22:12, junge welt

Imperialismus | Kriegsspiele | Hohenfels | Manöver

US-Truppe bietet lukrative Kurzzeitjobs bei Manöver in Süddeutschland. Bewerber sollen Zivilisten mimen


»We want you for the Army«

US-Truppe bietet lukrative Kurzzeitjobs bei Manöver in Süddeutschland. Bewerber sollen Zivilisten mimen

Wer in den vergangenen Wochen einen Blick in die Stellenanzeigen diverser Berliner Tageszeitungen geworfen hat, dem wird ein Angebot der Firma Optronic aus Königsbronn nicht verborgen geblieben sein. Männliche und weibliche Statisten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren wurden da gesucht. Einzige Voraussetzung: gute Deutsch- und Englischkenntnisse. Das Angebot klang verlockend: 100 Euro täglich sollte es für den Job geben – bei freier Unterkunft und Verpflegung.

Bewerber, die die Hoffnung hegten, dies könne der Beginn ihrer Schauspielerkarriere werden, dürften indes enttäuscht gewesen sein: Nebenrollen in einem Krimi oder Historienstreifen wurden mitnichten geboten. Vielmehr ist die Verwendung der erfolgreichen Bewerber bei Kriegsspielen der US-Armee vorgesehen.

Seit 1999 hat Optronic den US-Kriegsstrategen unter dem Motto »Civilians on the Battlefield« (Zivilisten auf dem Schlachtfeld) bereits mehr als 3 000 Kurzzeitbeschäftigte für Übungen vermittelt. Aufgabe der Statisten ist es, bei Manövern auf dem zwischen Nürnberg und Regensburg gelegenen US-Truppengelände in Hohenfels Zivilisten zu mimen.

Aktuell sollen auf dem Geländer fünf bis zehn »Dörfer« mit jeweils zehn bis 20 Häusern angelegt werden, um eine »möglichst realitätsnahe Umgebung für die Manöver der NATO/KFOR-Truppen« zu schaffen, erklärt Optronic potentiellen Bewerbern in einem Informationsschreiben. Sie sollen dabei beispielsweise den »Bürgermeister eines Dorfes im Kosovo« spielen, der »von Zeit zu Zeit mit Commandern der US-Soldaten verhandeln« soll. Insgesamt zehn bis 50 Zivilistendarsteller sollen pro Dorf eingesetzt werden.

Die Statisten werden während der gesamten Zeit des Manövers mit Infrarotdetektoren ausgestattet, damit am Ende des Spiels festgestellt werden kann, ob beim Einsatz Zivilisten zu Schaden gekommen wären – eine Information, die die US-Armee bei realen Feldzügen nie wirklich interessiert hat. In Hohenfels sind zur Bewertung der »Kollateralschäden« auch die Gewehre der Soldaten mit Infrarotsendern ausgestattet. Die Bewerber können jedoch beruhigt sein: Es werden nur Waffenattrappen und Platzpatronen verwendet.

Einziger Wermutstropfen für die Zeitarbeiter: Während des Manövers sind sie in Stockbetten und Soldatenunterkünften auf dem Hohenfelser US-Truppenübungsplatz untergebracht. Und sie dürfen das Areal für die Dauer des Kriegsspiels – immerhin gut drei Wochen – nicht verlassen. Alkohol und Drogen sind selbstredend streng verboten. Die Einhaltung des Verbots wird von der US-Militärpolizei überwacht, Verstöße dagegen werden vermutlich mit Rausschmiß geahndet.

Markus Bernhardt

jungewelt, 13.8.04


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