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Verbotsverfügung
der Kurdistandemonstration
am 13.3.1999

Stadt Konstanz
Rechts- und Ordnungsamt
Untere Laube 24
78459 Konstanz
Zuständig: Herr Holzer
Az.: 3221-1/hz
Tel.: 07531-900752

Per Empfangsbekenntnis
PDS Konstanz
z.H. Herrn Andreas Schack
Vor der Halde 4
78462 Konstanz

Konstanz, 13.03.1999

Anmeldung einer Demonstration mit anschließender Kundgebung am 13.03.1999 durch die PDS Konstanz

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Schack,

unter Bezugnahme auf die mündliche Anhörung in der Polizeidirektion am 12.03.1999 um 18.00 Uhr erlassen wir im Einvernehmen mit der Polizeidirektion Konstanz folgende

Verfügung:

  1. Unser Bescheid vom 12.03.1999, Az.:hz 310t10/3221-1, wird aufgehoben.
  2. Die Durchführung der o.a. Demonstration mit Kundgebung wird v e r b o t e n .
  3. Die sofortige Vollziehung der in Ziffern I. und 2. genannten Entscheidungen wird angeordnet.

Gründe:

Mit Schreiben vom 09.03.1999 haben Sie Air den 13.03.1999 eine Demonstration mit anschließender Kundgebung in der Konstanzer Innenstadt angezeigt. Als Gegenstand der Versammlung unter freiem Himmel haben Sie angegeben, gegen "die Verschleppung des Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans-PKK durch den türkischen Geheimdienst in die Türkei und die Kriminalisierung der hier lebenden Kurden und Kurdinnen durch Regierung, Behörden und Medien"zu protestieren. Am 12.03.1999 haben wir Ihnen die Durchführung der Versammlung von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig gemacht. Dieser Bescheid wurde Ihnen am 12.03.1999 um 11.30 Uhr persönlich ausgehändigt. Am 12.03.1999 ist in der bundesweit erscheinenden türkischen Tageszeitung "Özgür Politika" folgende Anzeige erschienen:

Aufruf zum Protestmarsch Alle Patrioten, Revolutionäre und Demokraten sind zum Treuemarsch für unseren Präsidenten APO eingeladen. Datum: 13.03.1999, Samstag Zeit: 10.30 Uhr Ort: Landratsamt Konstanz/Bodensee Mezopotanischer Kulturverein Singen

Am 12.03.1999 um 15.00 Uhr erhielten die Polizeidirektion Konstanz und unsere Dienststelle davon Kenntnis.

Nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz (VersG) kann die zuständige Behörde u.a. eine Versammlung verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Eine Verbotsverfügung darf erlassen werden, wenn bei verständiger Würdigung der erkennbaren Umstände die Durchführung der Versammlung mit Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung verursacht, wobei von einer unmittelbaren Gefährdung dann auszugehen ist, wenn der drohende Schadenseintritt so nahe ist, daß er jederzeit eintreten kann. Dabei umfaßt der Begriff der "öffentlichen Sicherheit" den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen.

Die angemeldete Versammlung ist nach § 15 Abs. 1 VersG zu verbieten, denn bei Durchführung dieser Versammlung wäre nach den gegenwärtig erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet.

Die in der türkischen Zeitung "Özgür Politika" erschienene Anzeige läßt keine Friedfertigkeit der Versammlung am 13.03.1999 erkennen. Aufgrund polizeilicher Ermittlungen ist erwiesen,daß eine große Anzahl von Mitgliedern des Mezopotanischen Vereins Singen PKK- Aktivisten oder PKK-Sympathisanten sind. Mehrere Mitglieder dieses Vereins sind wegen illegaler PKK-Aktivitäten bereits strafrechtlich verurteilt worden. Der in der "Özgür Politika" erschienene "Aufruf zum Protestmarsch" läßt zweifelsfrei erkennen, daß diese Demonstration eine Sympathiekundgebung für den PKK-Führer Öcalan werden soll. Mit dem im Aufruf genannten,Präsidenten APO" ist Öcalan gemeint. APO ist der Kosename von Öcalan. Die PKK wurde in Deutschland am 26.11.1993 durch das Bundesinnenministerium verboten. Es ist offensichtlich, daß diese Demonstration eine Unterstützungsaktion dieser verbotenen Vereinigung sein soll. Es muß auch davon ausgegangen werden, daß diese Demonstration keine eigenständige Veranstaltung der PDS Konstanz, sondern durch die PKK gesteuerte Demonstration ist, um Air die Ziele der PKK zu werben.

