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Rechtshilfetipps bei KLagen gegen Studiengebühren

15.11.2005, 21:26, Aktionsbündnis gegen Studiengebühren

Bildung | Studiengebühren

Viele Studierende haben in letzter Zeit Post vom Verwaltungsgericht oder von den Hochschulen wegen der Fortführung der Studiengebührenklagen erhalten. In diesem Schreiben wird auf die aktuelle Rechtsprechung des Oberverwaltungs- gerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen und den Studierenden nahe gelegt, zu überprüfen, ob das Klageverfahren fortgeführt werden soll oder nicht.


Im Folgenden dazu einige Hinweise und Empfehlungen:

I)
Richtig ist, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen am 01.12.2004 Urteile gefällt hat, wonach die
Einführung der Studiengebühren grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

Gegen dieses Urteil haben wir einen Antrag auf Zulassung der Revision
beim Bundesverwaltungsgericht gestellt. Dieser Antrag ist abgelehnt
worden und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, dass es sich hier um
Landesrecht handele. Deshalb haben wir insoweit Verfassungsbeschwerde
beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Das Verfahren beim
Bundesverfassungsgericht kann allerdings noch einige Zeit dauern.

Im Folgenden ist zu unterscheiden, zu welcher „Fallgruppe“ man mit
seinem Klageverfahren gehört:

1. „Normaler Langzeitstudierender“

Wer „nur“ Langzeitstudierender ist, also die Semesterzahl schlicht
überschritten hat und zu keiner der folgenden Sondergruppen gehört,
sollte ein Schreiben des folgenden Inhalts an das Verwaltungsgericht
schicken:

„Ich komme zurück auf Ihr Schreiben vom....

Vor dem Bundesverfassungsgericht ist in dieser Angelegenheit ein
Verfassungsbeschwerdeverfahren anhängig. Dies trägt das Aktenzeichen 1
BvR 1938/05. Ich rege an, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten.
Nennenswerte Nachteile entstehen dem Beklagten dadurch nicht, denn ich
habe meine Studiengebühren bereits gezahlt.

Mit einem Ruhen des Verfahrens bin ich einverstanden.“


Es bleibt abzuwarten, wie die Universität und das Verwaltungsgericht
darauf reagieren.

2. „Besondere Fallgruppen“

Es gibt eine ganze Reihe von Fallgestaltungen, bei denen es neben der
allgemeinen Problematik der Langzeitstudiengebühren noch besondere
Probleme gibt. Das sind die folgenden Gruppen, bei denen durchweg noch
Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig sind. Die
Rechtslage ist in diesen Verfahren alles andere als klar, es ist also
auch nicht davon auszugehen, dass die Studierenden hier in diesen
Verfahren unterliegen werden. Deshalb besteht in diesen Verfahren kein
Grund das Klageverfahren zurück zu nehmen.

Im Einzelnen geht es um folgende Gruppen:

a) Seniorenstudium

Bekanntlich werden auf Grund von § 2 Abs. 4 StKFG alle Studierenden, die
das 60. Lebensjahr vollendet haben, zu Studiengebühren herangezogen.
Unter dem Aktenzeichen 15 A 5046/04 ist insoweit ein Berufungsverfahren
beim Oberverwaltungsgericht anhängig. Es geht insbesondere um die Frage,
inwieweit hier eine Vereinbarkeit mit der EU-Richtlinie gegen die
Altersdiskriminierung gegeben ist und inwieweit der Gesetzgeber hier
pauschalieren durfte.

b) Zweitstudium

Hier ist ein Verfahren unter dem Aktenzeichen 15 A 1540/05 beim
Oberverwaltungsgericht anhängig. Es geht um Studenten, die sich im
Zweitstudium befinden. Vielfach haben diese ein Erststudium in kurzer
Zeit abgeschlossen und bekommen allein deshalb kein Studienkonto, weil
sie dieses Studium besonders schnell abgeschlossen haben und zwar bis
zum Wintersemester 2003/2004. Hätten sie sich ein Semester länger Zeit
gelassen, dann hätten sie ein Studienkonto bekommen und hätten ggf. im
Sommersemester 2004 gebührenfrei studieren können. In dem
Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht machen wir geltend,
dass es eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt
einerseits bei allen Studierenden zu berücksichtigen, ob sie in der
Vergangenheit zügig studiert haben und etwa bei Langzeitstudierenden aus
diesem Grunde diese Studierenden zu Studiengebühren heran zu ziehen,
während Studierende, die in der Vergangenheit zügig studiert haben,
dafür durch die Stichtagsregelung bestraft werden. Es geht also
insbesondere darum, ob Studierende, die nach zügigem Abschluss des
ersten Studiums ein Zweitstudium angefangen und allein deshalb zu
Studiengebühren herangezogen werden dürfen.

c) Gremientätigkeit

Vielfach haben Studierende sich in Gremien der studentischen und
universitären Selbstverwaltung engagiert und haben natürlich nicht
ahnen können, dass sich die dadurch ergebenden Studienverzögerungen sich
später nachteilig bei der Studiengebührenpflicht auswirken. Insoweit ist
unter dem Aktenzeichen 15 A 5045/04 ein Berufungsverfahren beim
Oberverwaltungsgericht anhängig. Auch hier ist nicht absehbar, wie das
Verfahren ausgehen wird, da das Bundesverfassungsgericht bereits
entschieden hatte, dass Studierende, die sich in der universitären
Selbstverwaltung engagieren, einen gesteigerten Vertrauensschutz geltend
machen können.

