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Presseerklärung: Türkisches Konsulat verbietet PDS-Demo
13. 3.99, Andreas Schack

Presseerklärung

Türkisches Konsulat verbietet PDS-Demo

Am 12. 3. 1999 um 17.45 Uhr wurde - auf Betreiben des türkischen Konsulats hin - eine für den 13. 3. 1999 um 11.00 Uhr von der PDS Konstanz angemeldete und bereits genehmigte Demonstration vom Stadtrechtsdirektor Herrmann des Konstanzer Rechts- und Ordnungsamts verboten. Mit dieser Demonstration sollte gegen die völkerrechtswidrige Verschleppung des Vorsitzenden der "Arbeiterpartei Kurdistans - PKK" und gegen die Kriminalisierung der hier lebenden Kurdinnen und Kurden protestiert werden. Erwartet wurden etwa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, insbesondere wußten wir von einer großen Zahl Deutscher, die an der Demonstration teilnehmen wollten.
Da das Verbot so spät und für uns völlig unerwartet erging, war es nicht mehr möglich, rechtzeitig gegen das Verbot auf dem Rechtswege vorzugehen.

Das Verbot stützt sich auf folgende zwei Behauptungen:
l. In der - angeblich türkischen - bundesweit erscheinenden Tageszeitung "Özgür Politika" erschien eine vom Mesopotamischen Kulturverein Singen geschaltete Anzeige, die zu dieser Demonstration aufrief (siehe Anlage). Diese Anzeige ließ "keine Friedfertigkeit der Versammlung am 13.03.1999" erkennen und läßt angeblich den Schluß zu, "daß diese Demonstration keine eigenständige Veranstaltung der PDS Konstanz, sondern durch die PKK gesteuerte Demonstration ist, um für die Ziele der PKK zu werben." Dies wird daraus geschlossen, "daß eine große Anzahl von Mitgliedern des Mesopotamischen Vereins Singen PKK-Mitglieder oder PKK-Sympatisanten" seien und daß zu einer "Sympathiekundgebung für den PKK-Führer Öcalan" aufgerufen werde. (Alle Zitate aus dem Verbotstext.)
Dazu ist festzustellen, daß diese Anzeige ohne unser Wissen geschaltet worden ist, aufgrund der geographischen Lage von Konstanz mit Sicherheit nicht in der Lage war eine größere Zahl an Teilnehmer/innen zu mobilisieren und nicht den Schluß zuläßt, daß es sich um keine eigenständige Veranstaltung der PDS Konstanz handeln würde. Des weiteren ist festzustellen, daß Herr Öcalan nicht der Präsident der PKK, sondern deren Vorsitzender ist, aber höchstwahrscheinlich Präsident von Kurdistan würde, wenn sich dieser Staat gründen dürfte. Dies führt dazu, daß die übergroße Mehrheit der Kurden von "unseren Präsidenten APO" spricht, auch wenn sie keine Mitglieder oder Sympathisanten der PKK sind.

2. "Unter Berücksichtigung der in den letzten Wochen zahlreich stattgefundenen Gewaltaktionen der PKK im In- und Ausland ist zu erwarten, daß es bei der geplanten Demonstration zur Eskalation der Gewalt kommen wird. Es wäre mit Sicherheit damit zu rechnen, daß Teilnehmer der Demonstration sich mit Steinen, Stöcken oder Waffen bewaffnen und diese auch einsetzen würden." (Zitat Verbotstext.)
Dies läßt sich offensichtlich aus besagter Anzeige schließen, denn diese ist die einzige neue Erkenntnis der Stadt Konstanz nach Genehmigung der Demonstration am 12. 3. 1999 um 11.45 Uhr.
Außerdem ist die Behauptung, daß in den letzten Wochen zahlreich Gewaltaktionen der PKK stattgefunden hätten (mit Ausnahme des Gebiets der Türkei) faktisch falsch: In den letzten Wochen fanden zahlreiche Kurd/innen- Großdemonstrationen statt, ohne daß auch nur eine Gewalttat verübt worden wäre (z.B. in Stuttgart, Karlsruhe, Ulm). Ich selbst war auf der Demonstration in Stuttgart am 27. 2. 1999 und kann berichten, daß ich es noch nie erlebt habe, daß bei einer Demonstration dieser Größenordnung derart diszipliniert und beinahe übertrieben friedfertig protestiert wurde. Dies spiegelt sich auch in der Aussage eines der in Konstanz eingesetzten Polizisten wider, der sich beschwerte, daß er die letzten sechs Samstage auf Kurd/innendemonstrationen umsonst im Einsatz war und dort nicht einen einzigen gewalttätigen Demonstranten gesehen hat.

Bemerkenswert ist jedoch nicht nur, daß dieses Verbot offensichtlich unbegründet ist, sondern vor allem, daß es auf Betreiben des türkischen Konsulats hin verhängt wurde, d.h. auf Betreiben der Seite, die den Vernichtungskrieg gegen die Kurd/innen in der Türkei und den angrenzenden Ländern führt.
Zum Beweis enthält dieses Schreiben in der Anlage das Dokument, auf das sich das Demonstrationsverbot stützt: die ausgeschnittene Anzeige, darunter die Übersetzung auf deutsch und darunter: "Überreicht vom Türkischen Generalkonsulat in Karlsruhe im Auftrag von Herrn Generalkonsul Gürsu Okurer".
Da davon anzunehmen ist, daß das türkische Generalkonsulat nicht einfach ein Fax an eine lokale Behörde schickt, da der Erfolg solch einer Maßnahme höchst ungewiß wäre, gehe ich davon aus, daß sich das Innenministerium in Stuttgart zum Sachwalter türkischer Interessen machen ließ und zur Durchsetzung dieser Interessen auch bereit ist, sich über demokratische Grundrechte hinwegzusetzen.

Ich halte dies für einen skandalösen Vorgang, der publik gemacht werden muß und bitte Sie deshalb, hierüber zu berichten.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,


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