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Konstanz, 21. Mai 1988: BeschlagnahmungAm 3. Dezember 1987 faßte der Konstanzer Gemeinderat auf Initiative des Antifa-Komitees und eines Antrages der Freien Grünen Liste einen Beschluß, in dem die NPD als Nachfolgeorganisation der NSDAP betrachtet wird. In dem Beschluß wird die Stadtverwaltung auch aufgefordert "mit allen rechtlichen Mitteln" die Propaganda der NPD und anderer faschistischer Organisationen zu verhindern. In der Folgezeit und im speziellen im OB-Wahlkampf wurde deutlich, daß sich die Verwaltung in keiner Weise an diesen Beschluß hält. Im Gegenteil: Während das Rechts- und Ordnungsamt der Stadt Informationsstände des Antifa-Komitees mit der Begründung, "alle traditionellen Standplätze" seien belegt, nicht genehmigt, erteilt sie der NPD die Genehmigung für den Einsatz eines mobilen Lautsprecherwagens. Durch diese ganz und gar nicht "traditionelle" Wahlkampftaktik gelingt es der NPD zum ersten Mal in Konstanz ihre faschistische Hetze zu verbreiten. Alle Wahlkampfstände der Faschisten wurden so blockiert, daß sie es vorzogen, sie vorzeitig abzubrechen, oder angegriffen und ganz verhindert. Bei einem erneuten Wahlkampfstand des NPD-Kandidaten für die OB-Wahl am 21.5.88 versuchten die Faschisten, Blumen und Kugelschreiber zu verteilen. Etwa 30 AntifaschistInnen, die sich bereits in der Innenstadt in einer Szene-Kneipe aufhielten, versuchten den Informationsstand zu blockieren. Sie entrollten ein Transparant und versuchten die Öffentlichkeit per Megaphon über die faschistische Politik der NPD zu informieren. Mehrere Zivil-Beamte der Polizei, die bereits schon vor Errichten des Standes am "Einsatzort" warteten, schritten unverzüglich gegen die DemonstrantInnen ein. Einsatzleiter Theo Tillmann ordnete an, Transparent und Megaphon zu beschlagnahmen. Vier Leute, darunter diejenigen, welche das Transparent hielten und ins Megaphon sprachen, wurden zur Feststellung der Personalien von Beamten zu einem zwischenzeitlich vorgefahrenen Mannschaftsbus gebracht. Beim Einsatz der Polizei hatte ein Beamter bereits einen Kugelschreiber der NPD an seinem Diensthemd stecken. Zu dem Vorfall berichtete die Lokalpresse: "Besser wäre es auch für jenen jungen Polizeibeamten gewesen, er hätte auf das Schreibzeug vom Stand der NPD verzichtet. Von einem Kugelschreiber dürften zwar schwerlich rechtsradikale Tendenzen ausgehen. Trotzdem ist ihm gestern intern der Kopf gewaschen worden." Das Tragen eines Kugelschreibers der Faschisten war für das Antifaschistische Komitee auch nicht ein Skandal. Es ist auch nur Ausdruck. Als "skandalös" bezeichnete das Komitee in einer Pressemitteilung den Einsatz der Polizei, weil er Stellung bezieht und Kontinuität hat. Die Feststellung der Personalien ist zwar noch keine Kriminalisierung - höchstens Schikane, Bespitzelung und Einschüchterung. Dennoch bleibt festzuhalten, daß bei späteren Aktionen genau diese Leute wegen angeblicher Sachbeschädigung, Körperverletzung oder Beamtenbeleidigung kriminalisiert wurden. |