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Klaus Ernst in Singen

31.08.2005, 14:13, Harald Brems

Soziales | Singen | Klaus Ernst | Linkspartei | die Linke | WASG | Gasthaus Kreuz

Am gestrigen Dienstag veranstaltete die Linkspartei eine Wahlveranstaltung zur Bundestagswahl mit dem Bayrischen Spitzenkandidat der Linkspartei und Gründungsmitglied der WASG, Klaus Ernst, im Gasthaus Kreuz in Singen.


Klaus Ernst war vor seinem Mitwirken bei der Gründung der WASG dreissig Jahre lang Mitglied in der SPD und ist seit 1972 Mitglied in der IG- Metall. Einführende Worte kamen erst von Stefan Schlöter, einem der Sprecher der Linkspartei im Kreis Konstanz. Nach einer kurzen Vorstellung des bayrischen Gastes begann dieser die Geschichte der Gründung der WASG Revue passieren zu lassen und erzählte über die Anfänge aus seiner Sicht, im März vergangenen Jahres. Der Grund für die Neuorientierung vieler SPD- Mitglieder und Gewerkschafter sei zweifellos in der Politik der Regierung Schroeder zu suchen, hatte sie die Wahlen im Herbst 1998 doch nur mit dem Versprechen eines Politikwechsels in Deutschland gewonnen. Aus heutiger Sicht betrachtet und anhand der vergangenen Reformen im Arbeitsmarkt, im Rentensektor, bei der Gesundheitsreform oder bei den Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall müsse man feststellen dass es niemals einen Politikwechsel sondern lediglich einen Regierungswechsel gegeben hat. Schroeders Regierung habe in sämtlichen Punkten lediglich alte Forderungen des Bundesverbands der Industrie erfüllt.

Die Linkspartei stehe für das Recht eines Jeden Menschen auf angemessene und befriedigende Entlohnung , auf eine Existenzsicherung wie sie auch in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gefordert wird. Hartz IV stehe in krassem Gegensatz dazu und eine Folge davon ist, dass der Lohn für diejenigen die noch Arbeit haben um 20-30% herabgedrückt werden soll, so der IG- Metall Mann. So helfe die Politik das allgemeine Lohnniveau zugunsten der Arbeitgeber zu senken.

Es sei zu beobachten, dass gerade diejenigen, die am meisten für Kürzungen der Sozialleistungen eintreten, bei sich selbst nicht im Entferntesten daran denken, zugunsten anderer zurückzustecken, so Ernst. Gerade der ehemalige Arbeitsamtschef Gerster, der für seine Tätigkeit beim Arbeitsamt rund zwanzigtausend Euro im Monat verdient hatte, bekam zu seinem Abgang eine unglaubliche Abfindung von 427.080 Euro. Die Hälfte seiner Bezüge beim Arbeitsamt bleiben ihm bis Ende des Jahres 2006.
Als Arbeitsamtschef war er vehement dafür eingetreten die betrieblichen Abfindungen der Arbeitslosen in die Bemessungen mit einzurechnen.

Die neue Linkspartei ist die einzige wirkliche Opposition die es im Bundestag geben wird, so Ernst. Sämtliche derzeitigen parlamentarischen Parteien sind sich einig in den wichtigsten Fragen zur Sozialpolitik. Die Unterschiede sind lediglich nuancenhaft. Weder eine CDU noch eine der anderen Parteien würden eine Agenda 2010 zurücknehmen. Der neoliberale Kurs sei parteiübergreifend.

Klaus Ernst kam auch auf Oskar Lafontaine zu sprechen und die Versuche der Parteien und der Medien durch Attacken auf ihn die Partei selbst zu Misskreditieren. Lafontaine sei keineswegs vor irgendwas geflüchtet, wie es häufig dargestellt werde, er war freiwillig gegangen, ein Umstand den Gerhard Schroeder nicht für sich beanspruchen könne. Schroeder hinterlasse nun, bei seinem Abgang, eine demolierte SPD während Lafontaine auf dem Höhepunkt der SPD gegangen war. Schroeder wolle aus den Regierungsämtern heraus, anders könne man seine - bewusst gewollt - verlorene Vertrauensfrage nicht erklären. Auch der Vorwurf des Rechtspopulisten, bei dem ein Satz Lafontaines völlig aus dem Kontext gerissen wurde und mit dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit durch die Presse ging, sei ein weiterer Beweis für die üble Schmutzkampagne, mit der nun versucht wird der Partei zu schaden. Schließlich hatte die Bildzeitung ihn als einen Luxuslinken darstellte, der den Privatjet brauche um aus seinem Haus zu kommen und ein Interview zu geben. Auch dies sei eine üble Konstruktion der Zeitung gewesen, der Sachverhalt war anders als dargestellt und wurde verdreht. Die Linkspartei sei nicht gegen reiche, sie sei keine Armutspartei, sondern trete dafür ein allen Menschen etwas Reichtum zu bescheren. “Das Problem sind nicht die Reichen, sondern die Reichen die keine Vermögenssteuer mehr bezahlen“, so der Linke aus Bayern.

Der bisherige Werdegang der Partei war nun klar, doch für was stehen sie denn nun konkret? Als wichtigen Punkt im neuen Wahlprogramm sieht Ernst ein Zukunftsinvestitionsprogramm. Dabei sollen im ersten Jahr rund 20 Mrd. und im zweiten Jahr rund 40 Mrd. Euro für öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Straßen, Kindergärten und ähnlichem bereitgestellt werden. Mit diesen Maßnahmen soll wieder mehr Beschäftigung entstehen. Deutschland brauche zudem eine andere Lohnpolitik, als einziges europäisches Land gehe hier der Reallohn regelmäßig zurück. Die Partei werde sich im Bundestag für starke Gewerkschaften einsetzen, besonders den Kündigungsschutz wollen sie verbessern. Auch die Situation der Krankenkassen soll verbessert werden und die Lohnnebenkosten gesenkt werden durch eine Bürgerversicherung. Derzeit arbeiten rund acht Millionen Menschen ohne in die Sozialkassen einzubezahlen. Das sind Menschen die in 1 Euro- oder Minnijobs arbeiten und weder Kranken- noch Rentenversicherung bezahlen. Durch die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze sollen auch die höheren Lohnschichten in die Sozialkassen einbezahlen. Auch sollen andere Einkommensarten als nur Löhne wie etwa Börsengewinne oder Zinserträge besteuert werden. Überhaupt müssten die Steuerschlupflöcher geschlossen werden, die es vielen Betrieben ermöglichen gar keine Steuern mehr zu bezahlen.

Es fällt auf, dass sich in dem Wahlprogramm der Linkspartei viele alte Forderungen von Attac und ähnlichen linken NGO’s wiederfinden. Das ist keineswegs ein Zufall, so Hans Peter Koch, Kandidat der Partei für den Kreis Konstanz. Genau das wollen sie sein. Ein Sprachrohr dieser Gruppierungen und der Gewerkschaften im Bundestag. Ein Ansprechpartner den es dort heute noch nicht gibt. Und sie wollen, anders als die CDU, einen wirklichen Politikwechsel in Deutschland und nicht nur den Machtwechsel. „Dieses Land muss wieder lebbar werden, nicht nur für Vorstandsmitglieder“, so Hans Peter Koch.






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