LinksRhein
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Kurdistaninitiative
auf der DGB-Kundgebung
am 1. Mai 1999

Frieden für Kurdistan - Demokratie in der Türkei!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

während wir heute hier wie in zahlreichen anderen Städten der Bundesrepublik für die Rechte und Interessen der arbeitenden Menschen demonstrieren, werden diese Rechte in Kurdistan mit Füßen getreten.

  • Seit 1984 führt das Militärregime einen offenen Krieg in Kurdistan. Mehr als 30.000 Tote sind in diesem Krieg bis jetzt zu beklagen. Fast 4.000 kurdische Dörfer hat das türkische Militär zerstört, mehr als 3 Millionen Menschen wurden vertrieben. Massenverhaftungen, Folter, Mord sind Alltag im schmutzigen Krieg der Türkei gegen die Kurden.
    Seit der völkerrechtswidrigen Verschleppung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan hat das Regime die Schraube der Unterdrückung noch härter angezogen. Allein während des kurdisches Neujahrs-Festes wurden 4000 Menschen verhaftet, Menschenrechtsorganisationen berichten von zahlreichen Gefolterten und Getöteten. Unter den Opfern befinden sich nicht selten auch türkische und kurdische Gewerkschafter, die sich für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen.
    Die kürzlich stattgefundenen Wahlen haben die Lage noch verschärft und lassen für die Kurdinnen und Kurden nichts Gutes erhoffen. Das Regime in Ankara hat die Verschleppung Abdullah Öcalans dafür genutzt, um im ganzen Land Pogromstimmung zu schüren. Ergebnis ist das Erstarken der faschistischen MHP ("Graue Wölfe"), die nun mit der Ecevit-Partei in die Regierung kommen wird.
    Nachdem es der Staatsanwaltschaft im Februar nicht gelungen war, die kurdische Partei HADEP noch vor den Wahlen zu verbieten, wurde sie mit allen Mitteln am Wahlkampf gehindert. "Wenn wir auch nur eine HADEP-Stimme aus Eurem Dorf finden,. brennen wir es komplett nieder", so zitieren BeobachterInnen einer Delegation die Drohungen türkischer Militärs. Daß die Partei trotz dieser Unterdrückungsversuche in den kurdischen Gebieten zum Teil sehr gute Wahlergebnisse erzielte, zeigt, daß die kurdische Bevölkerung den Terror der Türkei satt hat.
  • Seit mehr als einem Monat führt die NATO einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien.
    Die deutsche Regierung beteiligt sich zum ersten Mal seit Ende des zweiten Weltkriegs an einem Angriffskrieg und verstößt damit gegen das Grundgesetz. Sie begründet diese Verstöße mit dem Schutz der Menschenrechte der Kosovo-Albaner.
    Gerade am Schicksal der Kurden und der Haltung der europäischen Staaten und der USA wird die Doppelzüngigkeit und Heuchelei dieser Begründung deutlich. Seit 15 Jahren sind die Kurdinnen und Kurden dem Terror der türkischen Militärs ausgesetzt. Für sie gelten die Menschenrechte nicht, von denen in den letzten Wochen so viel gesprochen wird.
    Wir fragen die Regierenden in unserem Land, wo bleiben die Bilder von der Vertreibung und der Gewalt in Kurdistan? Wo bleibt der Schutz dieser Verfolgten und Vertriebenen? Der Grundsatz "Menschenrechte sind unteilbar" wirkt aus ihrem Mund wie Hohn, wenn sie als Begründung zur Bombardierung gegen Jugoslawien instrumentalisiert werden. Beim NATO-Partner Türkei drückt man nicht nur beide Augen zu, sondern wirkt direkt und indirekt an der Unterdrückung und dem Krieg gegen die Kurden mit.
  • Denn der türkische Staat kann seinen schmutzigen Krieg nur führen, weil er als Nato-Staat von den Bündnispartnern gestützt und aufgerüstet wurde und wird. Namentlich die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland haben in den letzten Jahrzehnten Waffen und Rüstungsgüter im Wert von mehr als 3 Milliarden Mark an das Regime in Ankara geliefert.
    Zur Hand geht der deutsche Staat der Türkei auch, indem er immer wieder Flüchtlinge aus Kurdistan in die Türkei abschiebt, Menschen, die anschließend häufig genug in Gefängnissen gefoltert werden oder "verschwinden". Der Ad-hoc Bericht des Auswärtigen Amtes vom Februar 99 stellt deutlich fest: Es besteht ein erhöhtes Risiko und eine besondere Gefährdung für abgeschobene Kurdinnen und Kurden. Trotzdem wurden seit der Verschleppung Öcalans und der Proteste dagegen mehr als 100 Kurdinnen und Kurden verhaftet und zahllose Kurdinnen und Kurden abgeschoben. Auch dies ein ein klarer Verstoß gegen Völkerrecht und internationale Menschenrechtsabkommen.
  • Die Türkei bezeichnet die PKK, die in Kurdistan einen Befreiungskampf führt, als terroristisch.
    Die Bundesrepublik hat als einziger europäischer Staat diese Sprachregelung übernommen und die PKK verboten. Tatsache ist jedoch, daß die PKK bis heute die wichtigste Organisation ist, die das Los der Kurden namhaft gemacht hat. Ihre Aktionen haben die Türkei erst dazu gezwungen, überhaupt über ein "Kurdenproblem" zu reden. Die PKK ist, das zeigen gerade die Reaktionen der Kurden auf die Entführung ihres Vorsitzenden Öcalan, zum Hoffnungsträger des kurdischen Volkes geworden.
    Der PKK-Vorsitzende war November 1998 nach Rom gereist, um die europäischen Staaten für die Einberufung einer internationalen Kurdistan-Friedenskonferenz zu gewinnen. Diese, darunter auch die rot-grüne Regierung in Bonn, haben Öcalan in einer gemeinsamen Aktion buchstäblich ins Nirgendwo abschieben lassen, mit dem bekannten Ergebnis.
  • Die deutsche Öffentlichkeit muß sich endlich mit dem Elend der Kurdinnen und Kurden, mit den Verbrechen des türkischen Staates und auch mit der Verantwortung der Bundesrepublik öffentlich auseinandersetzt. Denn die angespannte Situation beinhaltet immer noch eine Chance: Der Kurdenführer Abdullah Öcalan muß als Schlüsselperson für die anzustrebende politische Lösung des Krieges angesehen und behandelt werden. Seine Sicherheit und Unversehrtheit und schließlich seine Freiheit, sind eine Prüfung für die Türkei, die hier beweisen muß, ob sie als EU-Anwärterin die demokratisch-rechtsstaatlichen Werte Europas anerkennt und berücksichtigt.

