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letzte Änderung: 28/03/08 18:00

Antifa

Das Frankreich der Reaktion. Neofaschismus und modernisierter Konservatismus

06.04.2007, 16:14, Marxistischer Gesprächskreis Konstanz - Singen

Vortrag von Bernhard Schmid am Freitag, den 27. April '07 um 19 Uhr im Jugendstilsaal des HOTEL BARBAROSSA, Obermarkt 8-12, KONSTANZ



Frankreich steht 2007 vor einem Wahlmarathon: Präsidentschaftswahlen im Mai und Parlamentswahlen im Juni. Unsere Nachbarn waren schon immer für politische Überraschungen gut. 2005 kippte eine furiose Volksbewegung die FU-Verfassung, 2006 mußte die konservative Regierung ihre Gesetzespläne, den Kündigungsschutz abschaffen, nach wochenlangen Streiks und Demonstrationen in den Papierkorb schmeißen.

Die Wahlen werden nicht nur ein Showdown zwischen dem linken und dem rechten Lager sein. Besonders im rechten Lager könnten die Karten neu verteilt werden. Dort stehen sich gegenüber: der alternde Führer der Neofaschisten Jean-Marie Le Pen und der jung-dynamisch auftretende, konservative und wirtschaftsliberale Innenminister Nicolas Sarkozy.

Fünf Jahre nach der Stichwahl zwischen dem bürgerlichen Amtsinhaber Jacques Chirac und JeanMarie Le Pen gibt das konservative Lager vor, seine Lehren aus dem damaligen »Unfall für die Republik« gezogen zu haben. Allerdings nicht durch eine scharfe Abgrenzung nach rechts, sondern durch die Übernahme zahlreicher Parolen der Neofaschisten, insbesondere im Bereich der so genannten inneren Sicherheit. Dennoch sieht es nicht danach aus, als sei der Einfluß von Le Pen zurückgegangen. Im Gegenteil: wenige Monate vor der Wahl erreichte er neue Rekordwerte in den Umfragen.

Die Stärke der beiden Kandidaten überdeckt jedoch auch Krisen innerhalb ihrer jeweiligen politischen Blöcke. Die Frage der Nachfolge für den 78jährigen Jean-Marie Le Pen ist seit 2003 offen aufgeworfen. Hinter ihr steht auch das Problem nach der längerfristigen Strategie seiner Bewegung: Modernisierung, äußerliche Mäßigung und Ausrichtung auf eine mittel- oder längerfristige Option der Regierungsbeteiligung? Oder vorgebliche »Fundamentalopposition gegen das System« von rechts und Verweigerung von Zugeständnissen an den »Zeitgeist«?

Auf der bürgerlichen Rechten läßt der Anschein einer totalen Hegemonie Nicolas Sarkozys die offenen Risse seines Lagers in den Hintergrund treten. Seine Rolle als Beschleuniger des neoliberalen Umbaus von Staat und Gesellschaft, seine ausgeprägte pro-amerikanische Position und die Infragestellung des französischen Laizismus sind für die traditionellen Ideale des Gaullismus eine extreme Belastungsprobe.

Bernard Schmid (geb. 1971) ist hauptberuflich als Jurist im Arbeitsrecht tätig. Er lebt und arbeitet seit 1995 in Paris, ist Frankreich-Korrespondent der WOZ und schreibt regelmäßig auch für andere Print- und elektronische Medien. Er hat mehrere Bücher auf Deutsch und Französisch zur Innenpolitik Frankreichs und zur Geschichte Algeriens veröffentlicht.

(V.i.S.d.P. Peter Mahnherz)
Marxistischer Gesprächskreis
Konstanz-Singen