Quelle: Neues Nebelhorn 02/94 | |
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Die Konstanzer Auslegung des sogenannten Asylbewerberieistungsgesetzes geht weiter, als die große Bonner Anti-Asyl Koalition es beabsichtigte: Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht vor, daß nur die Flüchtlinge von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden, die sich im ersten Jahr in Deutschland aufhalten. Doch das Konstanzer Landratsamt beschloß, über diese Verschärfüng hinauszugehen. Alle Asylbewerberinnen und gleich auch noch die Bürgerkriegsflüchtlinge, die einen gänzlich anderen Status haben, werden mit Kürzungen, Freßpaketen und Taschengeld abgespeist.
Es verwirklicht damit eine Forderung, die die Republikaner im Juli 1993 im Baden-Würtembergischen Landtag stellten und verstößt mit dieser Praxis, gegen die "ohnehin schikanösen und diskriminierenden Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes" (AK Asyl).
Jetzt hat sich eine kurdische Flüchtlingsfamilie entschlossen, ihren Anspruch- auf Sozialhilfe einzuklagen. Das Freiburger Verwaltungsgericht soll per einstweiliger Anordnung das Landratsamt zur Auszahlung der ungekürzten Regelsätze zwingen. Das könnte der Beginn einer ganzen Reihe von Klagen gegen das Konstanzer Landratsamt werden.
In einer Presseerklärung weist der Konstanzer Arbeitskreis Asyl darauf hin, daß in Konstanz auch die Bürgerkriegsflüchtlinge von der Sozialhilfe ausgeschlossen wurden, obwohl dieses nach dem Gesetz nicht zulässig ist. Im Gesetz heißt es: "Ebenso nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes aufgenommen sind ... Bürgerkriegsflüchtlinge. Bürgerkriegsflüchtlinge haben mithin nach wie vor grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz" (Bundestagsdrucksache 12/4451).
Auch die Einbehaltung des Taschengeldes als Strafmaßnahme ist nicht legal (siehe Neues Nebelhorn 12/93). Doch die Flüchtlinge können sich nicht wehren, weil sie in der Regel nicht einmal die Anwaltskosten, geschweige denn die Gerichtskosten bezahlen können. Auch die Klage der kurdischen Flüchtlingsfamilie wäre ohne die Finanzierung durch den AK Asyl nicht möglich. Der AK Asyl glaubt denn auch nicht, daß die Rechtsverstöße aufunkenntnis zurückzuführen sind: "Wir können die Praxis des Landratsamtes Konstanz nur so verstehen, daß Landrat Maus und der für die Umsetzung des Gesetzes veranwortlichen Verwaltungsspitze des Landratsamtes die im Gesetz vereinbarten diskrimierenden Regelungen nicht weit genug gehen."
Um den Flüchtlingen bei der Durchsetzung ihrer Rechte auch weiterhin helfen zu können, hofft der AK Asyl auf verstärkte Mitarbeit und Unterstützung durch Konstanzer Bürgerinnen.
ftts
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