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letzte Änderung: 12/10/04 11:39

Repression

Spur der Zensoren führt nach Rom und Zürich

12.10.2004, 11:39, Damiano Valgolio, Rom

Ausland Spur der Zensoren führt nach Rom und Zürich Abschaltung von Indymedia: FBI-Agent spricht von »Rechtshilfe«. Ermittlungen in Schweiz und Italien gegen Internetportal. Neofaschisten als treibende Kraft


Spur der Zensoren führt nach Rom und Zürich
c&p junge welt, 11.10.2004 08:51

Ausland
Spur der Zensoren führt nach Rom und Zürich
Abschaltung von Indymedia: FBI-Agent spricht von »Rechtshilfe«. Ermittlungen in Schweiz und Italien gegen Internetportal. Neofaschisten als treibende Kraft


Drei Tage, nachdem zentrale Server des internationalen Nachrichtenportals Indymedia beschlagnahmt worden sind, bleiben die Hintergründe weiter im dunkeln. Allerdings scheinen Strafverfahren in Italien und der Schweiz gegen die Medienaktivisten den Anlaß für die Blitzaktion geliefert zu haben. Die US-Bundespolizei FBI hatte am Donnerstag abend in San Antonio, Texas, und in London Großrechner des Internetanbieters Rackspace unter Verschluß nehmen lassen. Über diese waren Dutzende nationale Indymedia-Seiten geschaltet. Seitdem ist die linke Online-Plattform in rund 20 Ländern auf der ganzen Welt stark gehandicapt. In vielen Staaten, wie etwa in Italien und Großbritannien, ist Indymedia sogar vollständig aus dem Netz verschwunden.

Das FBI hat am Wochenende erneut verlauten lassen, die Beschlagnahme sei nicht auf eigene Initiative, sondern im Rahmen einer »Rechtshilfe« für ausländische Behörden erfolgt »Das Ersuchen kam aus der Schweiz und Italien«, sagte der hohe FBI-Beamte Joe Parris der französischen Nachrichtenagentur AFP.

In der Schweiz hält man sich indes bedeckt. Daniel Zapelli, oberster Staatsanwalt des Kantons Genf, bestätigte lediglich, daß er Ermittlungen gegen Indymedia führe. Kriminalisiert werden soll die Berichterstattung im Zusammenhang mit den Protesten gegen das G-8-Treffen in Evian im Sommer 2003.

Im Schweizer Ableger der linken Internetplattform waren damals Bilder von zwei Zivilpolizisten erschienen, die an der Erstürmung eines Medienzentrums beteiligt waren. Von den beiden Beamten, die zuvor angeblich als Provokateure Krawalle in der Genfer Innenstadt organisiert haben sollen, wurden auch die Namen und Adressen veröffentlicht. Marc Ölderlin, Rechtsanwalt der beiden Schweizer Geheimpolizisten, bestätigte laut der italienischen Tageszeitung il manifesto Kontakte zwischen eidgenössischen Behörden und dem FBI. »Aber es gab meines Wissens kein Ersuchen auf Beschlagnahme der Indymedia-Server«, so der Jurist.

Die Staatsanwältin von Bologna, Marina Plazzi, erklärte unterdessen, daß sie wegen der möglichen »Unterstützung des Terrorismus« gegen Indymedia ermittle. Scheinbar geht es dabei um angeblich positive Beiträge nach einem Anschlag auf italienische Soldaten in der irakischen Stadt Nassirija im vergangenen November. »Wir haben über das italienische Justizministerium das FBI um Hilfe gebeten«, so Staatsanwältin Plazzi. Der italienische Justizminister Roberto Castelli wollte sich bislang noch nicht zum Vorgehen des FBI äußern.

Deutlich weniger zurückhaltend geben sich die parlamentarischen Vertreter der italienischen Regierungsparteien. Mario Landolfi, Sprecher der postfaschistischen Aleanza Nazionale (AN), erklärte am Samstag, die Beschlagnahme der Computer diene »der Durchsetzung des Rechts«. Bereits im November hatten 17 Abgeordnete von AN, darunter die Enkelin von Benito Mussolini, in einer gemeinsamen Erklärung die Schließung von Indymedia gefordert. Damals hatte Paolo Valentino, Staatssekretär im Justizministerium und ebenfalls AN-Mitglied, eine mögliche Zusammenarbeit mit den USA angekündigt.

Scharfe Kritik an der Repression gegen das linke Internetportal kam dagegen von der italienischen Opposition. Der Grüne Paolo Cento, stellvertretender Vorsitzender des Justizausschusses des italienischen Parlaments, sprach von einem »schlimmen, autoritären Vorfall« und forderte eine sofortige Stellungnahme der Regierung. Der kommunistische Europabgeordnete Marco Rizzo kündigte unterdessen an, den Vorfall auf die Tagesordnung des EU-Parlaments setzen zu wollen.