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letzte Änderung: 17/11/04 20:43

Dritte Welt

Attac und erlassjahr.de fordern Expertenanhörung

17.11.2004, 20:42, Pressemitteilung

"Argentiniens Diktatur-Schulden ind sittenwidrig"



Das Bundesverfassungsgericht soll in einem derzeit laufenden
Verfahren internationale Experten anhören, um die Rechtmäßigkeit
der argentinischen Schulden aus der Zeit der Militärdiktatur und
die Rechtskräftigkeit der aktuellen Anleiheverträge zu
überprüfen. Das fordern das globalisierungskritische Netzwerk
Attac und das bundeseite Entschuldungsnetzwerk erlassjahr.de
heute in einem Brief an das Bundsverfassungsgericht. "Die
Militärjunta in Argentinien hat mit internationalen Geldern
schwere Menschenrechtsverletzungen finanziert", sagte Markus
Meinzer von der Attac-AG Finanzmärkte. "Darum sind auch die
zugrundeliegenden Schuldverträge nach deutschem und
internationalem Recht sittenwidrig und unwirksam."

In der Bundesrepublik sind derzeit etwa 100 Verfahren gegen die
Republik Argentinien anhängig. Damit wollen Privatgläubiger ihre
Forderungen gegen das Land eintreiben, das seine Zahlungen im
Rahmen seines finanziellen Staatsnotstands suspendiert hat.
Mehrere dieser Verfahren liegen derzeit zur Prüfung beim BVG
(AZ: 2 BvM 1-5/03 und 2 BvM 6-7/03). Auf dem Wege eines so
genannten "Amicus-Curiae-Verfahrens" haben Attac und
erlassjahr.de nun die Anhörung von sachkundigen Dritten in
diesem Prozess gefordert, darunter einen Botschafter und einen
Richter aus Argentinien sowie die Professoren Günther
Frankenberg (Frankfurt/M.) und Ashfaq Khalfan (Quebec).

Ihre Argumentation, dass auch die aktuellen Anleihen durch
Umschuldungen aus den Krediten der Militärdiktatur hervorgegangen
und daher unwirksam sind, stützen Attac und erlassjahr.de sowohl
auf internationales Recht (Völkergewohnheitsrecht, ius cogens,
Wiener Vertragskonvention) als auch auf deutsche Gesetze (GG,
BGB). Die Forderung ans BVG wird zudem unterstützt vom
argentinischen Abgeordneten Mario Cafiero, der zu den
Initiatoren einer Gesetzesinitative im argentinischen
Parlament gehört, mit der die Auslandsschulden der
Militärdiktatur für sittenwidrig erklärt werden sollen.

Mit diesem juristischen Vorstoß untermauern Attac und
erlassjahr.de ihre politische Forderung nach einem
Schuldenerlass für Argentinien. "Bei den heutigen Schuldenkrisen
muss die Legitimität der Schulden viel stärker hinterfragt und
die Verantwortung der Gläubiger und der Banken ins Blickfeld
genommen werden" sagte Jürgen Kaiser, Politischer Koordinator
von erlassjahr.de. Im Rahmen der Kampagne "Argentiniens Schulden
müssen weg" haben die Organisationen diese Forderung in den
letzten Wochen mit Postkarten, E-Mails und einer Vortragstour
vorangetrieben.