Es ist damit zu rechnen, daß aufgrund der Anzeige in der "Özgür Politika" und den Aktivitäten des PKK-nahen Mezopotanischen Kulturvereins Singen eine große Anzahl von PKK-Aktivisten und PKK- Sympathisanten nach Konstanz reisen und an der Demonstration teilnehmen werden. Unter Berücksichtigung der in den letzten Wochen zahlreich stattgefundenen Gewaltaktionen der PKK im In- und Ausland ist zu erwarten, daß es bei der geplanten Demonstration zur Eskalation der Gewalt kommen wird. Es wäre mit Sicherheit damit zu rechnen, daß Teilnehmer der Demonstration sich mit Steinen, Stöcken oder Waffen bewaffnen und diese auch einsetzen würden. Die Ereignisse der letzten Wochen im In- und Ausland belegen dies nachdrücklich. Somit wäre bei Durchführung der Versammlung eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten, bei der insbesondere die zentralen Rechtsgüter wie Leben,Gesundheit und Eigentum bedroht wären.

Außerdem wäre davon auszugehen, daß verbotene Kennzeichen der PKK gezeigt und PKK- Parolen skandiert werden. Diese Verhaltensweisen stellen strafbare Handlungen im Sinne von g 20 Abs. 1 Nr. 4 des Vereinsgesetzes dar und gefährden somit die öffentliche Sicherheit, die als Schutzgut auch die Gesamtheit des geschriebenen Rechts beinhaltet. Sie können zur Verteidigung des Rechtsstaates nicht geduldet werden.

Bei der Durchführung der Demonstration wäre also damit zu rechnen, daß Straftaten begangen werden. Die Begehung solcher Straftaten kann nur durch ein Versammlungsverbot verhindert werden. Mildere Mittel, wie z.B. die Erteilung von Auflagen kommen nicht in Betracht. Insbesondere wäre die Annahme völlig unrealistisch, Sie könnten als Versammlungsleiter bei Unrechtshandlungen und Übergriffen auf die Demonstrationsteilnehmer einwirken. Sie könnten die Begehung von Straftaten oder gewalttätigen Aktionen durch PKK-Aktivisten und PKK-Sympathisanten nicht verhindern. Daher ist die Aufhebung unseres Bescheids vom 12.03.1999 und das Verbot der Versammlung im Rahmen einer Ermessensentscheidung sachgerecht. Nur so ist die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wegen der aus der Versammlung heraus resultierenden unmittelbaren Beeinträchtigung zu verhindern.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Aufhebung unseres Bescheids vom 12.03.1999 und dieser Verbotsverfügung liegt im besonderen öffentlichen Interesse gem. 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist erforderlich, weil ein Widerspruch gegen diese Verfügung aufschiebende Wirkung hätte, so daß im Falle der Einlegung eines Widerspruchs die Versammlung wie angemeldet durchgeführt werden könnte. Dies würde aber zu der vorstehend dargelegten Störung der öffentlichen Sicherheit führen. Dem mit der Aufhebung des Bescheids vom 12.03.1999 und dem mit dem Verbot verfolgten Ziel der Verhinderung strafbarer Handlungen ist Vorrang vor dem Interesse an der Durchführung der angemeldeten Versammlung einzuräumen. Es kann nicht bis zum Abschluß eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens zurückgestellt werden, weil sonst die dringende Gefahr irreparabler Schäden von Rechtsgütern entsteht.

Hinweis:

Falls Sie die verbotene Versammlung trotzdem durchführen wollen, müssen Sie mit der gesetzlich vorgeschriebenen Auflösung durch polizeiliche Zwangsmittel rechnen (vgl.. $ 15 Abs. 3 VersG). Die Nichtbeachtung des Verbots erfüllt außerdem den Straftatbestand des § 26 Nr.. 1 VersG.

Rechtsbehelfsbelehrune

Gegen diese Verfügung können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadt Konstanz, Rechts- und Ordnungsamt, oder beim Regierungspräsidium Freiburg, Kaiser-Joseph-Str.. 167, 79098 Freiburg, Widerspruch erheben.

Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels ist nur gewahrt, wenn der Widerspruch innerhalb dieser Frist bei der Stadt Konstanz oder beim Regierungspräsidium Freiburg eingeht.

Mit freundlichen Grüßen

i.V.

Hermann
(Stadtrechtsdirektor)


[linksrhein]  [Seeseiten]  cm, konstanz, 11.05.1999