Die kurdische Frage wird nicht militärisch gelöst werden, sie wird nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden.

JETZT brauchen wir ein Signal der Hoffnung, damit der Frieden endlich eine Chance bekommt.

Deshalb fordern wir die Bundesregierung in ihrer Verantwortung für die europäische Präsidentschaft auf:

  • Die Idee einer "Internationalen Konferenz zur Lösung der Kurdenfrage" konkret zu unterstützen und sich unverzüglich bei der türkischen Regierung für einen sofortigen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung einzusetzen,
  • als konkretes Zeichen jegliche Waffenexporte und Lizenzfertigungen für das türkische Militär zu
  • stoppen und keine Kurden und Kurdinnen in Folter und Verfolgung in die Türkei abzuschieben,
  • das Betätigungsverbot für die PKK in Deutschland aufzuheben,
  • sich in Europa und Amerika für die Anerkennung der PKK als Verhandlungspartnerin einzusetzen,
  • bei der türkischen Regierung Sicherheit für das Leben des PKK Vorsitzenden, Abdullah Öcalan
  • einzufordern und ihn als eine Schlüsselfigur für eine politische Lösung des Konfliktes und für Friedensgespräche freizulassen,
  • bei der türkischen Regierung die Zulassung ständiger Beobachterdelegationen aus Parlamentariern und Personen des öffentlichen Lebens während des Prozesses gegen Abdullah Öcalan anzumahnen.

Herausgegeben von der Konstanzer Initiative SOLIDARITÄT MIT DEM KURDISCHEN BEFREIUNGSKAMPF

v.i.S.d.P.: A. Schack, Vor der Halde 4, KN

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