d) Härtefall

Sofern eine wirtschaftliche Notlage im zeitlichen Zusammenhang mit dem
Studienabschluss gegeben ist, kommt ein Erlass der Studiengebühren in
Frage. Es ist im Einzelnen umstritten, wie hier der Härtefall zu
berechnen ist. Studierende, bei denen ein solcher Härtefall abgelehnt
worden ist, weil sie angeblich über zu hohes Einkommen verfügen, können
durchaus hoffen. Unter dem Aktenzeichen 15 A 5228/04 ist ein
Berufungsverfahren beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
anhängig. In der ersten Instanz hatten wir in dieser Angelegenheit auch
einen Teilerfolg erzielen können. Das Verwaltungsgericht Minden hatten
das Rektorat der Universität Bielefeld verpflichtet, neu über den
Härtefallantrag zu entscheiden, weil es die Verfahrenspraxis der
Universität für ermessensfehlerhaft hielt. Die Universität hat sich aber
genau so verhalten, wie dies durch das Ministerium letztlich vorgegeben
war, und wie sich auch die Universität Münster verhält.

e) Ausländische Studierende

Wer außerhalb der europäischen Union einen Hochschulabschluss erworben
hat und zum Studium nach Nordrhein-Westfalen kommt, muss nach
Rechtsauffassung des Ministeriums und der Hochschulen Studiengebühren
bezahlen. Für ihn wird nämlich kein Studienkonto eingerichtet. Er
verfüge über einen berufsqualifizierenden Abschluss.
Berufsqualifizierend sei der Abschluss in seinem Heimatland und es komme
nicht darauf an, ob er auch in Deutschland berufsqualifizierend sei.
Insoweit ist ein Berufungsverfahren beim Oberverwaltungsgericht unter
dem Aktenzeichen 15 A 3379/05 anhängig. Zweifelhaft ist insoweit
insbesondere, ob diese Gesetzesauslegung zutreffend ist. Im
ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung war genau eine solche
Regelung vorgesehen worden. Diese ist dann in der später Gesetz
gewordenen Fassung nicht mehr so eindeutig enthalten. Vielmehr wird
jetzt darauf abgestellt, ob es sich um einen „berufsqualifizierenden
Abschluss“ handelt. Wir sind der Auffassung, dass dieser Begriff
einheitlich für alle gleich ausgelegt werden muss. Erfolgsaussichten
sind schon deshalb zu bejahen, weil das Oberverwaltungsgericht insoweit
Studierenden bereits Prozesskostenhilfe bewilligt hat.

f) Studierende aus anderen Bundesländern

Wer in einem anderen Bundesland einen ersten Abschluss im Sommersemester
2004 oder später erworben hat und nach Nordrhein-Westfalen kommt, um
hier in einem Aufbaustudiengang weiter zu studieren, wird zu
Studiengebühren herangezogen und zwar deshalb, weil er während seines
ersten berufsqualifizierenden Studiums nicht in Nordrhein-Westfalen
eingeschrieben war. Den Studenten wird also letztlich vorgehalten, sie
hätten nicht in Nordrhein-Westfalen studiert. Begründet wird dies damit,
dass die Regelungswirkung des Gesetzes auf eine Beschleunigung des
Studiums gerichtet sei und dieser Effekt natürlich nur dann eintreten
könne, wenn die Studierenden auch in Nordrhein-Westfalen studierten. Wer
nun in einem anderen Bundesland zügig studiert hat und dann einen
Masterabschluss in Nordrhein-Westfalen machen will, muss
Studiengebühren bezahlen, während jemand anderes, der in
Nordrhein-Westfalen ein erstes Studium absolviert hat und vielleicht
sogar länger studiert hat, als ein Student aus Sachsen, keine
Studiengebühren zahlen muss. Das halten wir für eine nicht
gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Insoweit ist ein Klageverfahren
unter dem Aktenzeichen 15 A 3380/05 anhängig.

3. Konsequenzen

Wer zu einer der oben beschriebenen Fallgruppen gehört sollte also auf
das Schreiben des Verwaltungsgerichts wie folgt antworten:


Ich meine, dass es in meinem Fall auf die Problematik ankommt, die
Gegenstand des Berufungsverfahrens .... (entsprechendes Aktenzeichen
einsetzen) vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ist. Ich
rege an, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten.

II) Kosten

In dem Schreiben des Verwaltungsgerichts wird darauf hingewiesen, dass
die Klage noch gebührenfrei zurück genommen werden kann. Das bedeutet
aber nicht, dass man innerhalb der vom Verwaltungsgericht gesetzten
Frist die Klage zurücknehmen muss. Es ist vielmehr ausreichend wenn,
für den Fall, dass das Gericht eine mündliche Verhandlung anberaumt, man
zehn Tage vor dem Verhandlungstermin die Klage zurück genommen hat. In
diesem Fall fallen keine Gerichtskosten an. Es besteht also keinerlei
Notwendigkeit, auf das Schreiben des Gerichtes hin jetzt sofort die
Klage zurück zu nehmen.

Außerdem kann man natürlich auch Prozesskostenhilfe beantragen. Nähere
Informationen findet ihr hier
http://www.justiz.nrw.de/BS/Gerichte/Verwaltungsgericht/pkh_text/pkh.html.

Mit freundlichen Grüßen

Achelpöhler
Rechtsanwalt


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