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cm, Konstanz 03. 08. 99

Wohnen ist ein Grundbedürfnis

In Konstanz herrscht Wohnungsnot! Vor allem Menschen mit wenig Geld finden keinen billigen und menschenwürdigen Wohnraum. Wer kein Geld hat, muß zum Teil in den letzten Löchern ..wohnen". In einer solchen Situation betreibt die Stadt kontinuierlich eine Wohnraumpolitik, die die Interessen der Geschäftswelt fördert und konträr zu den Interessen der Menschen steht, die auf billigen Wohnraum angewiesen sind. Ohne großen Widerstand in den Ausschüssen und dem Gemeinderat, aber auch außerparlamentarisch, betreibt Baubürgermeister Fischer Schritt für Schritt ein Konzept der "Stadterneuerung". Dabei spielt der Aspekt ..soziale Wohnnutzung" nur dort eine Rolle, wo Projekte mit jeweiligen Landes- und Bundesmitteln bezuschußt werden und nur dort, wo sie erwünscht sind.

Im Hintergrund steht zum einen ein Konkurrenzkampf der Gemeinden, konsumstarke Schichten in die Stadt zu ziehen (Stichworte: Kongreßstadt, High- Tech, kulturelles Oberzentrum, etc.). Zum anderen sollen auch zahlreiche Geschäfte entstehen, um die Konsumbedürfnisse dieser Schichten zu befriedigen. Durch die Einrichtung von Gewerbeflächen werden aber auch erst die Anreize für Spekulanten geschaffen, um Häuser zu sanieren. In deren Fahrwasser erfreut sich die Bauindustrie wiederum an profitträchtigen Aufträgen. Alles in allem vertreten Stadtverwaltung und bürgerliche Gemeinderatsfraktionen kapitalistische Interessen.

Diesen Interessen opfert die Stadt bewußt billigen Wohnraum. Indirekt durch die Genehmigung und finanzielle Förderung von Sanierungen. Direkt durch den Bau von Parkhäusern (Dammgasse, "Obere Augustinergasse" /Hertie und Fischmarkt), Kultureinrichtungen (Konzerthalle) und Verwaltungsgebäuden (Wasserschutzpolizei).

Allein in den Jahren 87/88 baute die städtische Wohnbaugesellschaft WOBAK 18 ..soziale" Eigenumswohnungen. Dies sind Baumaßnahmen, die an den Menschen mit geringem Einkommen vorbeilaufen.

Die logische und kalkulierte Konsequenz einer Politik, die auf Schichten mit dickem Geldbeutel schielt, ist die Vertreibung armer Menschen. Am besten sie hauen ganz aus der Stadt ab, dann fallen sie nicht der Sozialhilfe zur Last. Insofern kommt die Mietwucherspirale bei einer ..Stadterneuerung" einer solchen Wohnraumpolitik auch ganz gelegen. Das Niveau des permanenten Mietwuchers zwingt Menschen zu mehr Arbeit - oft unter schlechten Bedingungen. Daran hat das Kapital ebenfalls Interesse. Die Ware Wohnraum ist so Instrument der HERRschenden zur Disziplinierung und Kontrolle der Bevölkerung.

Wie klar die Richtung des Gemeinderates und der Stadt gegen die Interessen der MieterInnen gerichtet ist, zeigt die Tatsache, daß auf der Wohnraumdebatte im November 88 von allen Fraktionen abgelehnt wurde, Nachforschungen über nicht genehmigte Zweckentfremdungen von Wohnraum anzustellen. Selbst die kleinen Möglichkeiten, die die Kommune hätte, um im Interesse von MieterInnen zu handeln, werden in Konstanz nicht genutzt. Ermittlungen wegen Zweckentfremdungen, so die Meinung aller Fraktionen, sei "Denunziantentum".

Die ALL fordert dagegen eine Wohnraumpolitik, die sich an den Interessen von Menschen mit wenig Geld orientiert. Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschen - die Möglichkeit menschenwürdig zu wohnen, darf nicht an die Höhe des Einkommens gekoppelt sein. Deshalb fordert die ALL eine Politik, die billigen Wohnraum mit menschenwürdigen Mindesstandards erhält und neuen Wohnraum dieser Art schafft. Der "freie Markt" richtet dabei nichts - außer dem Profit der Kapitalisten. Insgesamt fordert die ALL:

  • Nicht Ver-, sondern Ankauf von Grund und Boden - Bau von öffentli- chen Sozialwohnungen, auch ohne Bundes- und Landesmittel.
  • Ausdehnung der Mitspracherechte der MieterInnen von städtischen Sozialwohnungen, als ersten Schritt zur Selbstverwaltung.
  • Keine Förderung von Luxussanierungen, sondern Förderung von einfachen Modernisierungen, die mit den MieterInnen abgesprochen wurden.
  • Schärfste Anwendung des Zweckentfremdungsverbotes. Zweckentfremdungen sind nur dann zu genehmigen, wenn der Mietpreis des Ersatzwohnraums, den des bisherigen nicht übersteigt.
  • Keine Genehmigung weiterer Gewerbeflächen in der Innenstadt. Dementsprechende Änderung des Bebauungsplanentwurfes "Altstadt".
  • Ausstieg aus Prestigeobjekten wie die Sanierung "Obere Augustinergasse". Das eingesparte Geld ist dem sozialen Mietwohnungsbau zuzuführen.
  • Keine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
  • Ausstieg der WOBAK aus dem Bau von "sozialen" Eigentumswohnungen.
  • Kauf der Cherisy-Kaserne durch die Stadt und Verpachtung an die Neue Arbeit GMBH.
  • Ausstieg aus dem Projekt Konzerthalle. Der Kauf der Häuser Badgasse 1-5 und Spanierstraße 12 muß dem Erhalt der Wohnungen und nicht deren Abriß dienen.
  • Leerstehende Häuser und Wohnungen müssen beschlagnahmt, bewohnbar gemacht und Wohnungssuchenden zur Verfügung gestellt werden.
  • Einrichtung eines städtischen Wohnamtes mit folgenden Aufgaben:
    a.) Verfolgung von Zweckentfremdungen b.) kontinuierliche Erstellung von Statistiken über Wohnungsbestand und -qualität c.) Vermittlung von Wohnungen.
  • Keine Staffelmiete; keine befristeten Mietverträge
  • Erstellung von Erhaltungssatzungen
  • Drastische Erhöhung der Zweitwohnungssteuer
  • Keine Polizeigebäude in der Klosterkaserne, sondern Änderung der Bauabsichten zugunsten von billigem Wohnraum.
  • Leerstehende bzw. leerwerdende Verwaltungsgebäude wie z.B. in der Konzilstraße (ehemaliges Standesamt und Rechts- und Ordnungsamt) müssen umgehend dem sozialen Mietwohnungsbau zugeführt werden.