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Konstanz, 3. Juni 1988: OB-KandidatInnenvorstellung im KonzilAlle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Konstanz werden im Rahmen des OB-wahlkampfes zu einer öffentlichen Vorstellung der Kandidaten und Kanditatinnen in das Konzil eingeladen. Zu der Wahl zugelassen und zur Vorstellung eingeladen ist auch Erhard Bohland, der als Mitglied der NPD bereits zur Landtagswahl kandidiert hat. NPD-Wahlkampf in KonstanzDer NPD wird damit ein weiteres Mal von Seiten der Stadt Gelegenheit gegeben, ihre faschistische Hetze vor einem großen Publikum zu verbreiten. Bereits während des Wahlkampfes haben die städtischen Dienststellen unter Leitung von OB Eickmeyer anstandslos Wahlkampfstände, Lautsprecherwagen sowie Plakate der Faschisten erlaubt. Nicht die Faschisten werden behindert, sondern die Polizei geht gegen jeden antifaschistischen Protest aktiv vor. "Faschos vertreiben - AusländerInnen bleiben"Das Antifaschistische Komiteee ruft anläßlich der KandidatInnenvorstellung im Konzil zu einer Demonstration für den Abend des 3. Juni auf. Unter der Parole "Faschos vertreiben - Ausländer/innen bleiben: Kei ne Foren den Faschisten" fordert das An tifaschistische Komitee "alle Antifa schist/innen im Gemeinderat, in der Ver waltung und bei der Polizei dazu auf, end lieh antifaschistisch zu handeln." Es for dert von den staatlichen Stellen, endlich bestehende Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse anzuwenden, d.h. weder Stände noch Lautsprecherwagen für Faschisten zu genehmigen. Eine weitere wichtige Forderung ist die, die Kriminalisierung der AntifaschistInnen sofort einzustellen. Etwa zweihundert Menschen protestieren am Abend vor Beginn der Vorstellung gegen die Kandidatur des Faschisten und gegen dessen Auftritt im Konzil. Der Demozug endet auf Weisung des Rechts- und Ordnungsamtes an dem dem Hafen zugewandten Teil des Konzils, um zu verhindern, daß die Abschlußkundgebung von den BesucherInnen der KandidatInnen-Vorstellung bemerkt wird. In der Kundgebungsrede wird dazu aufgefordert, zu der öffentlichen KandidatInnenvorstellung zu gehen, um dort den Faschisten an seinem Redebeitrag zu hindern. Das Antifaschistische Komitee fordert die Kandidatin der Freien Grünen Liste, Bärbel Köhler, und den Kandidaten der Alternativen Liste, Jürgen Geiger, dazu auf, nicht an der KandidatInnenvorstellung teilzunehmen, um dieser das politische Gewicht zu nehmen. Nur Jürgen Geiger ist jedoch bereit, auf seine Rede zu verzichten. Brutaler Pollzelelnsatz im KonzilDie Stadt Konstanz hat zwei Hundertschaften Polizei aufgeboten, um der NPD ein Forum auf der öffentlichen KandidatInnenvorstellung im Konzil zu verschaffen. Die Versammlung selber wird mit einem brutalen Polizeieinsatz eröffnet. Rund hundert AntifaschistInnen, die mit Nazi-Raus-Rufen gegen den Kandidaten Bohland protestieren, werden von der Polizei auf Weisung von Sozialbürgermeister Hansen aus dem Saal gejagt. Die Polizisten treiben sie, mit Hartholzknüppeln bewaffnet, über Stuhlreihen, die zusammenstürzen; die Polizei setzt Reizgas ein. Einzelne DemonstrantInnen werden niedergetrampelt. Vor dem Konzil geht die Polizistenhatz auf AntifaschistInnen weiter: Knüppel und Reizgas kommen erneut zum Einsatz, drei Demonstranten werden willkürlich herausgegriffen, festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt. Einer ganzen Reihe von BürgerInnen wird der Zutritt zu dieser öffentlichen Veranstaltung verwehrt. Dem OB-Kandidaten der Alternativen Liste gelingt es erst nach massivem Einspruch und dem Hinweis auf eine mögliche Wahlanfechtung, in den Saal zu gelangen. Faschistenrede geht in gellendem Pfeifkonzert unterDer Protest im Konzilsaal geht jedoch trotz des massiven Polizeieinsatzes weiter, als der Kandidat Bohland auf das Podium tritt. Sein Beitrag geht in einem gellendem Pfeifkonzert und lautstarken Nazi-Raus-Rufen unter. Hansen fordert die Polizei zu einem erneuten Polizeieinsatz auf. Einsatzleiter Scholz lehnt es jedoch ab, ein weiteres Mal DemonstrantInnen aus dem Saal zu prügeln, um die Proteste zu unterbinden. Dies ist seiner Ansicht nur dann möglich, wenn er den gesamten Konzil-Saal räumen läßt. Dazu ist er nicht bereit. Eickmeyer verliert in seiner Wahlkampfrede kein Wort über den brutalen Polizeieinsatz. Auch Bärbel Köhler läßt sich nur wenig irritieren, sondern hält ihre Wahlkampfrede wie geplant. Die Frage bleibt, ob es den Verantwortlichen der Stadt bei einem eindeutigerem Verhalten der FGL-Kandidatin, d.h. Nicht-Beteiligung an der KandidatInnenvorstellung möglich gewesen wäre, einen solchen Polizeieinsatz auch politisch zu verkaufen. Verfahren gegen AntifaschistenDie drei im Zusammenhang mit dem brutalen Polizeieinsatz festgenommenen Antifaschisten werden von Staats wegen weiter verfolgt. Einer von ihnen erhält eine Strafbefehl wegen angeblicher Sachbeschädigung an einem Polizeifahrzeug. Sein Verfahren wird gegen "Wiedergutmachung" des Schadens in Höhe von 593,- DM und Zahlung einer Geldbuße von 200,- DM eingestellt. Der angeklagte Antifaschist hat immer bestritten, die Sachbeschädigung verübt zu haben. Er und sein Anwalt sehen jedoch keine Möglichkeit gegen die Anschuldigung dreier Polizeibeamter, die ihre Aussagen aufeinander abgestimmt haben, einen Prozeß mit Aussicht auf Erfolg zu führen. Die beiden anderen Antifaschisten werden wegen angeblichen "Widerstands gegen die Staatsgewalt" zu Arbeitsdienst beziehungswelse einer Geldstrafe in Höhe von 200 DM verurteilt. |