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Kverneland-Mitarbeiter bangen um ihre Jobs

31.10.2005, 01:53, Singener Wochenblatt, 28.10.05

Arbeitskampf | Gottmadingen | Kverneland | Stellenabbau

Mit Trillerpfeifen und »Wir brauchen Arbeit«-Sprechchören haben rund 150 Kverneland-Mitarbeiter in Gottmadingen gegen die Betriebsleitung protestiert


Die Arbeit beim Landmaschinen-Hersteller ruhte am Freitagnachmittag vorübergehend. Denn Geschäftsführer Björn Arve Ofstad hatte die Belegschaft zuvor in einer Versammlung informiert, dass etwa 36 Planstellen vor dem Abbau stünden. Mit dem Betriebsrat liefen derzeit noch Verhandlungen. Demnach soll die Produktion von Heuern und Schwadern ins Werk im dänischen Kerteminde verlagert werden, die Fertigung der Ballenwickler an den Kverneland-Standort im niederländischen Geldrop. Management, Forschung und Entwicklung, Vertrieb, Marketing und Management sollen Ofstad zufolge in Gottmadingen
bleiben. Ebenso die Teileproduktion für andere Werke in der Kverneland-Gruppe sowie die Montage von Festkammerpressen und Rundballenpressen mit Wickelkombination (BIOs). Eine Standort-Garantie wollte Ofstad für das Gottmadinger Werk nicht geben.


Für die ausscheidenden Mitarbeiter solle nach Lösungen gesucht werden, zum Beispiel Frühpensionierungen, finanzielle Leistungen oder die Unterbringung in anderen Betrieben.
Der Geschäftsführer berichtete: »Die geplanten Maßnahmen sollen während der nächsten 5 bis 8 Monate umgesetzt werden. Wir haben ein sehr erfahrenes Projekt-Team zusammengestellt.« Durch diese Schritte sollten Lieferzuverlässigkeit, Kundenzufriedenheit, Effizienz und Effektivität im Gottmadinger Werk gesteigert werden. Ofstad sagte, dass der Markt stagniere, Preise und Erträge sänken. Die Maßnahmen seien notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit Kvernelands zu erhalten. Er werde in Gottmadingen Geschäftsführer bleiben, erklärte Ofstad. Außerdem komme im November ein neuer Werksleiter, der den Posten vom bereits ausgeschiedenen Rudi Mayer übernehme.


»Wir wollen für den Standort kämpfen«, betonte Luigi De Felice, Betriebsratsvorsitzender im Gottmadinger Kverneland-Werk. Er bezeichnete die
Produktion von Heuern und Schwadern als das Herzstück des Gottmadinger Werks. »Es gibt keinen, der es billiger und besser macht«, betonte der Betriebsrat, »es ist nicht logisch, was hier abläuft.« Sein Betriebsratskollege Alexander Lohmüller wies darauf hin, dass mit Heuern, Schwadern und Wicklern rund die Hälfte des Umsatzes erzielt werde. De Felice betonte, dass das Gottmadinger Werk sehr wohl effizient sei, 2004 und 2005 Gewinne abgeworfen habe. Da lasse eine Verlagerung der Produktion nichts Gutes erahnen. Die Befürchtungen im Betriebsrat gehen so weit, dass von einer »Salami-Taktik« des Managements beim Stellenbau in Gottmadingen die Rede ist. Das Horror-Szenario: Die Schließung des kompletten Werks. Schließlich sei die Belegschaft zuletzt auf die Geschäftsführung zugegangen, habe eine Lohnkosten-Senkung von 15 Prozent angeboten. Abgelehnt, sagt De Felice. Nun setzt der Betriebsratsvorsitzende seine Hoffnung in ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der norwegischen Kverneland-Gruppe.


Als weiteren Schlag für die Arbeiter in der Region kritisierte Raoul Ulbrich von der IG-Metall den geplanten Arbeitsplatzabbau bei Kverneland in
Gottmadingen. Der Gewerkschaftssekretär sah das »gleiche Strickmuster wie bei Alcan in Singen«. Die Mentalität sei geprägt von Profitgier, so nach dem Motto: »Kapital kennt keine Moral«. Mit Blick auf die Verlagerung von Produktionskapazitäten sagte Ulbrich: »Man reist dem Werk in Gottmadingen
das Herzstück weg, und deshalb ist zu befürchten, dass irgendwann der ganze Organismus zusammenbricht.« Gottmadingens Bürgermeister Dr. Michael Klinger sprach von einer Schreckensmeldung: »Der heutige Tag ist ein schwarzer Tag für Gottmadingen.« Als schlechtes Zeichen für den Standort wertete er, dass Kverneland keinen langfristigen Vertrag für das Gelände in Gottmadingen habe.
Die Kverneland-Mitarbeiter waren frustriert und verängstigt. Ein Industriemechaniker: »Ich hab¹ Familie, zwei Kinder und eine Frau, und ich
mache mir große Sorgen um meinen Arbeitsplatz.« Ein Kollege kritisierte, dass die Bänder im September nach den Ferien still gestanden hätten, weil kein Material vorhanden gewesen sei. »Wir haben das Gefühl, dass hier etwas kaputt gemacht werden soll«, ärgerte sich De Felice.

Jan Torben Budde


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