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Kanzleramt will Recht auf Akteneinsicht stoppen

11.12.2004, 13:30, Sigrid Averesch

Repression | Akteneinsicht | Informationsfreiheitsgesetz | Schily

Intervention auf Drängen von Innenminister Schily / Empörung bei SPD und Grünen


BERLIN, 10. Dezember. Das Kanzleramt will ein Gesetz stoppen, durch das Bürger das Recht auf Akteneinsicht bei Bundesbehörden erhalten sollen. Wie die Berliner Zeitung am Freitag aus Koalitionskreisen erfuhr, hat sich Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier an Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen gewandt. In dem Schreiben fordert er die Koalitionsfraktionen auf, den Gesetzentwurf wieder von der Tagesordnung des Bundestags am kommenden Freitag abzusetzen und sich mit Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zu einigen. Mit dieser Intervention des Kanzleramts erfährt der Streit um das Informationsfreiheitsgesetz eine neue Zuspitzung.

Hintergrund sind die Bedenken von Schily gegenüber dem Gesetzesvorhaben, das in der Koalition als eines der wichtigsten Reformprojekte gilt. Seit über einem Jahr wird darüber zwischen den Fraktionen und der Regierung verhandelt. Dem Bundesinnenministerium geht der Entwurf, der einvernehmlich zwischen SPD und Grünen ausgehandelt ist, noch immer zu weit.

Die Schlussfassung des Gesetzentwurfs, der der Berliner Zeitung vorliegt, sieht vor, dass Bürger einen "Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen erhalten, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen". Geschützt werden aber unter anderem personenbezogene Daten.

Das Bundesinnenministerium möchte vor allem zwei Punkte geändert wissen. Nach dem Entwurf besteht kein Informationsanspruch, wenn das Bekanntwerden, "nachteilige Auswirkungen", etwa auf internationale Beziehungen, die Belange der inneren und äußeren Sicherheit, auf militärische Belange und Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle haben kann. Schily möchte den Informationsanspruch schon dann kappen, wenn die Belange bestimmter Bundesministerien berührt werden. Diese allgemeine Formulierung lässt Sozialdemokraten und Grüne argwöhnen, dass viele Anträge auf Akteneinsicht abgelehnt werden dürften. Zudem möchte das Innenministerium die Bearbeitung von Anträgen nicht an eine Frist binden. Rot-Grün sieht eine Frist von einem Monat vor.

Die innenpolitische Sprecherin der grünen Fraktion, Silke Stokar, ist empört. "Die Grenze ist erreicht", sagte sie. "Es kann nicht sein, dass Fraktionen nur Gesetzentwürfe in den Bundestag einbringen dürfen, wenn jeder Punkt und jedes Komma mit der Regierung abgesprochen ist." Das Innenministerium lege ständig nach. Deshalb dränge sie darauf, dass trotz der Bitte des Kanzleramts die Fraktionen am Dienstag dem Gesetzentwurf zustimmen und er in den Bundestag eingebracht werden kann.

Ähnlich sieht es der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz . "Wir sind noch nicht so weit, der Bundesregierung die Gesetzgebung zu überlassen", betonte er. Die kritischen Punkte zwischen Bundesregierung und SPD könnten während des parlamentarischen Verfahrens ausgeräumt werden. "Ich gehe davon aus, dass sich der Bundestag in der nächsten Woche mit dem Gesetzentwurf befassen wird."


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